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Krumm, Carolin; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Hasefriedhof in Osnabrück: der Friedhof als Garten ; zur Entstehung, Konzeption und Entwicklung des Osnabrücker Friedhofes in der Hasetorvorstadt — Hameln: Niemeyer, Heft 19.2000

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51268#0024
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höfe deutlich Übeschritt. So werden allein für die Anfertigung
eines „schmiedeeisernen Thores" 120 Mark, für „3 Zapfstellen zur
Wasserentnahme" 45 Mark, für die „Herstellung der Anlagen,
Anpflanzungen, Blumenbeete etc., Beschaffung der Bäume und
Sträucher" 700 Mark, „für etwaige Trainirung, Anlage gepflaster-
ter Gassen, Anschaffung und Aufstellung einiger Ruhebänke, für
alle unvorhergesehenen, kleineren Arbeiten und zur Abrundung"
des Ganzen 890 Mark 20 vorgesehen129. Sehr eindeutig war man
demnach darauf bedacht, den neuen Friedhof nicht allmählich und
in kleineren Schritten, sondern in einem Zuge als ausgestaltete
Gartenfläche anzulegen, als man 1897 zur Umsetzung schritt130.
Über die ursprüngliche Wirkung dieser Anlage ist einiges der
Aufstellung der „Erbbegräbnissplätze auf dem V. Hasetodtenhof"
zu entnehmen, wo neben den obligatorischen Mauergräbern auch
etliche Erbbegräbnisse beidseitig der Allee, „den schrägen Wegen
beim Eingang links" und rechts, beim „Rundteil" und „vor den
Anlagen nordwestlich", und damit zahlreiche die Gesamtanlage
gestaltende Einzelaspekte als bevorzugte und sich optisch abset-
zende Lageanordnungen benannt werden131. Dementgegen wur-
den die von den Erbbegräbnissen weitgehend ausgesparten Bin-
nenbereiche wiederum als freie Flächen den Reihengrabfeldern
vorbehalten, deren Gräber jedoch jetzt mit kleinformatigen Stei-
nen belegt werden müssen132. Nach den obigen Ausführungen,
aber auch dem illustrierenden Plan (Ausschnitt Abb. 19) zu fol-
gern, scheinen Bestattungen im nördlichen Grüngürtel zunächst
nicht intendiert gewesen zu sein133, so dass dieser Bereich mitsamt
seines von sechs Linden und Lärchen umstellten Brunnenrondells
einzig der optischen Abrundung und als Stätte der Ruhe fungierte.
Dementsprechend finden wir sowohl beidseitig des Rondells als
auch losgelöst von diesem drei weitere „Nischenplätze" in lockerer
Reihung dieser Begrünung (u.a. Fichten) integriert, die als kleine
geschwungene Aussparungen inmitten des Grüns und mit Ruhe-
bänken und Becken bestellt eindeutig als intimere Bereiche, als
Rückzugspunkte aus dem Friedhofsgeschehen zu interpretieren
sind. Ansonsten beschränken sich die gestalterisch-gärtnerischen
Eingriffe v.a. auf den Eingangsbereich, wo am Übergang zur vier-
ten Abteilung ein halbkreisförmiger, von vier noch heute bestehen-
den Linden und Bänken akzentuierter Platz ein repräsentatives Ent-
ree sicherte (Ausschnitt Abb. 18). So schlossen sich hinter den im
Halbrund gesetzten Linden vier durch Lilienmotive ausgesprochen
dekorativ ausgestaltete Teppichbeete aus immergrüner Rahmung
und blühender Binnenbepflanzung an, deren Motivik stark an ioni-
sche Kymata erinnert134. Diesen Beeten entsprachen in Zuschnitt
und Radialanordnung wiederum vier etwas kleiner proportionierte
Anlagen, die in ihrer Lage den heutigen sog. Rundteilen entspre-
chen. Aus der Art ihrer farbigen Anlage auf den historischen Plä-
nen zu schließen waren sie ursprünglich als kleine trapezoide
Rasenflächen mit massiver Rückwand mit möglicherweise vorsprin-
gendem Wasserbecken geplant, denen am anderen Ende kleinere
Nischenarchitekturen gegenüberstanden. Ob es sich hierbei jedoch
um gestalterisch festgelegte Erbbegräbnisse oder aber stereotype
Ruheplätze, reine Entwürfe oder aber Umsetzungen handelte, ist
nicht sicher nachzuweisen, obwohl sie in den Akten als „Platz der
als Anlage gedacht ist und auf dem nicht begraben wird"135
beschrieben werden. Leider sind anhand eines zugehörigen Brief-
wechsels136 keine exakteren Angaben über die Aufstellung von pri-
vaten und öffentlichen Bänken zu eruieren, da die beigefügte Skiz-
ze zu verzerrt ausfällt, um entscheiden zu können, ob mit dem
anvisierten Bankstandort die trapezoiden Beete oder aber die form-
gleichen Ruheplätze angesprochen sind137; in jedem Fall waren
diese fraglichen Flächen zunächst schlicht mit Rasen eingesät und
wurden erst später als Rosenbeete und Schmuckanlagen gestaltet.
Von der historischen Bepflanzung hat sich bis heute nur noch
sehr wenig erhalten, sieht man von den rekonstruierenden Pflan-
zungen der Nachkriegszeit sowie siebziger und achtziger Jahre ab;
damals wurde v.a. die zehn Lindenpaare umfassende Mittelallee
und die nördliche Rondellrahmung neu gesetzt, wobei unklar
bleibt, warum man sich in beiden Fällen für die aktuelle Lösung
entschied. Denn anstelle der ursprünglich 23 Lindenpaare und

eines Tannenpaares zu Seiten der breiten Mittelachse138 entschied
man sich nach deren Fällung139 für eine wesentlich lockerere Baum-
stellung von insgesamt zehn Lindenpaaren, so dass der alleeartige
Charakter niemals in der einstigen Form wiedergewonnen werden
wird. Auch fehlen für die halbkreisförmige Setzung von neuen Lin-
den als Rahmung des nördlichen Wasserbassins in dieser Form
Belege; zum einen handelte es sich bei dieser Baumsetzung um
Lärchen im Wechsel mit einer Thujahecke140, zum anderen fungier-
ten diese nur als Hintergrundfolie eines lockeren, sechs Linden
umfassenden Baumkreises um das Bassin, der jedoch nicht nach-
gepflanzt wurde.
Zum Altbestand (s. Plan 1) gehören daher nur noch die vier
den Übergang zur vierten Abteilung markierenden Linden, eine
von urspünglich zwei die Durchfahrt flankierenden Buchen (Fagus
sylvatica pendula) und drei Linden als Akzentuierung der Radialwe-
ge; anders verhält es sich bei den eindeutig nicht auf Wegführun-
gen ausgerichteten Buchen und Hainbuchen (Fagus sylvatica pen-
dula, Carpinus betulus), Ahornen (Acer Pseudoplatanus), Linden
(Tilia spec.) und Eschen (Fraxinus excelsior pendula) im Bereich des
nördlichen Grünstreifens, die fast durchweg als historischer Altbe-
stand einzuschätzen sind, wobei sich einiges davon als Selbstaus-
saat in jüngerer Zeit vermehrt haben dürfte: So belegt ein Blick
auf die 1998 erstellte Bestandsaufnahme des Friedhofes141 (Plan 2)
im Vergleich mit dem Entwurfsplan zur Friedhofserweiterung um
die sechste Abteilung142, dass dieser Bestand dem ursprünglichen
Verlauf des den Friedhof nördlich begrenzenden Süntelbach folgt,
der in ost-westlicher Richtung südlich des Süntelberges verlief. Er
bildete unmittelbar nördlich des Hofhauses eine kleine teichartige
Verbreiterung aus, folgte in seinem weiteren Verlauf parallel zur
fünften Abteilung der Führung der alten Kornstraße als eigentliche
Grenze des Friedhofareals und lief hinter der fünften Abteilung in
einem flachen Bogen in das Gebiet der späteren sechsten Abtei-
lung hinein143; auf diese Biegung von Bach und bachbegleitendem
Grün nahm zwangsläufig auch die Trennmauer zwischen fünfter
und sechster Abteilung Bezug, die demzufolge kürzer ausfiel als es
die eigentliche Längenerstreckung der Abteilung nahelegt und
daher - nach Zuschüttung des Süntelbaches und Einbezug der
gesamten Talauenfläche in das Friedhofsareal - eine räumliche
Verbindung beider Abteilungen sicherstellte.
Ob diese den Bachlauf begleitende Vegetation im Zuge der
Friedhofserweiterung aufgeforstet oder in ihren Bestand einbezo-
gen wurde, war nicht zu ermitteln. In jedem Falle wird man zum
Zeitpunkt der Verrohrung zugleich eine Geländeaufschüttung vor-
genommen haben, so dass sich die Fließrichtung des Baches
änderte144; zwangsläufig sind mit einer derartigen Bodenerhöhung
auch Neupflanzungen verbunden.
Insgesamt scheint die historische Bepflanzung dieser Abteilung
damit jedoch genau den oben genannten gesundheitspolizeilichen
Anforderungen des Jahres 1892 zu entsprechen, die nach den
damaligen Vorstellungen eine einerseits üppige als auch lockere
Bepflanzung als Grundvoraussetzung für eine optimale Leichenzer-
setzung forderten145; so wurde explizit der nördliche Grünstreifen
mitsamt des einbeschriebenen Brunnenrondells einerseits als
ästhetische Abrundung des Gesamtkonzeptes, gleichermaßen
jedoch auch als hygienisch notwendige Maßnahme begriffen146.
Als abzulesen war, dass auch die Belegungskapazität dieser
Abteilung erschöpft war, zog man wohl nur kurzfristig eine
westlich anschließende Erweiterung in Betracht: Wie eine in den
kolorierten Entwurfsplan von 1897 sehr flüchtig eingetragene
Bleistiftskizze belegt, war man hier bemüht, in den Formen land-
schaftlicher Planungen zu erweitern. Man entschied sich daher
für einen bogig geführten Weg, der in der Höhe des nördlichen
Rondells beginnend in einen der bereits bestehenden Nischen-
plätze einmünden sollte und über einen Querweg an die Apside
anband. Warum diese Idee keine Umsetzung fand, war aus den
Akten nicht ersichtlich; möglicherweise scheiterte das Vorhaben
am Grundstückserwerb, da sich die zu bebauende Fläche im
Besitz des florierenden Hofhauses befand. Die Erweiterungsstra-
tegien konzentrierten sich daher auf den einzig noch verfügbaren

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