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Die Freimail 11 und

Andere seid Ihr, niel hvldcste Frau Freimann! Ja, wo solch
ein fürtreffliches Herz and Gemüth, da könnte Einem wohl ein
neuer Lcbcnslcnz erstehen. Hm, hm! O, der ganz Glückliche,
welcher Euch etwa doch noch eroberte. Denn was ich hörte, ist
ctiva doch nicht so, als daß Ihr fürder und für einig Wittwcu-
weis' ledig bleiben, oder gar noch in ein Kloster gehen wollt!"

Sagte die Freimann lächelnd: „Da urthcilt Ihr wohl
richtiger, denn Andere! Aber setzt sei's und ich lasse ihn
heranfkommcn!"

„Ja laßt ihn nur kommen!" sagte der Welser. „Ich will
ihn wohl tractircn, daß er herausruckt, und so er im Schreck
oder Zorn hinaus will, bin ich mir Manns genug, ihn zu
halten. Denn mir wird nicht leicht Einer Herr. Das sag' ich
Euch! Ging's, Euer Gebot zu befolgen, fürchtete ich den bösen
Feind selber nicht. Das betheuer' ich Euch mit einem Kuß
auf Euere Hand — glatt wie die schönste Seide, und weißer,
denn die allerschönsten Lilgcn und Maiglöcklcin!"

Sagte sic: „Was süße Worte Ihr setzen könnt, das hält'
ich bei Euerem Alter schier nicht vermuthet. Bin auch ganz
stolz darauf, daß mir ein Welser die Hand küßt, und für so
viele Herablassung und Zugcthanhcit könnt' ich in Versuchung
gerathen, Euch mein wahres Herz zu entdecken! Da hörtet Ihr
dann, was Ihr nicht erwartet, cdclvcst viel lieb und guter
Herr — will's aber gleichwohl nicht thun, weil das eine züchtige
Frau nicht leicht verräth. Oder dringt Ihr darauf?"

Und der Welser ganz freudig schmunzelnd: „Ich will nicht
in Euer Geheimnis; dringen. Aber ich müßte die Welt viel
minder kennen, als es ist — hm hm! — wenn ich nicht er-
faßte, was süßer Honigseim in Eueren Worten liege. Ja,
also, da ich den Anfang Eueres Geheimnisses ungefähr weiß, denk'
ich mir das Andere dazu —- und cs wird Alles recht werden!"

Entgegncte sie: „Das soll mir lieb sein!"

D'rauf schickte sic nach dein Hundertpfund. Als sic den
heraufkommen hörte, trat sie in die andere Stube — der
Welser aber setzte sich auf einen Stuhl, spreizte beide Beine,
setzte die zwo geballten Hände darauf, runzelte die Stirne furcht-
bar und machte überhaupt ein schreckbar wildes Gesicht. Und
als der Hundertpfund ciugctretcn war und sich umsah, wo seine
Herrin sei, fuhr ihn der Welser von weitem sogleich au:

„Hie ist Die nicht, die Ihr meint — sondern aber i ch bin
hier, der ihr ganzes Vertrauen hat, wie sich dann das Andere
schon zeigen wird! Ja. Hm! Brrr! Ihr aber steht mir jetzt Rede
nnd Antwort, als ob zur Zeit Euerem Herrn und Gebieter!"

Als der Hundertpfund Heinrich diese Worte und dazu
das ja, hm, brrr und sonstige Gcschuaufc hörte, wurde er im
Kopf ganz verzweifelt. Denn wenn das nicht deutlich bewies,
es sei die ganze ehlichc Sache zwischen der Freimann und dem
Welser fest abgemacht, war in der Welt gar nichts mehr sicher
und gewiß — und kaum vermochte er zu fragen: Was man
ihm denn vorwerfe?

Auf das fuhr ihn der Welser an: „Dies soll Euch bald
kein Gehcimniß sein! Wißt Ihr, daß man Euere treuen Dienste,
guten Fleiß, auch sittliches Betragen und was weiter ganz wohl
schätzt und Euch guter Gunst nicht unwerth hält? Brr! Wann

der Hundertpfund.

Ihr aber, wie in letzten Zeiten, dermaßen verwirrt, cvnfus und
so zu sagen totaliter perplex geworden seid, daß Ihr unrecht
zählt, die ganz falschen Bücher daherbringt, alles Unternehmen
vergeht und die Leute nicht mehr gerad' anschaut, als hättet
Ihr da Wunder was auf dem Gewissen, so ist das baß ver-
wunderlich! Glaubt Ihr, das lasse man geschehen? Hm! Brr!
Donnerwetterrr! Sage ich, nein! und müßt Ihr wieder zur
Vernunft kommen! Und sage ich so: Was Euch verwirrt, das
kann nichts Anderes sein, als dann: daß Ihr Euer Herz ins-
geheim in Lieb es bau de verstrickt habt und Euch bei sothancr
Angelegenheit nicht hinausseht, also daß davon Euer Herz zer-
nagt und Euer Kopf auf das Stärkste in Aufruhr versetzt ward!
Nicht hinausseht, Hab' ich gesagt! Warum? Brr! Weil Ihr
meint, Euere Herrin sei gegen alle Miuncsach' und Werbschaft,
und wenn ettva doch nicht, reiche Euer Sold nicht zum Heirathen

— und wie, wann oder was weiters!"

Nach diesen Worten erhob sich Herr Welser, trat auf den
Hundertpfund zu und schnaubte: „Also befehle ich Euch, richtig
und selbst einzugestehen, ob das anders, oder so ist — und wenn
das so und nicht anders ist, was da Gegenstand Euerer heißen
Minne sei! Und wann Ihr mit Euerem Geständnis; hinter-
hältig seid, so seid Ihr aller Gunst, Geneigtheit und Nachsicht
Euerer Gebieterin ledig — brrr! — und so Ihr vermeintet,
Ihr bliebt morgen noch im Freimann-Haus am schönen Thurm,
so wär' die Sache ganz anders! Also vermerkt und gesteht

— denn ich lasse mich da auf viel Zweifel und Gezerre nicht

ein. Hm! Brr! Donner—Wetter—r!"

Als der Welser das geschnaubt und gedonnert hatte, kam
dem Hundertpfund bei all seiner Verzweiflung großer Muth an,
und sagte er: „Da habt nun Ihr gesprochen, hochweis, stolz'

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Freimann und der Hundertpfund"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Patriziat
Gast <Motiv>
Bediensteter
Vorwurf <Motiv>
Gespräch <Motiv>
Karikatur
Handgeste
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Heimliche Liebe

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1649, S. 67

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