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Handlungen, sowie von allen Postämtern und M ♦ preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. '
A eituugserpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern kosten 9 kr, od. 2'/- Sgr.
Sechster Aet zu Schillers Kabale und Liebe.
Ein dramatischer Versuch.
Vorwort.
Ein nicht geringer Theil unserer Leser wird vorstehenden
Titel vielleicht eine Anmassung nennen, und man wird die
Köpfe schütteln über einen derartigen Versuch. Aber wenn
wir uns schon zum Voraus vor jeder Selbstüberschätzung ans
das Feierlichste verwahren und wenn wir die Versicherung
geben, das; es uns nur um eine moralische Befriedigung des
zartfühlenderen Theiles im Publikum zu thun war, so wird
man wohl dem nachfolgenden Versuch einige Theilnahme nicht
versagen können.
Wir gehören selbst zu den aufrichtigsten Verehrern des
unsterblichen Dichterhelden und keine theatralische Darstellung
seiner Meisterwerke bleibt von uns unbesucht. Aber gerade
bei diesen häufigen Besuchen der Bühnenaufführungen war es,
wo unser Plan entstanden und endlich vollkommen bis zu
einem Entschlüsse gereift ist. Das Trauerspiel im Allgemeinen
befriedigt in moralischer Hinsicht niemals alle Zuschauer.
Wenn wir auch das Prinzip der Tragödie anerkennen, nach
welchem schließlich doch stets die Missethat, das Laster, die
Jntriguc ihren gerechten Lohn findet, so fehlt auf der andern
Seite doch durchgängig die gebührende Belohnung der bessern
Charaktere darin. Wir sehen in der Tragödie den Guten
zugleich mit dem Schlechten untergehen und eine Mißstim-
mung, welche in Folge dieses Ausgangs sich stets dem feiner-
fühlendcn Theile des Publikums mittheilt, ist nach dem Schlüsse
eines Trauerspieles unschwer zu erkennen. Vor Allen sind es
die Frauen, deren gefühlvoller, zarter gestimmtes Herz sich in
Thränenströmen Luft macht, die sie dem unglücklichen Helden
und seiner gemordeten Geliebten, oder einer ganzen in Jam-
mer und Verzweiflung gestürzten Familie nachweinen. Aber
auch unter den Männern gibt es Viele, die nach dem Schlüsse
des Trauerspieles eine gedrückte Stimmung ans dem Theater
mit nach Hause nehmen und die, nach solchen Abenden, ge-
selligen Freuden gewöhnlich entfremdet sind.
Hier eine Abhilfe zu schaffen, erschien uns als eine
dankbare, aber auch große und schwere Aufgabe. Wir nen-
nen daher die schwachen Lösungen derselben auch wohlweislich
nur „Versuche", um dem so gern mit Tadel zerlegenden
Messer der Kritiker die giftige Spitze abznbrcchen. Lange
Zeit schwankten wir, ob es gcrathen sein dürfte, diesen Ver-
such auch der Oeffentlichkeit zu übergeben, weil es wie Ironie
klingen könnte, den Schillcr'schen Meisterwerken noch Etwas
hinzuzusügen. Man wird vielleicht, sagen, dieser Versuch wäre
dasselbe, als wenn man der herrlichen Gruppe des sterbenden
Laokoon mit seinen Söhnen Nachtmützen aufsetzen tvollte, um
dadurch den schmerzlichen Ausdruck ihrer Gesichtszüge zu mil-
dern. Immerhin, mir unterwerfen uns jedem llrthcilsspruche
— unsere Befriedigung werden wir in dem humanen Zwecke
des Versuches selbst finden, wodurch wir in diesem „sechsten
Acte" dem finstern Berhängniß des Trauerspiels einen freund-
licheren Abschluß zu geben bemüht sind.
Wenn man in neuerer Zeit ebenfalls versucht hat, den
von Schiller hinterlassenen Torso Demetrius zu ergänzen,
so wird man wohl auch unseren kleinen Versuch nicht ganz
ungünstig aufnehmen.
Magister Gottlieb Bendler,
Trauerspieldichter.
t8
Handlungen, sowie von allen Postämtern und M ♦ preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. '
A eituugserpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern kosten 9 kr, od. 2'/- Sgr.
Sechster Aet zu Schillers Kabale und Liebe.
Ein dramatischer Versuch.
Vorwort.
Ein nicht geringer Theil unserer Leser wird vorstehenden
Titel vielleicht eine Anmassung nennen, und man wird die
Köpfe schütteln über einen derartigen Versuch. Aber wenn
wir uns schon zum Voraus vor jeder Selbstüberschätzung ans
das Feierlichste verwahren und wenn wir die Versicherung
geben, das; es uns nur um eine moralische Befriedigung des
zartfühlenderen Theiles im Publikum zu thun war, so wird
man wohl dem nachfolgenden Versuch einige Theilnahme nicht
versagen können.
Wir gehören selbst zu den aufrichtigsten Verehrern des
unsterblichen Dichterhelden und keine theatralische Darstellung
seiner Meisterwerke bleibt von uns unbesucht. Aber gerade
bei diesen häufigen Besuchen der Bühnenaufführungen war es,
wo unser Plan entstanden und endlich vollkommen bis zu
einem Entschlüsse gereift ist. Das Trauerspiel im Allgemeinen
befriedigt in moralischer Hinsicht niemals alle Zuschauer.
Wenn wir auch das Prinzip der Tragödie anerkennen, nach
welchem schließlich doch stets die Missethat, das Laster, die
Jntriguc ihren gerechten Lohn findet, so fehlt auf der andern
Seite doch durchgängig die gebührende Belohnung der bessern
Charaktere darin. Wir sehen in der Tragödie den Guten
zugleich mit dem Schlechten untergehen und eine Mißstim-
mung, welche in Folge dieses Ausgangs sich stets dem feiner-
fühlendcn Theile des Publikums mittheilt, ist nach dem Schlüsse
eines Trauerspieles unschwer zu erkennen. Vor Allen sind es
die Frauen, deren gefühlvoller, zarter gestimmtes Herz sich in
Thränenströmen Luft macht, die sie dem unglücklichen Helden
und seiner gemordeten Geliebten, oder einer ganzen in Jam-
mer und Verzweiflung gestürzten Familie nachweinen. Aber
auch unter den Männern gibt es Viele, die nach dem Schlüsse
des Trauerspieles eine gedrückte Stimmung ans dem Theater
mit nach Hause nehmen und die, nach solchen Abenden, ge-
selligen Freuden gewöhnlich entfremdet sind.
Hier eine Abhilfe zu schaffen, erschien uns als eine
dankbare, aber auch große und schwere Aufgabe. Wir nen-
nen daher die schwachen Lösungen derselben auch wohlweislich
nur „Versuche", um dem so gern mit Tadel zerlegenden
Messer der Kritiker die giftige Spitze abznbrcchen. Lange
Zeit schwankten wir, ob es gcrathen sein dürfte, diesen Ver-
such auch der Oeffentlichkeit zu übergeben, weil es wie Ironie
klingen könnte, den Schillcr'schen Meisterwerken noch Etwas
hinzuzusügen. Man wird vielleicht, sagen, dieser Versuch wäre
dasselbe, als wenn man der herrlichen Gruppe des sterbenden
Laokoon mit seinen Söhnen Nachtmützen aufsetzen tvollte, um
dadurch den schmerzlichen Ausdruck ihrer Gesichtszüge zu mil-
dern. Immerhin, mir unterwerfen uns jedem llrthcilsspruche
— unsere Befriedigung werden wir in dem humanen Zwecke
des Versuches selbst finden, wodurch wir in diesem „sechsten
Acte" dem finstern Berhängniß des Trauerspiels einen freund-
licheren Abschluß zu geben bemüht sind.
Wenn man in neuerer Zeit ebenfalls versucht hat, den
von Schiller hinterlassenen Torso Demetrius zu ergänzen,
so wird man wohl auch unseren kleinen Versuch nicht ganz
ungünstig aufnehmen.
Magister Gottlieb Bendler,
Trauerspieldichter.
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