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Eine Jagdgeschichte.

Eine Anzahl Jagdfreunde/welche während der Jagdzeit
wöchentlich einige Male bald auf dem Reviere des einen, bald
auf dem des andern deni edeln Nimrodshandwerk oblagen,
saßen auch einstmals nach beendigter Lust bei wohlbesetzter
Tafel beisammen und trieben Schnurrpfeifereien aller Art.
Endlich kam auch ein Theil der Gesellschaft auf den Einfall,
einem ihrer Freunde einen Schabernack zu spielen. Man
wußte nämlich, daß er nach jedem Jagen in seinem Ein--
spännerchen durch das Thor der Stadt einen Hasen paschte.
Es geschah dieß nicht aus Sparlust, denn die Steuer war
gering und der Manu vermögend, es war so seine Passion.
Er konnte derselben um so leichter Genüge thnn, als er
eine in der ganzen Stadt und durch seine Jägerei besonders
an allen Thoren wohlbekannte Persönlichkeit war, der man
sicher eher alles andere, als Schmugglergelüste zugetraut hätte.
Dieser Paschlust sollte er nun so hatten die Freunde be-
schlossen — zum Opfer fallen.

Als zum Rückzug geblasen war, setzten sich die Verschwo-
renen eiligst zu Pferde, um am frühesten in der Stadt anzu-
kommen. Dort meldeten sie dem Thorcontroleur den beab-
sichtigten Stenerverweigerungsversuch ihres Jagdgefährten und
machten ihn nachdrücklich auf seine Pflicht aufmerksam. Der
Mann des Gesetzes ließ sich denn auch in der Thal nichts
zu Schulden kommen. Trotz des grimmigen Nordwindes,
der feine stark geröthetr Nase noch zündender und seinen ge-
waltigen Schnurrbart zu ein paar Eiszapfen gefrieren machte,
faßte er vor seinem Wachtlokälc Posto, den ganz unver-
mutheten Fang bei Leibe nicht sich entgehen zu lassen. Gott
sei Dank, er brauchte nicht allzu lange auf seinem vermale-
deiten Wachtposten zu stehen, denn schon meldet Tyras, des
gestrengen Herrn tvohldressirter Jagdhund, die nahe Ankunft
der Jagdkalesche.

Wie gewöhnlich ivollte der ivackere Schütze mit einem

freundlichen „gute Nacht, Controleur", dem dann ein devotes
„ach! Sie sind es, Herr, wünsche wohl zu schlafen", ent-
gegnet wurde, ohne Aufenthalt das Thor passiven. „Was
Teufel ist denn das?" brummte er heute nicht ohne einigen
Zorn, als der Controleur auf sein Pferd znging und diesem
ein so entschiedenes Brr! znraunte, daß der Herr unwillkür-
lich den Zügel anzog. Mit einer Verbeugung, so weit sie
ihm das Bewußtsein seiner Pflicht in diesem Falle gestattete,
wo er sich ja einem Defraudationsschnldigen gegenüber wußte,
bat-er zu nicht geringer Verwunderung des Insassen, den
Wagen durchsuchen zu dürfen. Und ehe dieser noch ein Wort
der Erwiderung hatte aussprechen können, hatte er das corpns
delicti auch schon bei den Löffeln und warf es unter eine
in der Wachtstube befindliche Holzbauk. Darauf drehete er
sich wieder nach dem Wagen um und bat mit höflichen Worten
den Herrn, ohne weiteren Aufenthalt sortznfahren und sich
in nächster Zeit der Ladung vor Gericht zu gewärtigen.
Dieser, dem noch immer obstnpuere comae, vox faucibus
liaesit (die Haare strebten ihm himmelan, kein Ton ans
seinem Halse kam), gab fast gedankenlos dem Pferde einen
Schlag und fuhr von hinnen.

Während der Abfahrt und den wenigen vorhergegangenen
Worten des Thorschreibers hatte sich aber schon das Theater
verändert. Tyras hatte kaum die Wegnahme und das bei
Seite Werfen des zu paschenden Lampe, so Jute das Um-
drehen des Confiszirenden bemerkt, als er auch mit getvohnter
Schnelligkeit unter die Bank fuhr, Lampe beim Felle nahm
und — was haste, was kauuste —• mit ihm auf und davon ging.

Der Herr Controleur machte sich schleunigst daraus den
ausgezeichneten Fang zu Papier zu bringen und seinen ge-
strengen Herren pflichtschuldigst zu melden. Während" dem
pfiff unser Jagdfreund vergeblich in alle Winde nach seinem
Hunde, dessen Abwesenheit ihm ausgefallen war, und, voll
Aerger brach er in einige kräftige Jagdflüche aus, über den
verwünschten Tag. Solches Pech war ihm noch gar nicht
vorgekommen: der Hase confiscirt und der Hund ohne Appell.
Voll Ingrimm übergibt er dem Stallknecht Pferd und Wagen
und steigt in seine Wohnung hinauf.

Ha! welch schöne Ueberraschung. Vor ihm steht Tyras,
vor Freude über seinen gelungenen Gaunerstreich mit dem
Schwänze wedelnd und das Auge um Verzeihung bittend
wegen des begangenen Ungehorsames auf ihn gerichtet, den
gestohlenen Hasen noch immer fest zwischen den Zähnen haltend.
— Nun nimm dich in Acht, arme Thorseele, daß du nicht
das Opfer jenes Schabernacks wirst.

Am andern Morgen ganz bei Zeiten schickt der Jägers-
mann nach dem Thore, um für das gesetzliche Geld seinen
Hasen einzulösen. O weh, wie war da der Thorschreiber in
der Klemme. Lampe tvar ihin über Nacht davongelaufen.
Das kann eine schlimme Geschichte werden, wenn jetzt der Herr
Anzeige davon macht. Schnell, läuft er zu diesem hin und
bittet flehentlich um Gnade, seine schriftliche Meldung wäre
auch schon vernichtet. Und Gnade wurde gewährt. Der Con-
troleur dürfte seinen (Posten, behalten, der verunglückte. Pascher
aß seinenHasen unversteuert und Tyras erhielt die Knochen davon.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine Jagdgeschichte"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Torbogen
Hase <Motiv>
Kutsche <Motiv>
Übergabe
Jäger <Motiv>
Karikatur
Hund <Motiv>
Postillion <Kutscher, Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 589, S. 102
 
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