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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft: Naturraum - Mensch - Umwelt im Harz — Hameln: Niemeyer, Heft 21.2000

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Matthias Deicke; Hans Ruppert: Frühe Metallgewinnung und Umweltbelastung im Harz - Umweltgeochemische Aspekte
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https://doi.org/10.11588/diglit.51267#0080
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Mensch und Umwelt

Frühe Metallgewinnung und Umweltbelastung im Harz-
Umweltgeochemische Aspekte
Matthias Deicke / Hans Ruppert

Bergbau und Verhüttung von Buntmetallerzen beeinträchtigen die
Umwelt im Harz in vielerlei Hinsicht. Neben Veränderungen im
Umfeld der Gruben durch Tagebaue oder Abraumhalden war es
vor allem der hohe Holzbedarf für die Grubenzimmerung und die
Energiebereitstellung für die Verhüttung, welcher zu weitflächigen
Kahlschlägen führte und damit das Landschaftsbild nachhaltig
beeinträchtigte.
Schadstofffreisetzungen (Schwermetalle, Schwefeldioxid,
Schwefelsäure) aus Erzhalden, bei der Erzaufbereitung und der
Erzverhüttung belasteten massiv sowohl die Vegetation und Bö-
den im Umfeld der Gruben und Verhüttungsplätze als auch die
Bachläufe. Immissionen wurden über die Atmosphäre bis weit in
das Harzvorland verfrachtet und abgelagert. Die Abholzungen ver-
stärkten die Bodenerosion im Harzgebirge und bewirkten ein häu-
figeres Auftreten von Hochwässern. Diese Hochwässer erodierten
kontaminiertes Material aus den Abraum- und Verhüttungshalden
sowie den Böden und transportierten es in das Harzvorland, wo es
in Überflutungsbereichen als Auensediment teilweise wieder abge-
lagert wurde. Von den schwermetallreichen Auenböden geht noch
heute eine potentielle Gefährdung aus, insbesondere, wenn sie
zur Futter- und Lebensmittelproduktion genutzt werden. Die
Folgen der Metallgewinnung blieben also nicht nur auf den
Harzraum beschränkt (vgl. Beiträge Willerding, Hillebrecht und
Frenzei/Kempter).
Schadstofffreisetzung bei der mittelalterlichen
Metallgewinnung
Bereits an der Lagerstätte fand eine Vorsortierung (Klaubearbeit)
des geförderten Erzes statt. Nebengestein und Gangart wurden
weitgehend entfernt, um keinen unnötigen Ballast zur Schmelz-
hütte transportieren zu müssen. Bei den meist grobkristallinen
Oberharzer Gangerzen wurde auch die im Mittelalter noch wertlo-

se Zinkblende abgetrennt. Bei den "verwachsenen" Rammelsber-
ger Erzen war eine Trennung der Erzmineralphasen nicht möglich.
Das gesamte Erz kam zur Verhüttung.
Durch die Erzwäsche (sofern sie durchgeführt wurde) versuch-
te man nochmals wertlose Bestandteile vom Erz zu trennen. Hier-
bei gelangten feine Erzpartikel in die Gewässer.
Im Röstprozess, der allerdings nicht immer durchgeführt wur-
de, wurden die sulfidischen Erze oxidiert. Hierbei wurde das Erz
wahrscheinlich mehrfach in einfachen Holzstößen unter Luftzu-
fuhr erhitzt (Abb. 1). Neben Flugaschen (Abb. 2) entwichen große
Mengen an Schwefeldioxid, aber auch Cadmium, Arsen und Anti-
mon und andere Schwermetalle. Im Röstprozess konnte der
Schwefelgehalt von bis zu 30% in Rammeisberger Erzen auf etwa
1 % verringert werden.
Im abschließenden Schmelzprozess wurden die zuvor oxidier-
ten Metalle reduziert. Flüssiges Blei/Silber und Kupfer wurden für
die Weiterverarbeitung der Schmelze entzogen. Zuschläge, zum
Beispiel aus Bachsand, begünstigten die Verschlackung wertloser
Bestandteile. Durch die hohen Temperaturen von mindestens
1050 °C wurden nochmals leicht flüchtige Elemente wie Blei und
Cadmium und in geringerem Umfang auch Zink emittiert (Abb. 1).
Schwermetallbelastung im Umfeld eines
mittelalterlicher Verhüttungsplatzes
Die Böden in unmittelbarer Nähe mittelalterlicher Schmelzöfen
sind durch die Freisetzung von Hüttenrauch, aber auch durch Erz-
und Schlackenpartikel hochgradig mit Schwermetallen belastet. In
der archäologischen Grabung am „Schnapsweg" (Klappauf et al.
1999) konnte neben einem mittelalterlichen Schmelzofen auch
eine größere Menge von nicht zersetztem Pflanzenmaterial frei-
gelegt werden. Bei der geochemischen Untersuchung stellte sich
heraus, dass sowohl der den Schmelzofen umgebende Boden als

Haufenröstung

Schmelzofen


Holz

sulfidische
Erze
(Bleiglanz,
Zinkblende,
Kupferkies)

Röstprodukte
Luft—*
7/////A
Metall <

Kupfer Blei
Zink Cadmium
Schwefeldioxid
Flugaschen
—Holzkohle
.//VAr— Zuschlag
\ fti'itaiil) . . ,..(z.B. Sand)
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Schlacken

(Kupfer, Blei/Silber) (Eisen-Zink-Blei-Silikate)

1 Schadstofffreisetzung bei der
Verhüttung von Rammeisberger Erzen.

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