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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918

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Strnad, Oskar: Einiges Theoretische zur Raumgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8537#0053

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ENTW: PROFESSOR O. STRNAL)—WIEN.

«STUCKRELIEF« AUSF: ROB. OBSIEGER.

EINIGES THEORETISCHE ZUR RAUMGESTALTUNG.

VON PROF. DR. OSKAR STRNAD. K. K. KUNSTGEWERBESCHULE IN WIEN.

Ich möchte hier von Dingen sprechen, die uns
umgeben, die immer auf uns wirken, deren
Wirkung wir immer spüren und doch nur selten
nachprüfen. Sie wissen alle aus Erfahrung, daß
ein leeres Zimmer im allgemeinen ungemütlich
wirkt und daß ein eingerichtetes Zimmer ver-
schiedenartige Wirkungen ausüben kann. Sie
werden sicher alle schon erfahren haben, daß
eine Wohnung durch eine andere Stellung der
Möbel eine vollständig andere Raumwirkung
erhält. Das gibt zu denken: es hat sich am
Räume selbst nichts geändert und doch erhalten
wir eine vollständig neue Wirkung des Raumes.

Ein unmöbliertes Zimmer sieht gewöhnlich
Weiner aus als das möblierte. Ein Zimmer sieht
ohne Vorhänge leerer aus, als mit Vorhängen.
Sje wissen aus Erfahrung, daß das Möbelstellen
eine Kunst ist, die nicht jeder gleichartig be-
herrscht. Man versucht gewöhnlich dieses und
jenes, stellt den Kasten dorthin, den Tisch hier-
hin, um eine angenehme Wirkung im Zimmer
zu erhalten. Jeder weiß, daß das Dinge sind,
die merkliche Einflüsse auf die Wirkung des
Raumes ausüben. Aber nur selten wird sich

jemand Rechenschaft geben können, welches
eigentlich die Gründe sind, daß sich der Raum
in seiner Wirkung verändert.

Es wird gut sein, vorerst zu versuchen, uns
klar zu werden, was eigentlich Raum ist. Der
Begriff ist eigentlich für uns nicht faßbar. Man
kann sich den Raum nicht wegdenken. Ob wir
die Augen offen oder geschlossen halten, ob
wir hören, sehen, riechen, tasten, der Raum ist
da, wir können ihn aber mit keinem unserer
Organe fassen. Es gibt für den Raum kein
Ende, keinen Anfang. Die Schwierigkeit der
Raumvorstellung an und für sich folgt daraus.
Raumvorstellung gibt es erst durch eine voll-
ständige Begrenzung des Raumes, durch ein
Abschließen. Das Gefühl für den Raum ist
die Vorstellung seiner Größe; das, was wir
fühlen, wenn es um uns weit wird, wie auf
einer Wiese und am Meer, oder wenn es uns eng
wird in einem kleinen Zimmer, ist die Fähig-
keit, den Raum in seinen Massen zu begreifen.
Es ist wohl unnötig zu sagen, daß unser Auge
das Organ ist, um abgegrenzten Raum zu be-
greifen, um Raumwahrnehmung zumachen.
 
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