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Er und Sie.

Da lag der Küchen-Dragoner
Der Schildwach in dem Arm.

ie Strafe des Gewissens.

Herr Bezirksrichter Alexander M.
ist vermöge seiner Stellung, seiner
Menschenfreundlichkeit und Vor-
urtheilslosigkeit halber eine in allen
Kreisen der Stadt und Festung K.
sehr geachtete und, nachdem er bis-
her sein Haupt noch nicht unter das
rosige Joch der Ehe gebeugt, eine-
nicht minder beliebte Persönlichkeit,
so daß selbst der gelbe Neid an dem
stattlichen, im schönsten Alter stehen-
den Manne nichts auszusehen ver-
mocht hätte.

Und doch besaß dieser Herr einen
Fehler, der aber nur seinen in-
timeren Bekannten, die er gerne und
häufig in seiner Garxon-Wohnung
Abends um sich sah, bemerkbar werden konnte; er war ein aus-
gesprochener Freund der türkischen Pfeife und machte sich gar
kein Gewissen daraus, dem Gesetze ein Schnippchen zu schlagen.

Die Strafe des Gewissens.

geschwärzten türkischen Tabak sich auf allerlei Winkelwegen zu
beschaffen und denselben zu rauchen. Dieser Fehler erfährt nun
Angesichts der Thatsache, daß die Fabrikate ärarischen Ursprungs
zumeist nur in Anfällen von Lebensüberdruß zu rauchen gerathen
sind, allerdings eine menschlichere Beurthcilung, doch für den
Herrn Bezirksrichter sollte diese Uebertretung des Monopols
verhängnißvoll werden.

Zu seinen besten Freunden gehörte auch Finanzkommissär W.,
der so häufig den: vorzüglichen Weine und Tabak des Herrn
Bezirksrichters zusprach, daß ihn letzterer, wiewohl Herr W.
dem Arme des Gesetzes angehört, der nach Gefällsübertret-
ungen fahndet, unbedingt zu seine» Freunden zählte. — Eines
Abends — es war wenige Tage vor dem Alexandertage —
wartet Herr Bezirksrichter seinen Freunden mit dem präch-
tigsten, goldgelben „Sultan" auf, und macht die Bemerkung,
es sei ihm gelungen, einige Okas dieses herrlichen Krautes
zu bekommen, und er habe denselben zur Feier seines Namens-
tages bestimmt.

Genau um Mitternacht vor dem Alexandertage sehen wir
zwei Organe der Finanzwache vor dem Hause des Bezirks-
richters halten, aufmerksam die zwölf Glockenschläge zählend, und
kaum waren dieselben verklungen, pochen sie an das Thor und
verlangen Einlaß. Im Hause war der Bezirksrichter längst zur
Ruhe gegangen, und erst nach wiederholtem Pochen erschien der
Kopf eines schlaftrunkenen Dieners am Fenster. „Wer ist da?"

— „Aufmachen, wir müssen sofort zum Herrn Bezirksrichter!"

— „Kommt morgen Früh, der Herr schläft und läßt sich nicht
gerne stören!" — „Wir haben strengen Befehl, uns nicht äb-
weisen zu lassen!". — „Ja, wer seid Ihr denn?" — „Die
Finanzwache!" — Schreckenbleich eilt der Diener zu seinem
Herrn, rüttelt ihn aus dem Schlafe und theilt ihm mit, daß
die Zeisige (Spottname der Finanzwache wegen der grünen
Röcke) draußen seien und mit allem Nachdruck sofortigen Einlaß
begehren. „Donnerwetter! Diese Jagdhunde haben gewiß von
meinem Tabak Wind bekommen und wollen ihn confisciren,
werde stark compromittirt, beim Bezirksrichter Contrebande;
unerhört!" Diese Gedanken durcheilen blitzesschnell das Gehirn
des Herrn Bezirksrichters; er befiehlt seinem Diener, hinabzugehen
und die Wächter der Ordnung ein wenig warten zu lassen, bis
er sich ankleide, eilt aber selbst zu seinem geliebten Tabak, nimmt
ihn heraus und wirft ihn in die — Senkgrube. Dort werden
sic ihn gewiß nicht suchen, beult er sich und geht um Vieles
ruhiger in sein Zimmer zurück.

Gleich darauf treten zwei in strenger Parade adjustirte
Finanzwach-Oberaufseher herein, stellen sich auf, grüßen gleich-
zeitig militärisch: „Wir bringen Ihnen die besten Glückwünsche
des Herrn Finanzkommissärs zu Ihrem heutigen Namens-
seste!" — „Wie? was? Jetzt in der Nacht?" — „Ja, der
Herr Finanzkommissär wollte der Erste sein, der seinem lieben
Freunde heute Glück wünscht und hat uns beauftragt, nach
12 Uhr Mitternacht hier bei Ihnen vorzusprechen und seinen
Auftrag auszurichten!"

„Ja, ich danke — also gratuliren, nicht anderswegen
seid Ihr gekommen?!" — Das Facit der Sache war, daß
sich der Herr Bezirksrichter mit dem Finanzkommissär über dessen
derben Scherz, dessen Wirkung dieser voranssah, wohl wieder
aussöhnte, aber der herrliche, seine Tabak war verloren, und der
Herr Bezirksrichter traut keinem Finanzmann mehr, selbst wenn
er noch so intim mit ihm verkehrt.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Er und Sie" "Die Strafe des Gewissens"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meggendorfer, Lothar
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 72.1880, Nr. 1799, S. 22

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