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Eine gefährliche Kur.
hatte zwar eine dunkle Ahnung davon, was sich zwischen ihm
und seiner Frau ereignet hatte, doch hielt er das Ganze mehr
für einen verunglückten Maskenschcrz, den er nicht verderben wollte.
Er wich daher dem rothen Domino nicht von der Seite.
„Wohin, schöne Maske?" sagte er in galantem Tone.
„Nach Hause!" war die lakonische Antwort.
„Ich werde Dich begleiten, schöne Maske!"
Die Maske schwieg.
Der Wagen fuhr vor. Emerenzia stieg ein, Lorenz aber
auch, der früher dem Kutscher gesagt hatte, wohin er zu
fahren habe. Emerenzia war über diese fortgesetzte Treulosig-
keit ihres Mannes ans's Aeußcrstc empört. Sie hatte sich
grollend in die Ecke des Wagens geworfen. Sic wußte nicht,
was sie jetzt beginnen sollte! Lorenz aber, was sie nicht be-
greifen konnte, war in der anderen Ecke völlig verstummt.
„Er hat Rene!" jubelte es dämonisch in dem Herzender
erbitterten jungen Frau.
Da der Weg bis zu ihrer Wohnung nur sehr kurz war,
so hielt der Wagen bald vor derselben. Nun erst beim Aus-
steigen merkte Emerenzia, daß ihr Mann sie zu seiner
Wohnung führen ließ, die doch, was sie jetzt vergaß, auch
die ihre war. „Er hat die Frechheit, seine neue Bekanntschaft
in seine Wohnung zu bringen!" tobte cs in der armen Frau.
Jndeß hatte Lorenz den Portier geweckt.
„Gut!" sagte Emerenzia zu sich selbst. „Die Sache wird
ans die äußerste Spitze getrieben! ... Es sei! . . ."
Sie nahm den Arm ihres Begleiters und trat, bebend
vor Wuth, in ihre Wohnung. Ruhig machte Lorenz Licht. Da
stand Emerenzia noch immer in der Maske, die Larve vor
dcni Gesicht. Lorenz legte bedächtig seinen Mephisto-Mantel
und Barett ab. „Und Sie, Madame" sagte er scherzend, „wollen
Sie nicht endlich Ihre Maske ausziehen?"
Emerenzia sah ihn starr an . . .
„Nun will ich Dir den Spaß machen," dachte sie endlich
gefaßt, „und Dir zeigen, welches Vöglein Du in Deinen Käfig
gelockt hast!" Rasch rieß sie die Larve vom Gesicht, und sah ihn,
den Ausdruck rachsüchtigen Hohnes in ihrem glühenden Antlitz,
mit feurigen Augen vernichtend an. Aber die von ihr erwartete
niederschmetternde Wirkung blieb aus! Ruhig und freundlich
blickte ihr Lorenz entgegen. „Soll ich Dir helfen, dieses Zeug
abzulegen?" fragte er im natürlichsten Tone von der Welt.
Emerenzia war völlig verwirrt. „Du wußtest, daß i ch in
dem rothen Domino sei?" stammelte sie.
„Gewiß, mein Kind!"
„Du spieltest also Komödie mit mir?"
„Sollte ich Dir den Spas; verderben?" — —
Und der rothe Domino siel Lorenz reuig in die Arme. —
Aber auch der gute Lorenz drückte seine Frau nicht ohne Reue
an's Herz, — wir und Fräulein Sylphide wissen, warum.
Aus dieser Geschichte aber resultiren folgende Lehren:
1. „Der treueste Ehemann ist, wenn er nebenher eine
pikante Bekanntschaft gemacht hat, wie ein Löwe, der — Blut
leckte" und 2. „eine Frau soll es nie versuchen, ihren Mann
lebhafter zu machen als er ist!" —
Womit ich mich allen jungen Ehepaaren bestens empfehle.
Auflösung der riithselhaften Inschrift in
voriger Nummer.
„O wie a' Maß gut is in Summa (im Sommer)!"
E i g c n t h ü m l i ch c r Begriff.
„Du, Toni, bei wem bist Du denn jetzt?" — „Bei an
Docta!" — „Was für ein Doctor ist er denn?" — „Dees
weiß i' net." — „Dummer Kerl! Du mußt doch sehen, was
er arbeitet!" — „Arbeit'» thut er gar nix. Der setzt sich in
der Früh zu sein'n Tisch, und liest und schreibt bis ans d' Nacht!"
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Eine gefährliche Kur.
hatte zwar eine dunkle Ahnung davon, was sich zwischen ihm
und seiner Frau ereignet hatte, doch hielt er das Ganze mehr
für einen verunglückten Maskenschcrz, den er nicht verderben wollte.
Er wich daher dem rothen Domino nicht von der Seite.
„Wohin, schöne Maske?" sagte er in galantem Tone.
„Nach Hause!" war die lakonische Antwort.
„Ich werde Dich begleiten, schöne Maske!"
Die Maske schwieg.
Der Wagen fuhr vor. Emerenzia stieg ein, Lorenz aber
auch, der früher dem Kutscher gesagt hatte, wohin er zu
fahren habe. Emerenzia war über diese fortgesetzte Treulosig-
keit ihres Mannes ans's Aeußcrstc empört. Sie hatte sich
grollend in die Ecke des Wagens geworfen. Sic wußte nicht,
was sie jetzt beginnen sollte! Lorenz aber, was sie nicht be-
greifen konnte, war in der anderen Ecke völlig verstummt.
„Er hat Rene!" jubelte es dämonisch in dem Herzender
erbitterten jungen Frau.
Da der Weg bis zu ihrer Wohnung nur sehr kurz war,
so hielt der Wagen bald vor derselben. Nun erst beim Aus-
steigen merkte Emerenzia, daß ihr Mann sie zu seiner
Wohnung führen ließ, die doch, was sie jetzt vergaß, auch
die ihre war. „Er hat die Frechheit, seine neue Bekanntschaft
in seine Wohnung zu bringen!" tobte cs in der armen Frau.
Jndeß hatte Lorenz den Portier geweckt.
„Gut!" sagte Emerenzia zu sich selbst. „Die Sache wird
ans die äußerste Spitze getrieben! ... Es sei! . . ."
Sie nahm den Arm ihres Begleiters und trat, bebend
vor Wuth, in ihre Wohnung. Ruhig machte Lorenz Licht. Da
stand Emerenzia noch immer in der Maske, die Larve vor
dcni Gesicht. Lorenz legte bedächtig seinen Mephisto-Mantel
und Barett ab. „Und Sie, Madame" sagte er scherzend, „wollen
Sie nicht endlich Ihre Maske ausziehen?"
Emerenzia sah ihn starr an . . .
„Nun will ich Dir den Spaß machen," dachte sie endlich
gefaßt, „und Dir zeigen, welches Vöglein Du in Deinen Käfig
gelockt hast!" Rasch rieß sie die Larve vom Gesicht, und sah ihn,
den Ausdruck rachsüchtigen Hohnes in ihrem glühenden Antlitz,
mit feurigen Augen vernichtend an. Aber die von ihr erwartete
niederschmetternde Wirkung blieb aus! Ruhig und freundlich
blickte ihr Lorenz entgegen. „Soll ich Dir helfen, dieses Zeug
abzulegen?" fragte er im natürlichsten Tone von der Welt.
Emerenzia war völlig verwirrt. „Du wußtest, daß i ch in
dem rothen Domino sei?" stammelte sie.
„Gewiß, mein Kind!"
„Du spieltest also Komödie mit mir?"
„Sollte ich Dir den Spas; verderben?" — —
Und der rothe Domino siel Lorenz reuig in die Arme. —
Aber auch der gute Lorenz drückte seine Frau nicht ohne Reue
an's Herz, — wir und Fräulein Sylphide wissen, warum.
Aus dieser Geschichte aber resultiren folgende Lehren:
1. „Der treueste Ehemann ist, wenn er nebenher eine
pikante Bekanntschaft gemacht hat, wie ein Löwe, der — Blut
leckte" und 2. „eine Frau soll es nie versuchen, ihren Mann
lebhafter zu machen als er ist!" —
Womit ich mich allen jungen Ehepaaren bestens empfehle.
Auflösung der riithselhaften Inschrift in
voriger Nummer.
„O wie a' Maß gut is in Summa (im Sommer)!"
E i g c n t h ü m l i ch c r Begriff.
„Du, Toni, bei wem bist Du denn jetzt?" — „Bei an
Docta!" — „Was für ein Doctor ist er denn?" — „Dees
weiß i' net." — „Dummer Kerl! Du mußt doch sehen, was
er arbeitet!" — „Arbeit'» thut er gar nix. Der setzt sich in
der Früh zu sein'n Tisch, und liest und schreibt bis ans d' Nacht!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine gefährliche Kur" "Eigenthümlicher Begriff"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 66.1877, Nr. 1664, S. 187
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg