Anmerkungen
1 Als erste, archäologisch nachgewiesene Bestattungen gelten diejenige des
homo sapiens neandertalensis, darunter auch die aufgrund ihrer archäobota-
nischen Befunde als sogenannte Blumengräber angesprochenen Niederle-
gungen. Hier trug „...vor allem der Nachweis, dass die Neandertaler ihre
Toten bestatteten, [...] entscheidend dazu bei, sie als menschliche Wesen zu
begreifen. Es wurden nicht nur einzelne, sondern auch Gruppen von Gräbern
entdeckt, die unter Umständen als kleine Friedhöfe zu verstehen sind...";
Archäologie in Deutschland 2/1998, 18.
2 So u.a. in Nürnberg bereits 1518/19, Fischer 1996, 10.
3 So argumentiert eine Quelle der Zeit um 1802 für eine Anlegung eines Gottes-
ackers vor dem Herrenteichstor, da der dafür ausgewählte Platz „... dem
Anschein nach nicht so gros als der jetzige Domhof" und zudem „... mehrere
Gartenwege durch denselben" führten. Der Schreiber plädiert daher dafür,
.. dass der sogenannte Gänse-Hof der schicklichste Platz dazu seyn werde";
StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
4 Eingabe vom 25. Sept. 1805; StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
5 v. Goethe 1809/1997, 138
6 Eingabe vom 12. Aug. 1806; StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
7 Wagner 1893, 16f. Vgl. auch die Eingabe vom 27. Mai 1808; StA Osnabrück,
Dep. 3 b V, Nr. 1682: „In Erwägung, dass die Kirchen [ ] hiesiger Stadt, die
weglassenen Leichensteinen mit Nutzen selbst gebrauchen können, habe ich
nichts dagegen, dass ihnen solche aus allen Kirchhöfen als Geschenk überlas-
sen werden, jedoch unter der Bedingung, dass sämtliche Steine, brauchbare
oder unbrauchbare bis zum 11ten Juni fortgeschafft, und die [durch] Weg-
nahme der Leichensteine an den Fußwegen der Kirchhöfe verursachten
Beschädigungen wieder hergestellt werden".
8 Unter dem Begriff der Leischaften sind zunächst Interessengenossenschaften
zu verstehen, die sich innerhalb der städtischen Viertel gruppierten, um das
vom Rat zur Weidewirtschaft zur Verfügung gestellte ländliche Umland Osna-
brücks zu nutzen, zu pflegen und zu unterhalten. Nach den Osnabrücker
Stadttoren, aus denen man das Vieh zur Weide hinaus trieb, sind die Heger-,
Herrenteichs-, Natruper-, Hase- und Martinianertorleischaft zu unterscheiden,
wobei der Name der Leischaft gleichermaßen auf die zugehörige Weide-
fläche übertragen wurde; als jüngste Leischaft trat schließlich die Neustädter
Leischaft hinzu. Mit Einsatz der neuen Regierung des Königreichs Westfalen
im Jahr 1808 gingen diese bislang lediglich zur Nutzung überlassenen
Flächen in das Eigentum der Leischaften über; Lehmann 1928, 14ff.
9 Zeitgleich zum neuen Hase- entstand auch der Johannis-Totenhof.
10 Jänecke 1913, 149f.
11 Jänecke 1913,148ff.; - Kämmerer 1986, 106f.
12 „Der Pächter bepflanzt dieses Land [gemeint ist ein 1835 neu hinzu erworbe-
nes Terrain; Anm. d. Verf.] gleich im ersten Jahre der Pacht mit 2 Reihen
Obstbäumen und richtet das Land zu einer Promende ein, welche von
Unkraut und Buschwerk reingehalten werden muß"; Schmitz 1986, 12; StA
Osnabr., Dep. 3 b IV, Nr. 6023. Bereits 1844 erfolgt innerhalb der Anlagen
am Gertrudenberg die „Erbreiterung sämtlicher Wege" und die „Anpflan-
zung in der neuen Anlage", wobei hier explizit Birnbäume für den Bergauf-
gang, Rotdorn, Apfel- und Kirschbäume, Ulme und Ahorn genannt werden;
Schmitz, 1986, 15; StA Osnabr., Dep. 3 b IV, Nr. 6023.
13 Vgl. Schmitz 1986, S. 5ff.
14 Dies hinderte die gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Hofhausge-
sellschaft jedoch nicht daran Beschwerde einzureichen, als sich mit dem steti-
gen Friedhofsausbau der Bestattungsplatz allmählich der Grenze des Hof-
hausareals näherte. Anlaß zur Beschwerde gab vor allem die Lage der
Gaststätte, da sie der neue „Leichhof“ nunmehr an zwei Seiten umklamme-
re; Eingabe vom 4. Sept. 1897, StA Osnabr., Dep. 3 b V, Nr. 1725.
15 Hermann Schröder um 1920; zit. bei Schröder 1995, 76.
16 Schmitz 1986, 35ff.
17 Kämmerer 1986, 110.
18 Eine Quelle des Jahres 1747 verdeutlicht, dass alle Gräber bis zu diesem Zeit-
punkt eben und ohne Grabstein geblieben waren: „Wenn doch Leichensteine
gelegt würden.... und man den Anfang damit machen solle, um Schrift dar-
auf hauen zu lassen, so soll die Inschrift kurz und simpel sein, z. Beispiel A.
TILLIN 4.10.1746..."; zit. bei Rietschel 1984, 80.
19 Dem widerspricht allerdings die sog. Gottesacker-Ordnung, die noch heute
Bestand hat: „...Grabeinfassungen in jeder Form aus Eisen, Holz, Stein oder
anderen Materialien sind nicht gestattet...das Anlegen von Grüften, Aufstel-
len von Grabdenkmalen und die Anlage von Familiengräbern kann nicht
erlaubt werden"; Rietschel 1984, 82.
20 Zinzendorf 1757; zit. in Richter 1985, 34.
21 Flegeljahre, erschienen 1804/1805.
22 Hacker 1795-1798, zit. in Rietschel 1984, 86.
23 „Wir erinnern uns jener Veränderung, welche Charlotte mit dem Kirchhofe
vorgenommen hatte. Die sämmtlichen Monumente waren von ihrer Stelle
gerückt und hatten an der Mauer, an dem Sockel der Kirche Platz gefunden.
Der übrige Raum war geebnet. Außer einem breiten Wege, der zur Kirche
und an derselben vorbei zu dem jenseitigen Pförtchen führte, war das übrige
alles mit verschiedenen Arten Klee besäet, der auf das schönste grünte und
blühte. Sogar der betagte und an alten Gewohnheiten haftende Geistliche.
[...] hatte nunmehr seine Freude daran, wenn er unter den alten Linden,
gleich Philemon, [...], statt der holprigen Grabstätten einen schönen bunten
Teppich vor sich sah..."; v. Goethe 1809/1997, 138.
24 So explizit Chr. Rietschel, nach dessen Auffassung „es keine Frage sein [dürf-
te; Anm. d. Verf.], dass Goethe, [...], sich bei der Schilderung der Verbesse-
rung eines dörflichen Kirchhofes in seinem Roman „Wahlverwandschaften"
von Herrnhutischen Vorstellungen hat leiten lassen"; Rietschel 1984, 86. Ihm
folgt in dieser Auffassung auch G.Richter; Richter 1984, 37. Dementgegen
formuliert N. Fischer genau das Gegenteil, insofern er in der erzählten Kirch-
hof-Umgestaltung vielmehr eine Umsetzung des Dessauer Prinzips erkennt;
Fischer 1996, 24.
25 „Das reine Gefühl einer endlichen allgemeinen Gleichheit, wenigstens nach dem
Tode, scheint mir beruhigender als dieses starre Fortsetzen unserer Persönlich-
keiten, Anhänglichkeiten und Lebensverhältnisse"; v. Goethe 1809/1997, 140.
26 „Wenn die Glieder einer Gemeinde reihenweise neben einander liegen, so
ruhen sie bei und unter den ihrigen; und wenn die Erde uns einmal aufneh-
men soll, so finde ich nichts natürlicher und reinlicher, als dass man die zufäl-
lig entstandenen, nach und nach zusammensinkenden Hügel ungesäumt ver-
gleiche und so die Decke, indem alle sie tragen, einem jeden leichter
gemacht werde. [...] nicht vom Andenken, nur vom Platze soll man sich los-
sagen [...] und deswegen wünschte ich gut gedachte, gut ausgeführte
Monumente, nicht einzeln und zufällig ausgesät, sondern an einem Orte auf-
gestellt, wo sie sich Dauer versprechen können"; v. Goethe 1809/1997, 141.
27 Vgl. den Grundrißplan von 1747, z.B. Rietschel 1984, 81.
28 Rietschel 1984, 80.
29 Zur Verwirrung hat die besagte, nicht immer eindeutig interpretierte Textpas-
sage aus Goethes Wahlverwandtschaften beigetragen. Ihr wird eine beson-
dere Bedeutung zugemessen, da die Beziehungen Goethes nach Dessau
ebenso eindeutig sind wie auch seine Bewunderung für die Herrnhuter
Gemeinde, deren Lebensauffassung er durch Susanna Katharina von Kletten-
berg kennenlernte. Während ihrer Besuche im elterlichen Hause brachte sie
dem 1768 schwer erkrankten und nach seiner Genesung nach neuen Inhal-
ten suchenden jungen Goethe die Frömmigkeitsbewegung der Herrnhuter
derart nahe, dass er nicht nur ihre Geschichte und Lehre studierte, sondern
noch 1769 und 1772 der Brüderngemeinde in Marienborn einen Besuch
abstattete. 1776 trat Goethe bei einem Besuch auf Schloß Barby an der Elbe,
dem Verwaltungszentrum der Brüder-Unität, zum zweiten und letzten Mal in
engen Kontakt mit der Gemeinde. In innerer Verbundenheit hat er ihr
schließlich in seinem autobiographischen Rückblick „Dichtung und Wahrheit"
Bd. 15 ein bleibendes Denkmal gesetzt. Diese Wertschätzung der Herrnhuter
und des Grafen von Zinzendorf gaben augenscheinlich Anlaß, in Goethes
Worten in den Wahlverwandtschaften eine detaillierte Beschreibung der
Herrnhuter Anlagen zu vermuten, ohne dass nachzuweisen wäre, welcher
der beiden Phasen er seine Ausführungen widmete:
Im Gespräch Charlottes mit dem Architekten wird zunächst das Für und
Wider von Grabmalen und ihrer Aufstellung am Grab abgewogen; beide
sprechen sich zugleich für gärtnerisch schlichte Begräbnisse aus, wie sie für
Herrnhut charakteristisch sind. Außerhalb dieser Diskussion steht jedoch
Charlottes Initiative zur Umgestaltung des dörflichen Kirchfriedhofes, dessen
Grabsteine sie an die Außenmauer der Kirche versetzte, während sie die alte
Bestattungsfläche mit Klee besäte. Dies entspricht dem gängigen Trend zur
Umgestaltung enger Kirchfriedhöfe, wie wir ihn auch für Osnabrück belegen
und vermutlich auf die um sich greifende Entwicklung zum Friedhof als Ruhe-
garten zurückführen können, der in ersten Tendenzen um 1750/60 auch Ein-
zug auf dem Herrnhuter Gottesacker fand; es ist damit jedoch nicht belegt,
dass auch der dortige ursprüngliche Gottesacker heiter gestaltet, also bereits
ein klassischer Ruhegarten war. In der Tat hatte Goethe Herrnhut niemals
besucht, auch wenn sein innigster Wunsch war „Herrnhut in seinr Individua-
lität zu sehen" (08.08.1822): vgl. Raabe 1999, 76.
30 Nicht immer wird jedoch zu dieser Zeit zwischen Gottesacker und Ruhegar-
ten derart exakt unterschieden, wie dies u.a. J. M. Voits Schrift „Über die
Anlegung und Umwandlung der Gottesäcker in heitere Ruhegärten der
Abgeschiedenen" von 1825 nahelegt.
31 „In betreff der Grüfte, der Gräber und ihrer Verzierungen macht man jetzt
im Allgemeinen besonders auf den neu angelegten Kirchhöfen, die sich
schon durch eine freundliche Lage auszeichnen, die erfreuende Bemerkung,
dass die düsteren Vorstellungen und Bilder vom Tode immer mehr verschwin-
den, und heitere an ihre Stelle treten"; Hohlfeld 1826, 15.
32 „[....] Die meisten Familiengräber sind mit etwas gedämpften Farben ange-
strichen und mit einfachen Verzierungen versehen, wozu auch die lebenden
Pflanzen gehören"; Hohlfeld 1826, 15.
33 Langenbach 1987, 141.
34 Wie im deutschsprachigen Raum so wurde auch andernorts und vor allem in
Frankreich nach neuen Friedhofsformen gesucht. Es erstaunt, dass fast alle
Entwürfe (auch Utopien) auf einer einheitlichen Grundvorstellung des moder-
nen Bestattungsplatzes zu basieren scheinen; dementsprechend wurde fast
immer an der Tradition festgehalten, das vornehme Grab - gemäß der Epita-
phienplazierung an den Kirchwänden - als Wandgrab zu gestalten. So ent-
stehen auch im Frankreich des 18. Jahrhunderts Konzeptionen, die die geho-
benen Bestattungen mitsamt ihrer Grabmale an die Innenwand der äußeren
Umfassungsmauer plazieren, während der innere Bereich Reihenbestattun-
gen der niederen Art vorbehalten blieb. Hier erstreckt sich „... ein weitläufi-
ger, begrünter und baumbestandener Bezirk: [...] mit Bäumen, Sträuchern
und Blumen bepflanzt. Die Harmonie des Friedhofes wird von der Schönheit
seiner Grabmonumente und Gärten verbürgt. [...] Kurz, dieser Friedhof bietet
sich dem Blick als eine Reihe von mit Denkmälern geschmückten Galerien in
einem großen Garten dar."; Aries 1972/1993, 368.
35 „Hier siehst Du die urnenartige Gestalt vieler Denksteine, mit ihren auf den
Tod sich beziehenden Abbildungen, dort gesenkte Figuren und umflorte
56
1 Als erste, archäologisch nachgewiesene Bestattungen gelten diejenige des
homo sapiens neandertalensis, darunter auch die aufgrund ihrer archäobota-
nischen Befunde als sogenannte Blumengräber angesprochenen Niederle-
gungen. Hier trug „...vor allem der Nachweis, dass die Neandertaler ihre
Toten bestatteten, [...] entscheidend dazu bei, sie als menschliche Wesen zu
begreifen. Es wurden nicht nur einzelne, sondern auch Gruppen von Gräbern
entdeckt, die unter Umständen als kleine Friedhöfe zu verstehen sind...";
Archäologie in Deutschland 2/1998, 18.
2 So u.a. in Nürnberg bereits 1518/19, Fischer 1996, 10.
3 So argumentiert eine Quelle der Zeit um 1802 für eine Anlegung eines Gottes-
ackers vor dem Herrenteichstor, da der dafür ausgewählte Platz „... dem
Anschein nach nicht so gros als der jetzige Domhof" und zudem „... mehrere
Gartenwege durch denselben" führten. Der Schreiber plädiert daher dafür,
.. dass der sogenannte Gänse-Hof der schicklichste Platz dazu seyn werde";
StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
4 Eingabe vom 25. Sept. 1805; StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
5 v. Goethe 1809/1997, 138
6 Eingabe vom 12. Aug. 1806; StA Osnabrück, Dep. 3 b V, Nr. 1682.
7 Wagner 1893, 16f. Vgl. auch die Eingabe vom 27. Mai 1808; StA Osnabrück,
Dep. 3 b V, Nr. 1682: „In Erwägung, dass die Kirchen [ ] hiesiger Stadt, die
weglassenen Leichensteinen mit Nutzen selbst gebrauchen können, habe ich
nichts dagegen, dass ihnen solche aus allen Kirchhöfen als Geschenk überlas-
sen werden, jedoch unter der Bedingung, dass sämtliche Steine, brauchbare
oder unbrauchbare bis zum 11ten Juni fortgeschafft, und die [durch] Weg-
nahme der Leichensteine an den Fußwegen der Kirchhöfe verursachten
Beschädigungen wieder hergestellt werden".
8 Unter dem Begriff der Leischaften sind zunächst Interessengenossenschaften
zu verstehen, die sich innerhalb der städtischen Viertel gruppierten, um das
vom Rat zur Weidewirtschaft zur Verfügung gestellte ländliche Umland Osna-
brücks zu nutzen, zu pflegen und zu unterhalten. Nach den Osnabrücker
Stadttoren, aus denen man das Vieh zur Weide hinaus trieb, sind die Heger-,
Herrenteichs-, Natruper-, Hase- und Martinianertorleischaft zu unterscheiden,
wobei der Name der Leischaft gleichermaßen auf die zugehörige Weide-
fläche übertragen wurde; als jüngste Leischaft trat schließlich die Neustädter
Leischaft hinzu. Mit Einsatz der neuen Regierung des Königreichs Westfalen
im Jahr 1808 gingen diese bislang lediglich zur Nutzung überlassenen
Flächen in das Eigentum der Leischaften über; Lehmann 1928, 14ff.
9 Zeitgleich zum neuen Hase- entstand auch der Johannis-Totenhof.
10 Jänecke 1913, 149f.
11 Jänecke 1913,148ff.; - Kämmerer 1986, 106f.
12 „Der Pächter bepflanzt dieses Land [gemeint ist ein 1835 neu hinzu erworbe-
nes Terrain; Anm. d. Verf.] gleich im ersten Jahre der Pacht mit 2 Reihen
Obstbäumen und richtet das Land zu einer Promende ein, welche von
Unkraut und Buschwerk reingehalten werden muß"; Schmitz 1986, 12; StA
Osnabr., Dep. 3 b IV, Nr. 6023. Bereits 1844 erfolgt innerhalb der Anlagen
am Gertrudenberg die „Erbreiterung sämtlicher Wege" und die „Anpflan-
zung in der neuen Anlage", wobei hier explizit Birnbäume für den Bergauf-
gang, Rotdorn, Apfel- und Kirschbäume, Ulme und Ahorn genannt werden;
Schmitz, 1986, 15; StA Osnabr., Dep. 3 b IV, Nr. 6023.
13 Vgl. Schmitz 1986, S. 5ff.
14 Dies hinderte die gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Hofhausge-
sellschaft jedoch nicht daran Beschwerde einzureichen, als sich mit dem steti-
gen Friedhofsausbau der Bestattungsplatz allmählich der Grenze des Hof-
hausareals näherte. Anlaß zur Beschwerde gab vor allem die Lage der
Gaststätte, da sie der neue „Leichhof“ nunmehr an zwei Seiten umklamme-
re; Eingabe vom 4. Sept. 1897, StA Osnabr., Dep. 3 b V, Nr. 1725.
15 Hermann Schröder um 1920; zit. bei Schröder 1995, 76.
16 Schmitz 1986, 35ff.
17 Kämmerer 1986, 110.
18 Eine Quelle des Jahres 1747 verdeutlicht, dass alle Gräber bis zu diesem Zeit-
punkt eben und ohne Grabstein geblieben waren: „Wenn doch Leichensteine
gelegt würden.... und man den Anfang damit machen solle, um Schrift dar-
auf hauen zu lassen, so soll die Inschrift kurz und simpel sein, z. Beispiel A.
TILLIN 4.10.1746..."; zit. bei Rietschel 1984, 80.
19 Dem widerspricht allerdings die sog. Gottesacker-Ordnung, die noch heute
Bestand hat: „...Grabeinfassungen in jeder Form aus Eisen, Holz, Stein oder
anderen Materialien sind nicht gestattet...das Anlegen von Grüften, Aufstel-
len von Grabdenkmalen und die Anlage von Familiengräbern kann nicht
erlaubt werden"; Rietschel 1984, 82.
20 Zinzendorf 1757; zit. in Richter 1985, 34.
21 Flegeljahre, erschienen 1804/1805.
22 Hacker 1795-1798, zit. in Rietschel 1984, 86.
23 „Wir erinnern uns jener Veränderung, welche Charlotte mit dem Kirchhofe
vorgenommen hatte. Die sämmtlichen Monumente waren von ihrer Stelle
gerückt und hatten an der Mauer, an dem Sockel der Kirche Platz gefunden.
Der übrige Raum war geebnet. Außer einem breiten Wege, der zur Kirche
und an derselben vorbei zu dem jenseitigen Pförtchen führte, war das übrige
alles mit verschiedenen Arten Klee besäet, der auf das schönste grünte und
blühte. Sogar der betagte und an alten Gewohnheiten haftende Geistliche.
[...] hatte nunmehr seine Freude daran, wenn er unter den alten Linden,
gleich Philemon, [...], statt der holprigen Grabstätten einen schönen bunten
Teppich vor sich sah..."; v. Goethe 1809/1997, 138.
24 So explizit Chr. Rietschel, nach dessen Auffassung „es keine Frage sein [dürf-
te; Anm. d. Verf.], dass Goethe, [...], sich bei der Schilderung der Verbesse-
rung eines dörflichen Kirchhofes in seinem Roman „Wahlverwandschaften"
von Herrnhutischen Vorstellungen hat leiten lassen"; Rietschel 1984, 86. Ihm
folgt in dieser Auffassung auch G.Richter; Richter 1984, 37. Dementgegen
formuliert N. Fischer genau das Gegenteil, insofern er in der erzählten Kirch-
hof-Umgestaltung vielmehr eine Umsetzung des Dessauer Prinzips erkennt;
Fischer 1996, 24.
25 „Das reine Gefühl einer endlichen allgemeinen Gleichheit, wenigstens nach dem
Tode, scheint mir beruhigender als dieses starre Fortsetzen unserer Persönlich-
keiten, Anhänglichkeiten und Lebensverhältnisse"; v. Goethe 1809/1997, 140.
26 „Wenn die Glieder einer Gemeinde reihenweise neben einander liegen, so
ruhen sie bei und unter den ihrigen; und wenn die Erde uns einmal aufneh-
men soll, so finde ich nichts natürlicher und reinlicher, als dass man die zufäl-
lig entstandenen, nach und nach zusammensinkenden Hügel ungesäumt ver-
gleiche und so die Decke, indem alle sie tragen, einem jeden leichter
gemacht werde. [...] nicht vom Andenken, nur vom Platze soll man sich los-
sagen [...] und deswegen wünschte ich gut gedachte, gut ausgeführte
Monumente, nicht einzeln und zufällig ausgesät, sondern an einem Orte auf-
gestellt, wo sie sich Dauer versprechen können"; v. Goethe 1809/1997, 141.
27 Vgl. den Grundrißplan von 1747, z.B. Rietschel 1984, 81.
28 Rietschel 1984, 80.
29 Zur Verwirrung hat die besagte, nicht immer eindeutig interpretierte Textpas-
sage aus Goethes Wahlverwandtschaften beigetragen. Ihr wird eine beson-
dere Bedeutung zugemessen, da die Beziehungen Goethes nach Dessau
ebenso eindeutig sind wie auch seine Bewunderung für die Herrnhuter
Gemeinde, deren Lebensauffassung er durch Susanna Katharina von Kletten-
berg kennenlernte. Während ihrer Besuche im elterlichen Hause brachte sie
dem 1768 schwer erkrankten und nach seiner Genesung nach neuen Inhal-
ten suchenden jungen Goethe die Frömmigkeitsbewegung der Herrnhuter
derart nahe, dass er nicht nur ihre Geschichte und Lehre studierte, sondern
noch 1769 und 1772 der Brüderngemeinde in Marienborn einen Besuch
abstattete. 1776 trat Goethe bei einem Besuch auf Schloß Barby an der Elbe,
dem Verwaltungszentrum der Brüder-Unität, zum zweiten und letzten Mal in
engen Kontakt mit der Gemeinde. In innerer Verbundenheit hat er ihr
schließlich in seinem autobiographischen Rückblick „Dichtung und Wahrheit"
Bd. 15 ein bleibendes Denkmal gesetzt. Diese Wertschätzung der Herrnhuter
und des Grafen von Zinzendorf gaben augenscheinlich Anlaß, in Goethes
Worten in den Wahlverwandtschaften eine detaillierte Beschreibung der
Herrnhuter Anlagen zu vermuten, ohne dass nachzuweisen wäre, welcher
der beiden Phasen er seine Ausführungen widmete:
Im Gespräch Charlottes mit dem Architekten wird zunächst das Für und
Wider von Grabmalen und ihrer Aufstellung am Grab abgewogen; beide
sprechen sich zugleich für gärtnerisch schlichte Begräbnisse aus, wie sie für
Herrnhut charakteristisch sind. Außerhalb dieser Diskussion steht jedoch
Charlottes Initiative zur Umgestaltung des dörflichen Kirchfriedhofes, dessen
Grabsteine sie an die Außenmauer der Kirche versetzte, während sie die alte
Bestattungsfläche mit Klee besäte. Dies entspricht dem gängigen Trend zur
Umgestaltung enger Kirchfriedhöfe, wie wir ihn auch für Osnabrück belegen
und vermutlich auf die um sich greifende Entwicklung zum Friedhof als Ruhe-
garten zurückführen können, der in ersten Tendenzen um 1750/60 auch Ein-
zug auf dem Herrnhuter Gottesacker fand; es ist damit jedoch nicht belegt,
dass auch der dortige ursprüngliche Gottesacker heiter gestaltet, also bereits
ein klassischer Ruhegarten war. In der Tat hatte Goethe Herrnhut niemals
besucht, auch wenn sein innigster Wunsch war „Herrnhut in seinr Individua-
lität zu sehen" (08.08.1822): vgl. Raabe 1999, 76.
30 Nicht immer wird jedoch zu dieser Zeit zwischen Gottesacker und Ruhegar-
ten derart exakt unterschieden, wie dies u.a. J. M. Voits Schrift „Über die
Anlegung und Umwandlung der Gottesäcker in heitere Ruhegärten der
Abgeschiedenen" von 1825 nahelegt.
31 „In betreff der Grüfte, der Gräber und ihrer Verzierungen macht man jetzt
im Allgemeinen besonders auf den neu angelegten Kirchhöfen, die sich
schon durch eine freundliche Lage auszeichnen, die erfreuende Bemerkung,
dass die düsteren Vorstellungen und Bilder vom Tode immer mehr verschwin-
den, und heitere an ihre Stelle treten"; Hohlfeld 1826, 15.
32 „[....] Die meisten Familiengräber sind mit etwas gedämpften Farben ange-
strichen und mit einfachen Verzierungen versehen, wozu auch die lebenden
Pflanzen gehören"; Hohlfeld 1826, 15.
33 Langenbach 1987, 141.
34 Wie im deutschsprachigen Raum so wurde auch andernorts und vor allem in
Frankreich nach neuen Friedhofsformen gesucht. Es erstaunt, dass fast alle
Entwürfe (auch Utopien) auf einer einheitlichen Grundvorstellung des moder-
nen Bestattungsplatzes zu basieren scheinen; dementsprechend wurde fast
immer an der Tradition festgehalten, das vornehme Grab - gemäß der Epita-
phienplazierung an den Kirchwänden - als Wandgrab zu gestalten. So ent-
stehen auch im Frankreich des 18. Jahrhunderts Konzeptionen, die die geho-
benen Bestattungen mitsamt ihrer Grabmale an die Innenwand der äußeren
Umfassungsmauer plazieren, während der innere Bereich Reihenbestattun-
gen der niederen Art vorbehalten blieb. Hier erstreckt sich „... ein weitläufi-
ger, begrünter und baumbestandener Bezirk: [...] mit Bäumen, Sträuchern
und Blumen bepflanzt. Die Harmonie des Friedhofes wird von der Schönheit
seiner Grabmonumente und Gärten verbürgt. [...] Kurz, dieser Friedhof bietet
sich dem Blick als eine Reihe von mit Denkmälern geschmückten Galerien in
einem großen Garten dar."; Aries 1972/1993, 368.
35 „Hier siehst Du die urnenartige Gestalt vieler Denksteine, mit ihren auf den
Tod sich beziehenden Abbildungen, dort gesenkte Figuren und umflorte
56