„In einem Garten ging das Paradies verloren,
in einem Garten wird es wiedergefunden werden".
(Blaise Pascal)
Einleitung
Nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes
im April 1979 wurden auch die beiden kommunalen Friedhöfe
Osnabrücks, der Johannis- und der Hasefriedhof, im Jahr 1983
unter Schutz gestellt, wobei zunächst nur die vier ältesten Abtei-
lungen des Hasefriedhofes ausgewiesen wurden. Gemäß ihrer Ein-
stufung nach § 3.3 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes
wurden sie zusammen als „Gruppe baulicher Anlagen" erfasst, die
sich wortgemäß aus dem Konglomerat der Umfassungsmauern, des
Wegesystems, der Grabanlagen und der Friedhofsbauten rekru-
tiert; innerhalb dieser Flächenausweisung wurde einzig der Fried-
hofskapelle der Abteilung II nach § 3.2 NDSchG der Rang eines
Einzelbaudenkmals zugemessen.
Mit dem Ratsbeschluss vom 8.7.1980 war es zugleich projek-
tiert, den Hasefriedhof in mehreren Abstufungen seiner
Schließung und schließlich der Entwidmung im Jahr 2005
entgegenzuführen; Urnenbestattungen wurden demnach letzt-
mals im Jahr 1995 gestattet.
Angesichts des durch die Friedhofsschließung forcierten Über-
gangs hunderter privater Grabstätten an die Stadt Osnabrück als
neue Eigentümerin, sah sich das Land Niedersachsen bzw. das
damalige Institut für Denkmalpflege bald in der Pflicht, den Denk-
malschutz auf diejenigen Exemplare zu konzentrieren, die den
konkreten Anforderungen des Denkmalschutzgesetzes ent-
sprechen. Dies waren zunächst alle Wand- oder Mauergrabmale
als bauliche Besonderheit des Hasefriedhofs, aber auch diejenigen
freistehenden Grabmale im Inneren der Bestattungsflächen, „an
deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wis-
senschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches
Interesse besteht" (§ 3.2, NDSchG). Damit war zugleich ein
Arbeitsprojekt ins Leben gerufen worden, dessen Ziel in der Selek-
tion und Begründung historisch bedeutsamer Grabmalsubstanz
bestand.
Zur zeitnahen Bewältigung dieses umfassenden Inventa-
risationsprojektes wurde Ende 1986 ein Team aus einer Kunst-
historikerin, einem Steinmetz, einer Fotografin, einer Reprografin,
zwei Maurern und einer zeitweilig tätigen Schreibkraft zusammen-
gestellt, das bis Ende 1988 die „schützenswerte Substanz" des
Hasefriedhofes fotodokumentarisch und beschreibend erfasste.
Mit eingeschlossen wurden damals auch die beiden jüngsten
Friedhofsabteilungen V und VI, deren entwicklungs- und gartenhis-
torische Aussage für die Bedeutung der Gesamtanlage durch die
1992 als feste Institution neu eingerichtete Gartendenkmalpflege
erkannt und entsprechend unter Schutz gestellt wurde. So ent-
stand eine breitangelegte Kurzerfassung der Gesamtanlage „Hase-
friedhof", die Hunderte von Grabmalen in handschriftlichen Erfas-
sungsbögen und z.T. per EDV dokumentierte.
Dennoch blieben - von einigen wenigen Grunddaten ab-
gesehen - nicht nur wesentliche Fragen zur Entwicklungsgeschich-
te des Friedhofes unbeantwortet, sondern auch das gesamte Fra-
genspektrum zur historischen Bewertung und Einordnung der
Anlage bzw. ihres zugrundeliegenden Entwurfskonzeptes, ihres
Grabmalbestandes, des verwendeten Dekors, der zitierten Symbo-
lik u.v.a.m.
Erstaunlicherweise wird vor allem dem Grabmal, seiner Form
und Gestaltung besondere Aufmerksamkeit zuteil, wenn ein Fried-
hof zum Thema einer intensiveren Betrachtung avanciert; dabei
sind es fast immer die sowohl optisch als auch emotional anspre-
chenden Details einer anmutigen Freiplastik oder eines tiefsinnigen
Symbols, an denen sich umfassende Studien zur Friedhofsge-
schichte entwickeln.
Dementgegen wissen wir zur Struktur und Genese früher Anla-
gen nur sehr wenig, zumal vieles eher generalisierend von den
bedeutenden und vielbeschriebenen Bestattungsplätzen zu Herrn-
hut und Dessau abgeleitet wird. Seitdem beide Friedhöfe intensiv
erforscht und ihre auffallend übereinstimmenden Strukturen
erkannt worden sind, wird für klassische Friedhofsanlagen der Zeit
um 1800 stets der quadratische Grundriss, kombiniert mit einem
Wege- und zentralen Hochkreuz als allgemein verbindlich angese-
hen, wobei er je nach Bedarf, Größe und Ansehen der Anlage
durch einen Kapellen- oder Leichenhallenbau erweitert werden
konnte. Als vegetabile, aber ebenso fest definierte Versatzstücke
werden darüber hinaus zumeist Linden- oder Kastanienalleen
rekonstruiert, die nach allgemeiner Überzeugung alle markanten
Wegeachsen, v.a. aber das Hauptwegekreuz begleiteten. Von die-
sen Vorbildern geleitet, ließe sich das Bild des klassischen Friedho-
fes beliebig ergänzen, zumal romantische Grabbepflanzungen und
aufwendige Grabmalkunst literarisch ebenso für diese Zeit überlie-
fert wurden wie kolossale Bewässerungssysteme oder aber Erfri-
schungsbrunnen im Zentrum der Anlage.
Tatsächlich fehlen jedoch für die Vielzahl all dieser Details ein-
deutige Belege, da es sich bei den versuchten Rekonstruktionen
überwiegend um Rückschlüsse nach Dessau-Herrnhuter Vorbild
und daher nicht selten um Kreisschlüsse handelt; zum anderen ist
anhand der Entwurfspläne beider Anlagen vieles noch nicht
einmal im Ansatz zu ermitteln, was für den Friedhof des frühen
19. Jahrhunderts zur Grundausstattung gehörte.
Vorliegende Untersuchung hat es sich daher zum Ziel gesetzt,
ein sowohl archivalisch gestütztes als auch am Bestand entwickel-
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in einem Garten wird es wiedergefunden werden".
(Blaise Pascal)
Einleitung
Nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes
im April 1979 wurden auch die beiden kommunalen Friedhöfe
Osnabrücks, der Johannis- und der Hasefriedhof, im Jahr 1983
unter Schutz gestellt, wobei zunächst nur die vier ältesten Abtei-
lungen des Hasefriedhofes ausgewiesen wurden. Gemäß ihrer Ein-
stufung nach § 3.3 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes
wurden sie zusammen als „Gruppe baulicher Anlagen" erfasst, die
sich wortgemäß aus dem Konglomerat der Umfassungsmauern, des
Wegesystems, der Grabanlagen und der Friedhofsbauten rekru-
tiert; innerhalb dieser Flächenausweisung wurde einzig der Fried-
hofskapelle der Abteilung II nach § 3.2 NDSchG der Rang eines
Einzelbaudenkmals zugemessen.
Mit dem Ratsbeschluss vom 8.7.1980 war es zugleich projek-
tiert, den Hasefriedhof in mehreren Abstufungen seiner
Schließung und schließlich der Entwidmung im Jahr 2005
entgegenzuführen; Urnenbestattungen wurden demnach letzt-
mals im Jahr 1995 gestattet.
Angesichts des durch die Friedhofsschließung forcierten Über-
gangs hunderter privater Grabstätten an die Stadt Osnabrück als
neue Eigentümerin, sah sich das Land Niedersachsen bzw. das
damalige Institut für Denkmalpflege bald in der Pflicht, den Denk-
malschutz auf diejenigen Exemplare zu konzentrieren, die den
konkreten Anforderungen des Denkmalschutzgesetzes ent-
sprechen. Dies waren zunächst alle Wand- oder Mauergrabmale
als bauliche Besonderheit des Hasefriedhofs, aber auch diejenigen
freistehenden Grabmale im Inneren der Bestattungsflächen, „an
deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wis-
senschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches
Interesse besteht" (§ 3.2, NDSchG). Damit war zugleich ein
Arbeitsprojekt ins Leben gerufen worden, dessen Ziel in der Selek-
tion und Begründung historisch bedeutsamer Grabmalsubstanz
bestand.
Zur zeitnahen Bewältigung dieses umfassenden Inventa-
risationsprojektes wurde Ende 1986 ein Team aus einer Kunst-
historikerin, einem Steinmetz, einer Fotografin, einer Reprografin,
zwei Maurern und einer zeitweilig tätigen Schreibkraft zusammen-
gestellt, das bis Ende 1988 die „schützenswerte Substanz" des
Hasefriedhofes fotodokumentarisch und beschreibend erfasste.
Mit eingeschlossen wurden damals auch die beiden jüngsten
Friedhofsabteilungen V und VI, deren entwicklungs- und gartenhis-
torische Aussage für die Bedeutung der Gesamtanlage durch die
1992 als feste Institution neu eingerichtete Gartendenkmalpflege
erkannt und entsprechend unter Schutz gestellt wurde. So ent-
stand eine breitangelegte Kurzerfassung der Gesamtanlage „Hase-
friedhof", die Hunderte von Grabmalen in handschriftlichen Erfas-
sungsbögen und z.T. per EDV dokumentierte.
Dennoch blieben - von einigen wenigen Grunddaten ab-
gesehen - nicht nur wesentliche Fragen zur Entwicklungsgeschich-
te des Friedhofes unbeantwortet, sondern auch das gesamte Fra-
genspektrum zur historischen Bewertung und Einordnung der
Anlage bzw. ihres zugrundeliegenden Entwurfskonzeptes, ihres
Grabmalbestandes, des verwendeten Dekors, der zitierten Symbo-
lik u.v.a.m.
Erstaunlicherweise wird vor allem dem Grabmal, seiner Form
und Gestaltung besondere Aufmerksamkeit zuteil, wenn ein Fried-
hof zum Thema einer intensiveren Betrachtung avanciert; dabei
sind es fast immer die sowohl optisch als auch emotional anspre-
chenden Details einer anmutigen Freiplastik oder eines tiefsinnigen
Symbols, an denen sich umfassende Studien zur Friedhofsge-
schichte entwickeln.
Dementgegen wissen wir zur Struktur und Genese früher Anla-
gen nur sehr wenig, zumal vieles eher generalisierend von den
bedeutenden und vielbeschriebenen Bestattungsplätzen zu Herrn-
hut und Dessau abgeleitet wird. Seitdem beide Friedhöfe intensiv
erforscht und ihre auffallend übereinstimmenden Strukturen
erkannt worden sind, wird für klassische Friedhofsanlagen der Zeit
um 1800 stets der quadratische Grundriss, kombiniert mit einem
Wege- und zentralen Hochkreuz als allgemein verbindlich angese-
hen, wobei er je nach Bedarf, Größe und Ansehen der Anlage
durch einen Kapellen- oder Leichenhallenbau erweitert werden
konnte. Als vegetabile, aber ebenso fest definierte Versatzstücke
werden darüber hinaus zumeist Linden- oder Kastanienalleen
rekonstruiert, die nach allgemeiner Überzeugung alle markanten
Wegeachsen, v.a. aber das Hauptwegekreuz begleiteten. Von die-
sen Vorbildern geleitet, ließe sich das Bild des klassischen Friedho-
fes beliebig ergänzen, zumal romantische Grabbepflanzungen und
aufwendige Grabmalkunst literarisch ebenso für diese Zeit überlie-
fert wurden wie kolossale Bewässerungssysteme oder aber Erfri-
schungsbrunnen im Zentrum der Anlage.
Tatsächlich fehlen jedoch für die Vielzahl all dieser Details ein-
deutige Belege, da es sich bei den versuchten Rekonstruktionen
überwiegend um Rückschlüsse nach Dessau-Herrnhuter Vorbild
und daher nicht selten um Kreisschlüsse handelt; zum anderen ist
anhand der Entwurfspläne beider Anlagen vieles noch nicht
einmal im Ansatz zu ermitteln, was für den Friedhof des frühen
19. Jahrhunderts zur Grundausstattung gehörte.
Vorliegende Untersuchung hat es sich daher zum Ziel gesetzt,
ein sowohl archivalisch gestütztes als auch am Bestand entwickel-
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