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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0211

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Chronik des Bayer. Kuustgewerbcvereins.


MrM M OgPriDm Runflgkwerökvkrkin^

-Akkgemeine (Vereilwnachrichten.

Die vereinsausstellungshalle hatte am 2. Januar den
erstmaligen Besuch eines — Einbrechers zu verzeichnen, der sich
am Spätnachmittag eingeschlichen, hinter einem Vorhang ver-
steckt, nach Ladenschluß — bei der üblichen Nachtbeleuchtung,
aber unter dem Schulz der dick überfrorenen Auslagofenster —
eine Anzahl Schmucksachen im Werte von J900 Al. entwendet
hat. Beim versuch, einen Teil der Schinucksachen zu ver-
kaufen, wurde der Dieb ■— ein »7 jähriger, schon vorbestrafter
Kaufmannslehrling Joseph kjofmann — erwischt, worauf er
am 20. Februar zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde.
Ein kleiner Rest der Schinucksachen koiinte nicht mehr beigc-
bracht werden; der dadurch entstandene Schaden wurde bereits
durch die Gesellschaft „Allianz'', bei welcher die Ausstellungs-
halle gegen Eiiibruch versichert ist, beglichen. Bemerkt fei noch,
daß die kostbareren Stücke, besonders Juwelen, über Nacht ans
den Schaufenstern entfernt uild im feuerfesteil Kaffenschrank
aufbewahrt werden.

Die vereinsbibliolhek ist an Sonn- und Feiertagen von
jo— j2 Uhr, an den Wochentagen von 9—j2 und 3—5 Uhr
geöffnet, außerdem an zwei Abenden von 7—9 Uhr, am Mittwoch
und Freitag.

Mochenversaimirkungen.

Siebter Abend — den 7. Januar — Vortrag von Ijof-
kunstfchlosser Airsch jr. über „Die Technik der Schmiedekunst".
Bei dem gewaltigen Rang, den das Eisen innerhalb unsrer
heutigen Kultur einnimmt, kann man sich nur schwer eine Vor-
stellung davon machen, wie man sich vor der Eisenzeit beholfen
hat. Wir können uns heute kein Kulturvolk ohne das Eisen
denken und doch müssen wir nicht einmal verhältnismäßig weit
in den Spuren der vergaligenheit zurückgehen, bis wir erstinals
der Verwendung des Eisens begegnen. Insbesondere hat es
lange gewährt, bis es gelang, dem rohen Stoff verfeinerte
Formen abzngewinnen. kjier sind es vorzugsweise die Kloster-
arbeiten des Frühmittelalters, welche die erste» wertvolleren

Erzeugnisse der Schmiedekunst zutage förderten. Aber noch
Jahrhunderte lang bewegte sich diese Kunst in einem engen
Rahmen, um sich plötzlich unter dein Einfluß der Gotik zu hoher
Vollendung und reichster Mannigfaltigkeit zu erheben. Die
Kunst gibt dem Gewerbe frische Nahrung: Bald entstehen die
ersten Eiselihütten, die die Umformung des Stoffes auf groß-
zügigere Weife ermöglichen als die alten Schmelzöfen. All-
mählich wird auch die Wasserkraft der Fabrikation dienstbar
gemacht nlid inehr und mehr befreien die mechanischen Kräfte
den Kunstschmied von der groben Vorarbeit. So brauchten
schließlich nur noch die Ideen ihm zuzusließen und diese ströineli
in überreichem Maße mit der Renaissance nach Deutschland
herein. Ulid als vollends am Ende des js. Jahrhunderts die
ersten Stahlwerke aufkommen, die der Schmiedekunst ein kaum
zu bewältigendes Material zuführen, entstehen Schöpfungen,
die den gewaltigsten Erzeugnissen der bildenden Künste würdig
zur Seite stehen. Ukan denke nur z. B. an das Schloß von
Versailles, dessen wundervolle Ziergitter noch heute einen präch-
tigen Anblick gewähren. Überhaupt ist Frankreich bis zur Re-
volution der klassische Boden der Schmiedekunst. Der größte
Triumph, den diese Kunst dort gefeiert, knüpft sich an Jean
Lamours, den berühmten bjofschloffer Stanislaus Lefzcyuskis.
Mit der Wende des J8. Jahrhunderts beginnt der Niedergang
auch dieser schönen Kunst. Erst in der zweiten ksälfte des
j9. Jahrhunderts war es ihr beschieden, zu neuer Blüte zu
gelangen. Fast scheint es sogar, als ginge dank einer groß-
artigen Erfindung der jüngsten Zeit, der sogenannten auto-
genen Schweißung, die Schmiedekunst wieder einer ungeahnten
kjöhe entgegen. Diese Erfindung ermöglicht es nämlich, mit
kjilfe einer winzigen Azetylenflamme kleine und große Lisenteilc
mit einander untrennbar zu vereinigen. Mögen die Hoff-
nungen, die diese Erfindung erweckt, in Erfüllung gehen zum
bseile des Münchener Knnsthandwerks I — Das große Interesse,
das der Vortrag an sich erregte, steigerte sich zur Spannung,
als der Redner nach einer Pause und unter größter Teilnahine
der Zuschauer das autogene Verfahren int Vortragssaal selbst
völlig werkstattmäßig vorführte.

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