Archäologie
Spuren deuten - Frühe Montanwirtschaft im Harz
Lothar Klappauf
Die Bedeckung des heutigen Harzes zum größten Teil mit Wald
führte mit dazu, dass die darunter verborgenen Bodendenkmale
im Gegensatz zu den oftmals weithin sichtbaren Zeugen des
jüngeren Bergbaus meist nur recht periphere Beachtung fanden.
Ebenso wird zwar immer wieder auf die vom Berg- und Hütten-
wesen verursachten Umweltschäden hingewiesen, doch bleibt es
zumindest für die frühe Montangeschichte meist bei allgemeinen
Aussagen. Museale Präsentationen beschränkten sich bis in die
jüngste Zeit auf die Neuzeit. Dass sich nachweisbar bereits die
Aktivitäten des frühmittelalterlichen Berg- und Hüttenmannes
massiv auf die Umwelt ausgewirkt haben, wird jedoch gerade in
den letzten Jahren immer deutlicher (Hillebrecht 1989. Schwarz
1997). Die Umweltsünden des „Alten Mannes", also des frühen
Berg- und auch Hüttenmannes, wie sie unter anderem bei der
Analyse von Bachsedimenten deutlich werden, helfen heute Berg-
bau- und Verhüttungsspuren im Gelände zu finden.
In menschlichem Skelettmaterial des 17./18. Jahrhunderts
vom Brüdernkloster in Goslar (vgl. Beiträge von S. Hummel,
H. Schutkowski, A. Fabig, B. Herrmann und B. Bramanti) lassen
sich deutlich erhöhte Schwermetallwerte nachweisen. Zudem sor-
gen gerade die Schwermetallionen für eine hervorragende Konser-
vierung organischer Reste auf Schmelzplätzen, die auch dadurch
zu einem Bodenarchiv ganz besonderer Qualität werden und die
Rekonstruktion sowohl der historischen Vegetation als auch des
menschlichen Umgangs mit der Natur erlauben (Hillebrecht 1992.
Willerding 1992).
Bergbau
Entscheidend für die Struktur der Besiedlung waren zuerst die
Lagerstätten (Bartels 1997b. Böhme 1978b. Bornhardt 1943.
Denecke 1978. Klappauf 1991. Schnell 1954). Sie wurden von
Prospektoren aufgespürt, die sich von Merkmalen wie Bewuchs,
Quellhorizonten und Geomorphologie leiten ließen. Ähnliche
Kriterien leiten auch heute noch den archäologischen Prospektor,
wenn er die Relikte des „Alten Mannes" in Form von Pingen,
Schächten und Stollen mit ihren Halden aus taubem Gestein
sucht. Die bisherige Meinung, dass sich Spuren des frühen Berg-
baus nur noch mit wenigen Ausnahmen erhalten hätten, scheinen
durch neue Entdeckungen relativiert zu werden (Abb. 1). Ihnen gilt
es in Zukunft vermehrt Achtung zu schenken, die ersten Projekte
zur Untersuchung vermutlich früher Bergbaureviere in Kooperati-
on mit dem zuständigen Oberbergamt in Clausthal zeigen einen
guten Verlauf.
Transport
Der Abbau des Erzes bedingte eine gewisse verkehrstechnische
Erschließung des Bergbaugebiets (Brachmann 1992. Denecke
1969. Gringmuth-Dallmer 1992. Prell 1983). Das Erz musste, falls
es nicht auf der Lagerstätte verhüttet werden sollte, zu den ent-
sprechenden Schmelzhütten gebracht werden. Die Verarbeitung
vor Ort schied, wie wir trotz der scheinbaren Orientierung man-
cher Hütten auf benachbarte Lagerstätten wissen, in den meisten
Fällen aus. Das Erz ging, wie auch in unserem Zeitalter, zur Kohle
(Abb. 2). Also benötigte man Verkehrswege, auf denen sich im
einfachsten Fall bepackte Menschen, möglichst aber Trag- und
1 Die Rammeisberg-Lagerstätte mit ihren bis heute erhaltenen Förderan-
lagen beeindruckt den Besucher der Stadt Goslar. Weitgehend unerforscht
sind die Relikte des älteren, bis in die Bronzezeit zurückreichenden Abbaus,
dessen Spuren jedoch deutlich im Gelände auffindbar sind.
Zugtiere sicher bewegen konnten. Gleichzeitig wurden diese
Wege für die Versorgung der Bergleute benötigt, auch wenn nur
saisonal und in kleinem Umfang abgebaut wurde.
Recht gut fassen konnten wir diesen Komplex am Rammeis-
berg bei Goslar (Brockner et al. 1995. Budde 1996. Klappauf
1996a. Zotz 1993a). Vom Ausbiss der Lagerstätte, also von der
Stelle, an der das Erz bis an die Oberfläche reichte und zunächst
obertägig abgebaut werden konnte, führen ganze Hohlwegbün-
del nach Goslar. Diese Erzabfuhrwege wurden bis zur Errichtung
des heutigen Bergwerks genutzt. In der Stadt selbst wurde das Erz
gelagert und von dort zur Aufbereitung bzw. zu den Schmelz-
hütten transportiert. Ein Magazin Rammeisberger Kupfererze des
12. Jahrhunderts konnten wir bei archäologischen Ausgrabungen
im Goslarer Stadtgebiet erfassen.
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Spuren deuten - Frühe Montanwirtschaft im Harz
Lothar Klappauf
Die Bedeckung des heutigen Harzes zum größten Teil mit Wald
führte mit dazu, dass die darunter verborgenen Bodendenkmale
im Gegensatz zu den oftmals weithin sichtbaren Zeugen des
jüngeren Bergbaus meist nur recht periphere Beachtung fanden.
Ebenso wird zwar immer wieder auf die vom Berg- und Hütten-
wesen verursachten Umweltschäden hingewiesen, doch bleibt es
zumindest für die frühe Montangeschichte meist bei allgemeinen
Aussagen. Museale Präsentationen beschränkten sich bis in die
jüngste Zeit auf die Neuzeit. Dass sich nachweisbar bereits die
Aktivitäten des frühmittelalterlichen Berg- und Hüttenmannes
massiv auf die Umwelt ausgewirkt haben, wird jedoch gerade in
den letzten Jahren immer deutlicher (Hillebrecht 1989. Schwarz
1997). Die Umweltsünden des „Alten Mannes", also des frühen
Berg- und auch Hüttenmannes, wie sie unter anderem bei der
Analyse von Bachsedimenten deutlich werden, helfen heute Berg-
bau- und Verhüttungsspuren im Gelände zu finden.
In menschlichem Skelettmaterial des 17./18. Jahrhunderts
vom Brüdernkloster in Goslar (vgl. Beiträge von S. Hummel,
H. Schutkowski, A. Fabig, B. Herrmann und B. Bramanti) lassen
sich deutlich erhöhte Schwermetallwerte nachweisen. Zudem sor-
gen gerade die Schwermetallionen für eine hervorragende Konser-
vierung organischer Reste auf Schmelzplätzen, die auch dadurch
zu einem Bodenarchiv ganz besonderer Qualität werden und die
Rekonstruktion sowohl der historischen Vegetation als auch des
menschlichen Umgangs mit der Natur erlauben (Hillebrecht 1992.
Willerding 1992).
Bergbau
Entscheidend für die Struktur der Besiedlung waren zuerst die
Lagerstätten (Bartels 1997b. Böhme 1978b. Bornhardt 1943.
Denecke 1978. Klappauf 1991. Schnell 1954). Sie wurden von
Prospektoren aufgespürt, die sich von Merkmalen wie Bewuchs,
Quellhorizonten und Geomorphologie leiten ließen. Ähnliche
Kriterien leiten auch heute noch den archäologischen Prospektor,
wenn er die Relikte des „Alten Mannes" in Form von Pingen,
Schächten und Stollen mit ihren Halden aus taubem Gestein
sucht. Die bisherige Meinung, dass sich Spuren des frühen Berg-
baus nur noch mit wenigen Ausnahmen erhalten hätten, scheinen
durch neue Entdeckungen relativiert zu werden (Abb. 1). Ihnen gilt
es in Zukunft vermehrt Achtung zu schenken, die ersten Projekte
zur Untersuchung vermutlich früher Bergbaureviere in Kooperati-
on mit dem zuständigen Oberbergamt in Clausthal zeigen einen
guten Verlauf.
Transport
Der Abbau des Erzes bedingte eine gewisse verkehrstechnische
Erschließung des Bergbaugebiets (Brachmann 1992. Denecke
1969. Gringmuth-Dallmer 1992. Prell 1983). Das Erz musste, falls
es nicht auf der Lagerstätte verhüttet werden sollte, zu den ent-
sprechenden Schmelzhütten gebracht werden. Die Verarbeitung
vor Ort schied, wie wir trotz der scheinbaren Orientierung man-
cher Hütten auf benachbarte Lagerstätten wissen, in den meisten
Fällen aus. Das Erz ging, wie auch in unserem Zeitalter, zur Kohle
(Abb. 2). Also benötigte man Verkehrswege, auf denen sich im
einfachsten Fall bepackte Menschen, möglichst aber Trag- und
1 Die Rammeisberg-Lagerstätte mit ihren bis heute erhaltenen Förderan-
lagen beeindruckt den Besucher der Stadt Goslar. Weitgehend unerforscht
sind die Relikte des älteren, bis in die Bronzezeit zurückreichenden Abbaus,
dessen Spuren jedoch deutlich im Gelände auffindbar sind.
Zugtiere sicher bewegen konnten. Gleichzeitig wurden diese
Wege für die Versorgung der Bergleute benötigt, auch wenn nur
saisonal und in kleinem Umfang abgebaut wurde.
Recht gut fassen konnten wir diesen Komplex am Rammeis-
berg bei Goslar (Brockner et al. 1995. Budde 1996. Klappauf
1996a. Zotz 1993a). Vom Ausbiss der Lagerstätte, also von der
Stelle, an der das Erz bis an die Oberfläche reichte und zunächst
obertägig abgebaut werden konnte, führen ganze Hohlwegbün-
del nach Goslar. Diese Erzabfuhrwege wurden bis zur Errichtung
des heutigen Bergwerks genutzt. In der Stadt selbst wurde das Erz
gelagert und von dort zur Aufbereitung bzw. zu den Schmelz-
hütten transportiert. Ein Magazin Rammeisberger Kupfererze des
12. Jahrhunderts konnten wir bei archäologischen Ausgrabungen
im Goslarer Stadtgebiet erfassen.
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