Das war der Knödl-Wastl, recte Wastelbauer; woher der
Name? das ist bald erzählt; nach einem Hochzeitsschmause
fragte ihn ein nicht dabei Gewesener: „Also Wastl, wie is
l denn g'wesen?"
„Gearbeit' ham mcr wohl wie die Kernbeißer, aber es
hat nir rechts g'hciß'n; is gleich all's so rips raps 'gangen;
j ich Hab siebzehn Knödl dcrwischt."
Diese großartige Anschauung gastronomischer Leistungs-
fähigkeit imponirte selbst dem in dieser Beziehung durchaus
tapferen Gemeindcmagen dergestalt, daß die Verleihung des
Prädikats als der unwillkürliche Ausdruck der Bewunderung
so außergewöhnlichen Fassungsvermögens von selbst erfolgte.
Und wieder war ein freundlicher Hochzeitsschmaus. Knödl-
wastl saß dem Range nach als vicrtletzter an der Tafel. Un-
zählige Knödl hatte er bereits vertilgt, — beim achtzehnten
hatte er sich geirrt und das Zählen aufgegeben; Berge von
Geselchtem mit Sauerkraut, und eine ganze Krapfcnpyramide
der Erde gleich gemacht, — da kam noch eine Schüssel —
eine Ertraspeise — Vögel waren es von der Größe der Drossel
— von bezaubernd appetitlichem Dufte.
Acht Vögel waren noch aus der Schüssel, als sic zu ihm
gelangte; ohne Zaudern räumte er die Hälfte auf seinen Teller;
weinend, um eine süße Hoffnung ärmer, wendet sich der Letzte
ab — ein kurzes Zaudern — und noch zwei fallen auf ihre
Vorgänger aus seinen Teller nieder, — der Vorletzte, um eine
holde Erwartung betrogen, wechselt einen Blick traurigen Ein-
verständnisses mit seinem Schicksalsgenossen.
Und Wastls Nachbar — er sitzt in athcmloser Spannung
— ja er wagt's zu hoffen — aber noch schwankt die Ent-
scheidung, noch hält er die Schüssel in starker Faust — er
überlegt; da faßt der Menschheit ganzer Jammer den verza-
genden Aspiranten und er'flüstert:
„Wastl!"
„Ha?"
„Du, das sein Kronawetta."*)
„Mhm."
„Du, die sein gut."
„Sell weiß i schon."
„Du, die schmccket'n ein' andern a."
„Meinst?"
„Wirst Du dennoch wohl nit die a noch abraumen."
„I simulir grad was etwa ihr drei mit die zwei Ha-
scherln machct's, ihr kämt nur zu streit'n," und schubs ist auch's
letzte Paar bei den übrigen und Wastl gibt ruhig den leeren
Teller- dem Nachbar, der ihn in der Uebcrraschung auch nimmt
und eine Weile mit offenem Mund in der Hand behält.
In diesem erwacht aber das früher in ihm latent ge-
legene Bewußtsein der Jntcreffcnsolidarität, er hoffte die Vögel
für sich allein zu retten, und mit tiefster Entrüstung inter-
pcllirt er den schonungslosen Taselräuber: „Aber Sakara,
was soll'» denn wir ess'n?"
„Frcßt's was anders!"
*
') Krammetsvögcl.
Name? das ist bald erzählt; nach einem Hochzeitsschmause
fragte ihn ein nicht dabei Gewesener: „Also Wastl, wie is
l denn g'wesen?"
„Gearbeit' ham mcr wohl wie die Kernbeißer, aber es
hat nir rechts g'hciß'n; is gleich all's so rips raps 'gangen;
j ich Hab siebzehn Knödl dcrwischt."
Diese großartige Anschauung gastronomischer Leistungs-
fähigkeit imponirte selbst dem in dieser Beziehung durchaus
tapferen Gemeindcmagen dergestalt, daß die Verleihung des
Prädikats als der unwillkürliche Ausdruck der Bewunderung
so außergewöhnlichen Fassungsvermögens von selbst erfolgte.
Und wieder war ein freundlicher Hochzeitsschmaus. Knödl-
wastl saß dem Range nach als vicrtletzter an der Tafel. Un-
zählige Knödl hatte er bereits vertilgt, — beim achtzehnten
hatte er sich geirrt und das Zählen aufgegeben; Berge von
Geselchtem mit Sauerkraut, und eine ganze Krapfcnpyramide
der Erde gleich gemacht, — da kam noch eine Schüssel —
eine Ertraspeise — Vögel waren es von der Größe der Drossel
— von bezaubernd appetitlichem Dufte.
Acht Vögel waren noch aus der Schüssel, als sic zu ihm
gelangte; ohne Zaudern räumte er die Hälfte auf seinen Teller;
weinend, um eine süße Hoffnung ärmer, wendet sich der Letzte
ab — ein kurzes Zaudern — und noch zwei fallen auf ihre
Vorgänger aus seinen Teller nieder, — der Vorletzte, um eine
holde Erwartung betrogen, wechselt einen Blick traurigen Ein-
verständnisses mit seinem Schicksalsgenossen.
Und Wastls Nachbar — er sitzt in athcmloser Spannung
— ja er wagt's zu hoffen — aber noch schwankt die Ent-
scheidung, noch hält er die Schüssel in starker Faust — er
überlegt; da faßt der Menschheit ganzer Jammer den verza-
genden Aspiranten und er'flüstert:
„Wastl!"
„Ha?"
„Du, das sein Kronawetta."*)
„Mhm."
„Du, die sein gut."
„Sell weiß i schon."
„Du, die schmccket'n ein' andern a."
„Meinst?"
„Wirst Du dennoch wohl nit die a noch abraumen."
„I simulir grad was etwa ihr drei mit die zwei Ha-
scherln machct's, ihr kämt nur zu streit'n," und schubs ist auch's
letzte Paar bei den übrigen und Wastl gibt ruhig den leeren
Teller- dem Nachbar, der ihn in der Uebcrraschung auch nimmt
und eine Weile mit offenem Mund in der Hand behält.
In diesem erwacht aber das früher in ihm latent ge-
legene Bewußtsein der Jntcreffcnsolidarität, er hoffte die Vögel
für sich allein zu retten, und mit tiefster Entrüstung inter-
pcllirt er den schonungslosen Taselräuber: „Aber Sakara,
was soll'» denn wir ess'n?"
„Frcßt's was anders!"
*
') Krammetsvögcl.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bündige Auskunft"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 739, S. 71
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg