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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 22
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Batka, Richard: Nachklänge aus Bayreuth
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0351

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Lweires Nugustbett 1896.


über

DWuilg. Wmlkr. Mfil «ni> -ili»kni»k Nimfik


Deutsch sein heißt, eine Lache
um ihrer selbst willen thun.

22. Dekt.


Derausgeber:

ZferdMÄNd NvenÄrius.

vierteljährlich 2^/s Mark.

d. Aabrg.


OÄebklünge nus WÄ^reutk.

^sW^s ist beileibe nicht meine Absicht, die uner-
meßliche Zahl der über die heurigen Bay-
reuther Festspiele zu Tage geförderten und
einander meist geradezu widersprechenden Meinungen
hier um eine neue zu vermehren. Denkt man an
den kritischen Narrentanz, den die berusenen Kenner
und Künstrichter vom Fach an den Biertischen Bay-
reuths und nachher in ihren angestammten Zeitungen
und Zeitschristen aufführten, so schämt man sich bei-
nah, da selbst je mirgethan zu haben. Wenn nicht
nur die aus niedriger Gehässigkeit oder würdeloser
Liebedienerei entsprungenen Urteile, sondern auch die
von unbefangenen und vernünstigen Männern gesällten
derart im großen und kleinen auseinandergehen, wel-
chen Wert hat dann das ganze bogenlange Referieren
und Rezensieren sür die Oessentlichkeit gehabt, wer
kann sich selbst aus den sogenannten objektiven Be-
richten ein wenigstens ungefähr zutressendes Bild zu-
sammenstellen? So wird das deutsche Publikum,
sofern es sich sür die Festspiele überhaupt ernstlich
interessiert, genötigt, selbst zu kommen, mit eigenen
Augen und Ohren wahrzunehmen. Und das ist
schließlich, vom Bayreuther Standpunkte aus, das
Gute an der schlimmen Sache.

Hat man nach seinen kritischen Orgien den
Katzenjammer der Selbstbezweislung durchgemacht, so
bringt man es allensalls dazu, über die meisten der
strittigen Probleme zu lächeln; man merkt, daß es

bei einem so großzügigen Kunstwerke, wie „der Ring
des Nibelungen" eines ist, doch nur wenig verschlagen
kann, ob man Mime mit langem oder kurzem i spricht
oder ob die Trias der Rheintöchter mit ausgebundenem
oder ausgelöstem Haar durch die Fluten schwimmt.
Ja, selbst die hochwichtige Frage, ob der Drache
Fasner als ungesüger Koloß oder als geschmeidiger
Rieseneidechs darzustellen sei, verliert so viel an Be-
deutung, daß man ihre Lösung nicht mehr als einen
Prüsstein sür die Vortresslichkeit der heurigen Fest-
spiele ansehn mag. Und nun gar der hitzige Kamps,
der um die Tempi gesührt wird! Ein Hans Richter sühlt
sich natürlicherweise als gestrenger Hüter der Tradi-
tion, aber die sehr unterrichteten Herren X und A
glauben sich besser als er zu entsinnen, daß er vor
20 Jahren unter Wagners Anleitung diese oder jene
Stelle anders, rascher oder langsamer, genommen
habe. So steht Behauptung schroff gegen Behaupt-
ung, und wo wäre die Autoritüt, die in solchem Falle
maßgebend entscheiden dürste? Oder aber, wenn es gilt,
Mottl und Richter zu vergleichen! Bei jenem dauerte
das „Rheingold" 2 Stunden 33 Minuten; bei diesem
— man höre! —^ um knapp 3 Minuten länger. ^
Wer so geringe Differenzen so stark empsindet, daß er
Preis oder Verdammnis einer Kunstdarbietung von
ihnen abhängig macht, den bewundere ich wegen
seines Feingefühls, aber ich bleibe dabei, daß das
Geheimnis des künstlerischen Genießens in der Fähig-
 
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