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Schmarsow, August
Grundbegriffe der Kunstwissenschaft: am Übergang vom Altertum zum Mittelalter kritisch erörtert und in systematischem Zusammenhange dargestellt — Leipzig [u.a.], 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.15210#0326
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XXI.

METAMORPHOSE DES BILDES

RELIEFKOMPOSITION UND RELIEFBILDER — AUGENSCHEINMALEREI UND
DEKORATION — MONUMENTALE ABSICHTEN DER MOSAIKGEMÄLDE

Der Übergang vom plastischen zum malerischen Gefühl in der
bildenden Kunst kann gar nicht befriedigend dargetan werden,
wenn man sich ausschließlich an die Skulptur hält.1) Von der
Malerei selbst muß ausgegangen werden, auch wo ihre Werke so
viel spärlicher erhalten sind. Erst nachdem die optische Aufnahme
hier durchgedrungen ist und die Erfüllung spezifisch malerischer
Ansprüche erreicht hat, kann auch die Reliefkunst und vollends
die Statuenbildnerei diesen Wandel so weit annehmen, daß die rein
sichtbare Erscheinung in merkbarem Maße die Oberhand gewinnt
über alle tastbaren Werte der Körperlichkeit. Niemals vermag
ein Kompromiß mit der andersgearteten plastischen Kunst uns
vollgültig das Zeugnis echt malerischen Wollens in einer Schöpfung
des Malers zu ersetzen. Das ist und bleibt ein Notbehelf, trotz
aller Hellseherei und Imaginationsgabe des einen oder des anderen
Forschers.

Dazu kommt noch ein historisches Moment für die besondern
Zeit des Ubergangs, die wir ins Auge gefaßt haben. In der Spät-
antike nimmt die Reliefkunst in jeder Form und jeglichem Material
ungefähr die Stellung ein, wie Holzschnitt und Kupferstich in der
nordischen Kunst seit dem 15. Jahrhundert. Sie ist Gemeingut und
geläufiges Ausdrucksmittel für jedwede Verbildlichung, muß überall
herhalten, wo es Flächen zu beleben gilt. Darin liegt das Erbteil
der Vorherrschaft plastischen Schaffens im klassischen Altertum,
darin aber auch die Proteusnatur, die sich die Reliefkunst aneignen

1) Wie dies an wichtiger Stelle von Wickhoff versucht wird, aber schon von
Strzygowski beanstandet worden ist, während Riegl das Verfahren verteidigt.
 
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