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Auch ein Geschenk.

„Mama, wie ich an dem alten Bettler vorüber ging, bemächtigte sich
meiner ein tiefes Mitleid!" — „Hast Du dem armen Mann auch 'was

geschenkt?" — „Jawohl! — einen freundlichen Blick!"

Die Wahlsau.

In der kleinen schwäbischen Stadt Schlehenhcim war vorigen Winter

Die Wahlsau. 23

wieder einmal Stadtrathswahl, weil das lang-
jährige Mitglied des Collegiums, Weinhändler
Selig, Plötzlich gestorben.

An Liebhabern für den wieder zu besetzenden
Posten fehlte cs nicht; doch handelte es sich schließ-
lich nur noch um zwei Candidaten: den Feinbäcker
Anton Knödler und den Tischlermeister Joseph
Hobelmaier, beide angesehene und wohlhabende
Männer; der Elftere namentlich bei den
älteren Frauen beliebt, weil er ihre Kaffee-
kränzchen versüßen half, der Letztere mehr bei
den jüngeren, weil er ihnen schöne und billige
„Aussteuern" lieferte. Die ganze Stadt ergriff
lebhaft Partei, und Niemand wagte vorher-
zusagen, aus welche Seite sich der Sieg neigen
werde.

Mit begreiflicher Spannung wurde da-
her dem Ausfall der Wahl, die auf einen Freitag
anberaumt war, entgegengesehcn. Es war nun
sicher ganz zufällig, daß am Mittwoch zuvor
bei Hobelmaier's ein fettes Schweinchen äbgcthnn
wurde; es war dies um so mehr nur zufällig,
als seit Jahren Hobelmaier's um diese Zeit
ein Schwein zu schlachten pflegten. Hiebei ver-
stand es sich nach alt hergebrachter Sitte von
selbst, daß den Nachbarn ein „Versucherle" von
der Metzelsuppe zugeschickt wurde. Von dieser
guten Sitte diesmal abzugehen, lag durchaus
kein Grund vor und es war daher wohl auch
rein zufällig, daß sic in reicherem Maße geübt
wurde und der Umfang der Nachbarschaft so
ziemlich mit den Grenzen des Stadtweichbildes
zusammenfiel.

Eine natürliche Folge hievon war, daß
Frau Hobelmaier, die sonst mit dem Schlncht-
crgebniß Speisekammer und Rauchfang zu
füllen pflegte, diesmal so gut wie Nichts da-
hin brachte, ohne daß man ihr indeß Hier-
wegen irgend eine Bctrübniß anmerkte.

Der entscheidende Freitag kam und die
sinkende Sonne dieses Tages sah Hobelmaicr
mit großer Majorität als Sieger aus der Urne
hervorgehen. Darob großer Jubel in seinem,
Bctrübniß im anderen Lager.

Tags darauf begegneten sich die hoff-
nungsreichen Sprossen der in: Kamps ge-
legenen Hauser, der 12 jährige Josef Hobcl-
maier und der 13 Jahre alte Alexander

Knödler vor der Schule. Da dort eine
größere Zahl von Mitschülern, die dem Unter-
richt mit mäßiger Eile cntgegcnging, versammelt
war, konnte Josef sich nicht versagen, dem Alexan-
der triumphircnd zuzurufen:

„Aber nit wahr, mein Vater ischt's ebbe

> doch worre!" (geworden), woraus Alexander ge-
j lassen, doch nicht ohne Würde entgegnete: „Wohl,

> wohl! — Freilich ischt Er 's worre, aber
! mein Vater hat hcrentgegen (dagegen)
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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Auch ein Geschenk" "Die Wahlfrau"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Spitzer, Emanuel
Bechstein, Ludwig
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 72.1880, Nr. 1799, S. 23

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