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Staatskunst.

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Staatskunst ist die Kunst, wie Staaten
Mit Geschick und Geist man lenkt,

Wie man schlaue Diplomaten,

Wie die schönsten Krebse fängt;

Ist die Kunst, dort anzufachen,

Wo es nicht gehörig brennt,

Und ein Ding schneeweiß zu machen,
Das man einen Mohren nennt,

Zu verkitten und zu leimen,

Was nicht recht zusammen hält,

Zu umspinnen mit geheimen
Fäden die gesammte Welt.

Staatskunst hat mit klaren Fernen,
Mit dem Himmel nichts gemein,
Dennoch spielt sie gern mit Sternen
Wie mit Kindern, groß und klein.

Wer sie übt, der muß sich wenden
Links und rechts, nach jeder Seit',
Glatte Worte, Bückling spenden,

Und betrügen — allezeit.

Geht es mit dem feinen Geiste
Und mit Redensarten nicht,

Fällt das gute Recht der Fäuste
Ucbcrzeugeud in's Gewicht.

Max v. Ziemer.

Wie die Wilden Feuer machen.

(Eine Erinnerung aus meiner Knabenzeit.)

Von all den fahrenden Leuten, die mit einem Kasten
voll naturgeschichtlicher Merkwürdigkeiten, Muscheln, Schlangen
u. dgl. von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf wan-
dern, war doch sicher der originellste der, welcher uns zeigte,
wie die Wilden Feuer machen.

Der Mann kam in unsere Dorfschule schon früh am
Morgen, sagte dem Herrn Unterlehrer, daß er vom Herrn
Pfarrer die Erlaubniß erhalten habe, seine Sachen der lieben
Schuljugend vorzuzeigen und bedeutete uns, daß wir uns
heute Nachmittag Punkt Ein Uhr in der Schule einfinden
sollten mit einem Kreuzer oder Groschen Eintrittsgeld —
je nachdem. Er versprach uns wundersame Dinge zu zeigen,
als da find: die Riesenscheercn des großen Seekrebses, das
Crokodil, wie es aus dem Ei schlüpft und, wie die Wilden
Feuer machen.

Daß fortan bis zum Schluß der Schule im Rechnen,
Lesen und Schreiben nicht mehr besonders viel geleistet wurde,
werde ich kaum zu versichern brauchen. Der Kopf steckte
uns voll von Krebsscheeren, von jungen Crokodilen und vom
Feuer der Wilden.

Gleich nach dem Mittagessen kamen wir vor das Schul-
haus gestürmt und warteten sehnsüchtig bis der Mann mit
dem Kasten auf dem Rücken heranwandclte.

Im Schulzimmer alsdann gab es, ehe noch die Schätze
' erschlossen waren, ein gewaltiges Drängen und Stoßen, ich
aber bekam als Pfarrerssohn, und weil ich einen Groschen
bezahlt hatte, den besten Platz.

Die Merkwürdigkeiten, die der Mann vorzeigte, über-
trafen unsere kühnsten Erwartungen. Zwar genirte mich's
bei den Krebsscheeren ein wenig, daß einer meiner Kamera-
den — der jetzt ein Erz-Rationalist ist — durch prüfendes
Herumklopfen entdeckt zu haben glaubte, daß, wie er mir
in's Ohr flüsterte, die ungeheuren Scheeren von Hafner-Erde
seien, und, was „das Crokodil, wie es aus dem Ei schlüpft",
anbelangt, so will ich zwar heute noch nicht seine ächt- z
ägyptische Abkunft anzwcifeln, aber es sah doch einer Eidechse,
die den Schwanz in ein leeres Tauben-Ei streckt, in bedenk-
licher Weise ähnlich.

Am begierigsten waren wir natürlich darauf, wie die
Wilden Feuer machen; denn das hatte praktischen Werth.
Nun konnten wir doch ohne weiteres im Wald und auf der
Haide „zündeln", ohne vorher der zankenden Mutter Zünd-
hölzchen aus der Küche weg stibitzen zu müssen. Ich war
nicht wenig stolz darauf, daß ich meinen Kameraden schon
zuvor hatte erklären können, die Wilden reiben, uni Feuer
anzumachen, ein hartes Holz an einem weichen.

Und gerade so griff denn der Mann auch in der That
die Sache an. Er holte zwei Holzstücke, ein hartes und
ein mürbes, auS seinem Kasten hervor und rieb sie so kräftig
und so lang aneinander, daß ihm der Schweiß von der
Stirne rann.

Feuer aber brachte er keines zu Stande.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Staatskunst"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

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Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Spottgedicht
Schlägerei
Karikatur
Politisches Verhalten
Politik
Politiker <Motiv>
Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1096, S. 14

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