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Dic unnöthige Entführung.

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In einem Hui waren dic Pferde angespannt, und
Hurrah! hurrah! hopp! hopp! hopp!

Giug's fort in sausendem Galopp.

In M. angclangt, fuhren wir im Pfarrhausc an, wo
uns dic Frau von R., eine herzige, muntere Elsäßerin, freund-
lich aufnahm und, nachdem sic von R. erfahren hatte, um
was cs sich handele, Louise mit beinahe bewundernden Blicken
' anschaute (fo sehr haben die Frauen vor aufopfernden Thatcn
Respekt), und nun auch ihrerseits alles that, um die Trauung
! zu beschleunigen. Zwei Stunden nach unserer Ankunft fuhren

wir der Kirche zu, und eine halbe Stunde nachher schloß ich
dic bald erröthende, bald erblassende Louise als meine Gattin
in meine Arme. Ein einfaches Mahl im Pfarrhausc beschloß

die Feierlichkeit, und dann dachten wir an die Pflichten
gegen unsere Eltern.

Natürlich hatten Louise und ich vor unserer Flucht Briefe
an die Unser» zurückgclassen, worin wir sie von den Gründen
in Kenntniß setzten, dic uns zu diesem Schritte bewogen hatten,
und sic deswegen um Verzeihung baten. Das Ziel unserer
Flucht hatten wir aber vor der Hand verschwiegen. Jetzt
aber war cs meine Sache, sie von dem Erfolg in Kenntniß
zu setzen, was ich in zwei langen, demüthigen Briefen that,
die ich sogleich durch einen Expressen nach Straßburg auf
die Post befördern ließ. Wir selbst aber nahmen die freund-
liche Einladung von R. und seiner Frau, bei ihnen die Ant-
wort auf diese Briefe abzuwarten, mit Dank an.

So vergingen drei lange, lange Tage, und ich brauche
Dich nicht zu versichern, daß es keine wonnige Tage waren.

Endlich aber am vierten brachte der Postbote zwei Briefe,
einen an mich, den andern an Louise:

Der Brief an Louise lautete:

„Liebe Louise!

Also hatte ich mich doch nicht getäuscht, wenn ich Dir
neulich schrieb, „ich glaube in dem bewußten jungen, liebens-
würdigen Manne eine Wahl getroffen zu haben, wie meine
Louise selbst keine andere getroffen hätte," und dann, „daß
mein verständiges Mädchen sich keinen andern Mann heraus-
gesucht hätte, als den, welchen ihr Vater für sie bestimmt
habe." Aber so ist das junge Volk! cs meint, weil es selbst
vor Liebe blind sei, so scheu auch andere Leute nicht, was
sie so geheim mit einander abzumachen haben. Wie konntest
Du nur meinen, daß ich Dir in einer solchen Sache Gewalt
anthun werde. Mein Erkorener war kein anderer, als meines
Louischens unternehmender jetziger Herr Gemahl, den ich mir
in Bälde zuzuführen bitte, damit ich ihm gehörig die Leviten
lese.

Dein halberzürntcr Vater."

Und der Brief an mich lautete:

„Lieber Gustav!

Heißt das auch Einem ein Töchterlein ins Haus führen,
wenn man mit demselben, bevor man es noch hat, in die
weite Welt hinausfährt, und die Eltern in Angst und Sorgen
läßt, der Herr Sohn möchte sich vielleicht ü la Werther
eine Kugel durch den Kopf geschossen haben. Nun, unter
der Bedingung sei Dir verziehen, wenn Du mir mein Töch-
terchcn, bei dem ich bereits unter der Hand für Dich die
Freiwcrberin gespielt hatte, mir so bald als möglich zuführst,
damit ich es vor Dir jungem Luftikus warne. Kommt bald,
und Du, mißtrauischer Bursche, vertraue künftig mehr
Deiner vorsorglichen Mutter."

Daß wir nun im siebenten Himmel waren, und uns so
bald als möglich, trotz der Strafrcden, die uns zu Hause
erwarteten, auf den Heimweg machten, versteht sich von selbst.
Ebenso aber, daß mir meine Louise . . . ."

In diesem Augenblicke trat das Weibchen meines Freundes
ein, und erröthete schamhaft, als sie ihren Namen aus dem
Munde ihres Gatten hörte. Der aber eilte aus sie zu,
umarmte die schelmisch Drohende und sagte: „Lieb Louischen,
Du mußt schon verzeihen, daß ich soeben so lästerlich über Dich
gescholten habe."

Mir aber ward, als ich diese zwei glücklichen Leutchen sah,
ganz verlassen zu Muthe, und ich sagte in Gedanken zu mir
selber: „Alterle! jetzt mach, daß du auch dazu thust, sonst
wird's zu spät!"

Abends aber tranken wir bei Papa Strohm eine Flasche
guten Alten; ich ließ Gustavs Louise leben, und Mama Bär-
bclc, die mich freundlich bcwillkommt hatte, sagte beim Nach-
hausegeheu unter der Thür mit strafendem Munde zu mir:
„Jetzt, Herr Wilhelm, wär's aber einmal an Ihnen."

„Habt Recht, Mutterle", sagte ich, und träumte diese
Nacht von meiner Künftigen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die unnöthige Entführung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Geistlicher <Motiv>
Segen <Motiv>
Eheschließung
Kirchenbau
Karikatur
Brautpaar
Kniefall
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 37.1862, Nr. 907, S. 166

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