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Segers-Glocke, Christiane [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft: Naturraum - Mensch - Umwelt im Harz — Hameln: Niemeyer, Heft 21.2000

DOI Artikel:
Wolfgang Brockner: Archäometrische Untersuchungen an ausgewählten Grabungsfunden zur Erhellung der frühen Silbergewinnung in der Harzregion
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https://doi.org/10.11588/diglit.51267#0041
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Archäologie

Archäometrische Untersuchungen an ausgewählten Grabungsfunden
zur Erhellung der frühen Silbergewinnung in der Harzregion

Wolfgang Brockner
Bei archäologischen Ausgrabungen im Harz und seinem Vorland
treten im Fundmaterial häufig Erze, Metalle bzw. Metallrelikte,
Schlacken, Holzkohle und sonstige Verhüttungsrelikte, wie
beispielsweise Bleiglätte und Ofenwandreste, auf. Dieses häufig
unbeachtete Material kann mit Hilfe naturwissenschaftlicher
Untersuchungen zur Klärung relevanter sachorientierter Fragen
beitragen. Mit Abstand die häufigsten Funde sind Verhüttungs-
schlacken, da diese meist verwitterungsbeständig sind und offen-
sichtlich früher meist verworfen wurden. In der Regel werden auch
Holzkohlen auf Verhüttungsplätzen geborgen, die aber unter
anderen Aspekten bearbeitet werden, etwa im Rahmen der
l4C-Datierung oder der Holzkohle-Mikroskopie (vgl. Hillebrecht
1992. Dies, in diesem Band) und auf die deshalb hier nicht näher
eingegangen wird.
Die mit naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden
lösbaren wichtigsten Fragestellungen beinhalten die Ermittlung
der
-Art und Herkunft des Fundmaterials,
- Art des Verhüttungs- und eventuellen Raffinationsprozesses,
-Zuschlagsmaterialien und
- Herstellungstechniken, wie beispielsweise Gießen, Schmieden
und andere.
Aus den gewonnenen Ergebnissen können häufig in fach-
übergreifender Zusammenarbeit indirekt Rückschlüsse zum Bei-
spiel auf technologische Prozessentwicklungen, Handelsbeziehun-
gen und anderes gezogen werden. Natürlich ist auch die Datie-
rung eines Fundstückes von zentraler Bedeutung, jedoch werden
Datierungen bzw. Datierungsmethoden hier nicht behandelt.
Genannte Datierungen basieren einerseits auf archäologischen Zu-
ordnungen und andererseits auf Radiocarbondaten von schichtbe-
gleitenden Holzkohlefunden (Beitrag Klappauf, „Spuren deuten ).
Zur Lösung der oben genannten Fragenkomplexe sind im
einzelnen erforderlich:
-Analytisch-chemische Untersuchungen zur Ermittlung der chemi-
schen Zusammensetzung,
- Mineralogisch-mikroskopische Untersuchungen zur Bestimmung
der Phasenbestandteile und
-Thermo-analytische Messungen zur Feststellung der Mindest-
prozesstemperatur.
Für eine umfassende Untersuchung der archäometallurgi-
schen Funde, meist Schlacken, haben sich einige Untersuchungs-
methoden etabliert, die relativ weit verbreitet, materialsparend
und hinreichend aussagekräftig in ihren Ergebnissen sowie manch-
mal (erwünschtermaßen) in ihren Informationen überlappend und
kontrollierend sind (vgl. Erklärungen ausgewählter Begriffe und
Methoden am Ende dieses Bandes).
Selbst eine zerstörungsfreie Untersuchungsmethode, wie zum
Beispiel die Mikroskopie, erfordert mit der Reinigung des Fundes
und der Freilegung einer, wenn auch kleinen Originaloberfläche
einen unvermeidlichen Eingriff. Obwohl moderne Analysemetho-
den sehr empfindlich sind, ist auf eine gewisse Repräsentanz der
zu analysierenden Probenmenge bzw. -fläche zu achten, da viele
archäometallurgische Funde heterogen, das heißt nicht einheitlich
in ihrer Zusammensetzung, sind. In der Regel bedeutet dies, dass
(zu) kleine (Schlacken)fundstücke nur in wirklich begründeten
Ausnahmefällen bearbeitet werden sollten. Beachtet werden sollte
auch, dass mindestens die Hälfte des Untersuchungsobjektes als

Belegstück (und eventuelle Reserve für unvorhergesehene Unter-
suchungen) zurückbehalten werden sollte. Von nicht zu unter-
schätzender Bedeutung ist deshalb die Probenvorbereitung, die für
Schlacken (bei anderen archäometallurgischen Fundgruppen gilt
Sinngemäßes) folgendermaßen abläuft:
Nach eingehender visueller Fundinspektion werden anhaften-
de Bestandteile, wie zum Beispiel Beläge, Sekundärminerale etc.
entfernt und aufbewahrt. Danach wird das Fundstück mechanisch
von anhaftenden Erdresten befreit, mit Wasser in einem Ultra-
schallbad gereinigt, mit Alkohol gespült und bei 105 °C getrock-
net. Das (Schlacken)fundstück wird sodann mit einer Diamant-
trennscheibe halbiert und aus der einen Probenhälfte stäbchen-
förmige Probekörper für die dilatometrischen Messungen und
Stückchen mit geeigneten Flächen für die Herstellung von An- und
Dünnschliffen gesägt. Restliche Teilstückchen werden entkrustet
und für die Herstellung von pulverförmigen Proben vorbereitet
(Ultraschallreinigung, Spülen und Trocknen) und dann mit einer
Kugel- oder Scheibenschwingmühle gemahlen. Entweder kom-
men die Pulverproben direkt zur Analyse, oder müssen noch, wie
zum Beispiel bei der AAS (siehe Erklärungen ausgewählter Begriffe
und Methoden) in Lösung gebracht werden (Schmelz- oder Säure-
Aufschluss). Ein Aufschluss verändert vor allem den originalen
Probenzustand und er ist zudem zeit- und arbeitsaufwendig.
In den Erklärungen ausgewählter Begriffe und Methoden am
Ende dieses Bandes werden die einzelnen Untersuchungsmetho-
den kurz erläutert. Gelegentlich werden darüberhinaus, wenn
möglich, auch „exotische" Untersuchungsmethoden wie zum
Beispiel die Neutronenaktivierungsanalyse (NAA), eingesetzt.
Die archäologische Grabung in Düna, unweit Osterode am
Harz, Ldkr. Osterode (Institut für Denkmalpflege, Niedersäch-
sisches Landesverwaltungsamt, leitender Ausgräber L. Klappauf,
1981-1985) bildet nach wie vor einen Meilenstein in der Montan-
archäologie des Harzes. Neben ihren vielen Einzelergebnissen mar-
kiert sie auch den Beginn der inzwischen etablierten interdiszi-
plinären Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der
unterschiedlichsten natur- und geisteswissenschaftlichen Fachrich-
tungen (Klappauf et al. 1994). Von herausragender Bedeutung ist
fernerhin, dass die metallurgischen Hinterlassenschaften aus Düna
die bislang frühesten eindeutigen Zeugen des Abbaus und der
Verhüttung Harzer Erze ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. sind (Klap-
pauf 1989b. Klappauf et al. 1990).
Die archäometallurgischen Funde aus Düna - Erze/Erzrelikte,
Metalle, Schlacken, Bleiglätte, Holzkohle und Ofenwandmateriali-
en - belegen die Erzeugung von Eisen, Kupfer, Blei und Silber aus
in der Nachbarschaft vorkommenden Eisenerzen, Oberharzer
Gangerzen und auch aus Erzen der relativ weit entfernten Ram-
melsberglagerstätte bei Goslar (Beitrag Deicke. Klappauf et al.
1994) schon in der frühesten Siedlungsphase. Als ein „Highlight"
ist hier ein Silberfibelfragment des 4./5. Jahrhunderts n. Chr.
(Beitrag Grunwald, Abb. 9) zu erwähnen, das gemäß seiner Blei-
Isotopensignatur Harzer Gangerzherkunft sehr wahrscheinlich
macht.
Untermauert wird die frühe Silbergewinnung aus Oberharzer
Gangerzen weiterhin durch einen Bleiglättefund (PbO; Düna,
FNr. 2791/05; Siedlungsphase I) und seiner Blei-Isotopensignatur
(Brockner / Heimbruch in Vorbereitung. Heimbruch 1990), denn
Bleiglätte entsteht bei der Silbergewinnung beim Abtreiben

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