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„Jetzt kann ich Ihnen das wohl sagen," versetzte lächelnd
der Maler. „Es war die Bresche, die ich legen wollte, als
Vorbereitung auf den Hauptsturm. Ich wollte damit die
Macht des Alten, Hergebrachten im Kleinen erschüttern, um
ihr hernach im Großen zu Leibe zu gehen. Und so mir's
gelang, mit guter Art Ihnen Ihre alten Sitze gleichsam unter
dem Leibe wegzuziehen, so hoffte ich auch das eingewurzelte Vor-
urtheil überwinden zu können, was der treffliche Herr Justiz-
rath gegen meinen Stand gehabt hat. Und, Gottlob, es ist
mir Beides gelungen!"
Das Lied vom Asphalt.
Bestreuet die Häupter mit Asche,
Verhaltet die Nasen Euch bang,
Ich sing' bei trüb fließender Flasche
Einen bituminösen Gesang.
Heiß strahlet die Sonne der Wüste
Am tobten Meer auf das Feld,
Ein Derwisch hat dorthin zur Küste
Eine Jungfrau aus Ramla bestellt.
Nicht der leiseste Luftzug kräuselt
Den dunklen erstorbenen See,
Nur ein Naphtageruch kam gesäuselt;
Sie sprachen: „er thut uns nicht weh!"
I
Das Lied vom Asphalt.
Sie konnten sich nimmer erheben,
Sie jammerten: „Allah ist groß!
„Wir kleben — wir kleben — wir. kleben!
„Wir kleben — und kommen nicht loö!"
Umsonst hat ihr Klagen und Weinen
Die schweigende Wüste durchhallt;
Sie mußten langsam versteinen
Und wurden selbst zu Asphalt.
Zwei schwarzbraunc Klumpen lagen -
Wie Felsen am Ufer umher,
Sie setzten mit stillem Behagen
Sich d'rauf, und liebten sich sehr. ' t '
Doch weh! — auch ihr Sitz war von Naphta,
Und das läßt Keinen mehr weg,
Wer je sich d'rcin setzt, der haft't da
Und steckt für immer im Pech!
So geht's, wenn ein Derwisch will »linnen,
Und hat das Terrain nicht erkannt!
O Jüngling, flieh' eiligst von hinnen,
Wo Erdpech cntquillet dem Land!
„Aber daö müssen Sie uns doch noch gestehen," sagte j
der Physikus, als man spät in der Nacht sich zum Aufbruch 1
rüstete, „warum Sie so absichtlich unsere gewohnte Sitzordnung
gestört haben."
„Jetzt kann ich Ihnen das wohl sagen," versetzte lächelnd
der Maler. „Es war die Bresche, die ich legen wollte, als
Vorbereitung auf den Hauptsturm. Ich wollte damit die
Macht des Alten, Hergebrachten im Kleinen erschüttern, um
ihr hernach im Großen zu Leibe zu gehen. Und so mir's
gelang, mit guter Art Ihnen Ihre alten Sitze gleichsam unter
dem Leibe wegzuziehen, so hoffte ich auch das eingewurzelte Vor-
urtheil überwinden zu können, was der treffliche Herr Justiz-
rath gegen meinen Stand gehabt hat. Und, Gottlob, es ist
mir Beides gelungen!"
Das Lied vom Asphalt.
Bestreuet die Häupter mit Asche,
Verhaltet die Nasen Euch bang,
Ich sing' bei trüb fließender Flasche
Einen bituminösen Gesang.
Heiß strahlet die Sonne der Wüste
Am tobten Meer auf das Feld,
Ein Derwisch hat dorthin zur Küste
Eine Jungfrau aus Ramla bestellt.
Nicht der leiseste Luftzug kräuselt
Den dunklen erstorbenen See,
Nur ein Naphtageruch kam gesäuselt;
Sie sprachen: „er thut uns nicht weh!"
I
Das Lied vom Asphalt.
Sie konnten sich nimmer erheben,
Sie jammerten: „Allah ist groß!
„Wir kleben — wir kleben — wir. kleben!
„Wir kleben — und kommen nicht loö!"
Umsonst hat ihr Klagen und Weinen
Die schweigende Wüste durchhallt;
Sie mußten langsam versteinen
Und wurden selbst zu Asphalt.
Zwei schwarzbraunc Klumpen lagen -
Wie Felsen am Ufer umher,
Sie setzten mit stillem Behagen
Sich d'rauf, und liebten sich sehr. ' t '
Doch weh! — auch ihr Sitz war von Naphta,
Und das läßt Keinen mehr weg,
Wer je sich d'rcin setzt, der haft't da
Und steckt für immer im Pech!
So geht's, wenn ein Derwisch will »linnen,
Und hat das Terrain nicht erkannt!
O Jüngling, flieh' eiligst von hinnen,
Wo Erdpech cntquillet dem Land!
„Aber daö müssen Sie uns doch noch gestehen," sagte j
der Physikus, als man spät in der Nacht sich zum Aufbruch 1
rüstete, „warum Sie so absichtlich unsere gewohnte Sitzordnung
gestört haben."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Opfer" "Das Lied vom Asphalt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 30.1859, Nr. 706, S. 12
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg