Metalle, Metallerzeugung, Handel und Gewerbe
Die Rolle der Metalle in der Geschichte des frühen und hohen Mittelalters
Harald Witthöft
Die Natur und die Wurzeln der europäischen Kultur
des Mittelalters
Der Mensch hat es bis in die Neuzeit nicht vermocht, die Tiefen
der Erde systematisch zu erkunden. Religion, Mythologie und
Aberglauben führten alle denkbaren Welten zusammen. Dem
Gold gab man als Zeichen die Sonne und dem Silber den Mond.
Gold wurde das Symbol von Herrschaft und Imperium. Die Natur
aber war das Ganze, die Einheit, eins mit Gott und durch die
Götter. Als der Mensch der Antike sein Verhältnis zur Natur zu
reflektieren und diese beschreibend zu verstehen begann, nahm er
ihre Erscheinungen als Zeichen wahr, fand er Denkweisen, Begrif-
fe, Zahlen und numerische Systeme zu ihrer Erklärung. Er fertigte
Geräte zu seinem Nutzen und baute Maschinen nach Regeln
seiner Erkenntnis. Dennoch, er beherrschte die Natur nicht - er
begann sie nachzubilden.
Augustin und die frühchristlichen Kirchenschriftsteller ver-
standen „das Messen, Wiegen und Zählen" als „unabdingbare
Elemente der Erkenntnis" (Petri 1983, 20). Nach Isidor von Sevilla
(um 560-636) waren die Zahlen vor den Dingen, und in der Denk-
art Karls des Großen hing die „gute Ordnung" der Dinge „davon
ab, ob die ihnen zugrunde gelegten Zahlen ,richtig' gewählt
waren. Wer umsichtig plante, hatte also dafür Sorge zu tragen,
dass seine Maßnahmen sich dem Gefüge der,guten' Zahlen
1 Die Hand Gottes mit Zirkel und
Waage. Gott als Schöpfer der Welt nach
Zahl, Maß und Gewicht. Kanontafel in
einem um 1000 in England entstandenen
Evangeliar (Hannover, Kestner-Museum).
121
Die Rolle der Metalle in der Geschichte des frühen und hohen Mittelalters
Harald Witthöft
Die Natur und die Wurzeln der europäischen Kultur
des Mittelalters
Der Mensch hat es bis in die Neuzeit nicht vermocht, die Tiefen
der Erde systematisch zu erkunden. Religion, Mythologie und
Aberglauben führten alle denkbaren Welten zusammen. Dem
Gold gab man als Zeichen die Sonne und dem Silber den Mond.
Gold wurde das Symbol von Herrschaft und Imperium. Die Natur
aber war das Ganze, die Einheit, eins mit Gott und durch die
Götter. Als der Mensch der Antike sein Verhältnis zur Natur zu
reflektieren und diese beschreibend zu verstehen begann, nahm er
ihre Erscheinungen als Zeichen wahr, fand er Denkweisen, Begrif-
fe, Zahlen und numerische Systeme zu ihrer Erklärung. Er fertigte
Geräte zu seinem Nutzen und baute Maschinen nach Regeln
seiner Erkenntnis. Dennoch, er beherrschte die Natur nicht - er
begann sie nachzubilden.
Augustin und die frühchristlichen Kirchenschriftsteller ver-
standen „das Messen, Wiegen und Zählen" als „unabdingbare
Elemente der Erkenntnis" (Petri 1983, 20). Nach Isidor von Sevilla
(um 560-636) waren die Zahlen vor den Dingen, und in der Denk-
art Karls des Großen hing die „gute Ordnung" der Dinge „davon
ab, ob die ihnen zugrunde gelegten Zahlen ,richtig' gewählt
waren. Wer umsichtig plante, hatte also dafür Sorge zu tragen,
dass seine Maßnahmen sich dem Gefüge der,guten' Zahlen
1 Die Hand Gottes mit Zirkel und
Waage. Gott als Schöpfer der Welt nach
Zahl, Maß und Gewicht. Kanontafel in
einem um 1000 in England entstandenen
Evangeliar (Hannover, Kestner-Museum).
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