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Beim Rapport.

167

Gendarm: „Herr Landrath, ich habe untcrthänigst zu
melden, daß ich den verdächtigen Fremden mit dem großen
Demokratenbartc gestern bei Kranzlers getroffen habe."

Landrath: „Nun, was haben Sie über ihn erforscht?"

Gendarm: „Gar nichts, als daß er ein Seidel Bier

sich dort geben ließ und sich gar nicht lange aufhielt. Ich
setzte mich gleich neben ihn hin und sagte ihm, daß ich auf
ihn vigiliren sollte, wie mir der Herr Landrath befohlen hätte,
da war er Sie fort, wie aus der Pistole geschossen, ich habe
ihn nicht wieder zu sehen gekriegt."

Landrath: „Schafskopf!"

Gendarm: „Befehlen, mein Herr Landrath, ja, das war
ein richtiger Schasskopp von ein'm Menschen!"

Jede Gefälligkeit ist des Dankes werth.

Die Distel.

Distel dagclaffen! Ne, da kommen die Müssiggängcr alle Wo-
chen und zerlatschen die Fluren von Dräscn bis Perne, da
wollen sie Natur genießen! Nur zu cn Bauer sollten sie
kommen und cmal en halben Tag hinter der Egge herlofen,
da kriegtet Ihr cn halb' Jahr genug Natur und die Papier-
stiefcln eine neue Fa^on. Forsch pardu, vom Felde, oder der
Eggehakcn fliegt Euch zwischen die Beine!" Mit starken
Schritten näherte sich Andreas dem Herrn. Dieser war eben
mit seinem Geschäfte zu Ende, warf schleunigst die Botanisir-
kapsel über die Schulter und entfernte sich schnell. Da die
Entfernung zwischen beiden Personen zu groß war, begnügte
sich Andreas blos damit, den Eggehaken um seinen Kopf
kreisen zu lassen und dem Fremden eine Fluth von Schimpf-
reden wegen der geraubten Distel nachzuschickcn.

Drei Tage nach jenem Vorfälle brachte der Post-
bote dem Andreas einen Brief. Neugierig drehte er den-
selben nach allen Seiten. Denn von seinem Sohne, der
bei der „Linichc" in Dräscn steht, kam er nicht, das sah
er, und sonst stand ja Andreas mit keinem Menschen im
Briefwechsel. Er öffnete. Da fiel ein Dukaten aus dem
Papiere, auf welchem nichts weiter als die Worte stan-
den: Hier ist eine Pille für gehabten Aerger.

Er hob den Dukaten sorgsam auf, dachte über den Ab-
sender nach, konnte sich aber nichts auskalkulircn.

Am nächsten Tage, Sonntag, ging er in einen
naheliegenden Flecken und kehrte aus dem Rückwege in
der Buschschenke ein. „Nischt Neues?" fragte er den
Wirth. — „Der König*) war an der Mittwoch hier
und hat in die Umgegend eine Parthie gemacht." —
„So!" — „Brachte in seiner Blcchkapsel eine Distel
mit und zeigte sie meinen Kindern. So heiter habe ich
unfern Herrn lange nick) gesehen." (Der Wirth war früher
königlicher Diener.) — „Nee, da muß doch —" sprach
der erschrockene Andreas, stürzte seinen Nordhäuser hin-
unter und ohne zu bezahlen entfernte er sich schleunigst.

Zu Hause angekommen ries er in größter Aufregung:
„Mutter, nach Pillnitz will ich morgen! Nach Pillnitz muß
ich morgen! Nee, das soll Er nich denken, daß ich so e gro-
ber Kerl bin!"

Ob er das wirklich' gethan, weiß ich nicht. Aber oav
ist Thatsachc, daß er in die „Pille" ein kleines Loch ichlagcn
ließ und daß seine Mutter an hohen Festtagen mit dem Hen-
keldnkatcn noch heute paradirt.

*) Friedrich August II. von Sachsen.

Kindliche Frage.

Mann (mit seiner Frau im Gespräche) : „Ich sagte Dir
ja, liebes Weib, wir mußten es vorsichtiger angreifcn, denn
Vorsicht ist die Mutter aller Weisheit."

Kind (dazwischen sprechend): „Papa, wer ist denn aber
der Vater der 'Weisheit?"

Bauer: „Da bring' ich a Butell Wein, Herr Assessor,
die trinke mer Lcihkaf! Sic haw'n mer, Herr Assessor, gut
g'schmußt, wie i heut' bei Ihnen mein' Handel wegen der
Einfahrt mit mein' Nachbar abg'macht Hab'. Jetzt trinken's!
.Ist ganz guter 57gcr." — Assessor: „Was denkt Er,
Stephan! Zn der Gerichtsstubc Leihkauf trinken? Das geht
nicht, darf nicht sein!" — Bauer: „Und sind's halt nit bös,
Herr Assessor, und nehmen's verlieb mit der Butell Wein.
Den Schmuß bring' i der Frau Assessorin, die hat so a große
Freud' mit die neuen Thalcr." — Assessor: „Das darf
nicht geschehen! Das dulde ich nicht. Untersteh' Er sich das ja
nicht!" — Bauer: „O warum nit gar! Jede Gefälligkeit
ist des Dankes werth! Das bleibt unter uns. G'rad so, wie
bei mein'm Nachbar, der rechts wohnt; der hat der Frau
Affefforin a so cn' Art Freud' g'macht. Es weiß heut' noch ka
einziger Mensch auf der Welt was davon, und das erfährt auch
ka einziger Mensch!" — Assessor: „Pack' Er sich weiter und
gehe Er hin, wohin Er will, nur mich laß Er in Ruhe."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Jede Gefälligkeit ist des Dankes werth"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Geld <Motiv>
Ablehnung
Dank <Motiv>
Weinflasche
Karikatur
Bauer <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Assessor <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 751, S. 167

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