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Segers-Glocke, Christiane [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft: Naturraum - Mensch - Umwelt im Harz — Hameln: Niemeyer, Heft 21.2000

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Heiko Steuer: Die Ursprünge des Silber-Bergbaus im Mittelalter: Wirtschaft und Münzgeld
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51267#0119
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Bergbau

1039) dem Bischof von Basel Silberbergwerke im Schwarzwald
überlässt (Steuer 1999c, b und Literatur 139 ff.). Hier werden,
ar|ders als bei der Nachricht für den Harz, auch Orte genannt, an
denen Bergwerke im Betrieb waren und die heute noch existieren,
darunter Orte wie Badenweiler und auch Sulzburg (Zettler 1990).
Immer ist der Zusammenhang zwischen Münzprägung und
Bergbau unmittelbar greifbar. Für die Vogesen sind 984 Silberberg-
Werke genannt, im Bereich von Sainte-Marie-aux-Mines in einer
Urkunde Ottos III. Auch für den Kraichgau sind Silberbergwerke
für die Münzprägung archäologisch für die Karolingerzeit, das
9 /10. Jahrhundert nachgewiesen (Hildebrandt 1993, 263).
Archäologisch sind immerhin die erstaunlichen Mengen von
^00000 Tonnen Schlacken in den Halden nachgewiesen. In der
Überlieferung des Klosters Lorsch werden für die Zeit um 1090 ein
BUberbergwerk sowie ein Markt genannt, von denen das Kloster
Abgaben in Silber-Mark erhielt. Schon im selben Jahr 965 wie für
Gittelde am Harz gestattete Otto der Große dem Lorscher Abt, in
Wiesloch einen Markt einzurichten. Hier und anderorts hingen
Markt und Münze zusammen, was den expandierenden Handel
spiegelt.
Im 11 ./12. Jahrhundert kamen überall in Mitteleuropa, im
Westfälischen Marsberg (Kupfer), in Stolberg bei Aachen (Galmei,
das bedeutet Messing), im Erzgebirge bei Freiberg (Silber), in
Böhmen in Kuttenberg (Silber) und der Slowakei (Silber) und auch
Österreich in Schwaz (Silber) Bergwerke hinzu, so dass für ganz
Mitteleuropa reger Bergbau auf Silber und Kupfer überliefert ist
<vgl. Abb. 2-5). Wegen der Interessenlage deutscher Könige und
Kaiser im Reich spielten im übrigen auch die Silberbergwerke in
Italien, in erster Linie die in der Toskana, eine entscheidende
Rolle.

Die Krise im 14. Jahrhundert
Üen Höhepunkt erreichte der Bergbau im 13./14. Jahrhundert,
dann brach auch die erste große wirtschaftliche Krise über Europa
herein (Bartels 1996a. Ders. 1996c). Seit dem 13./14. Jahrhundert
sind mehrfach ausführliche Bergrechte überliefert, so für Trient
von 1208, für Iglau 1249, für Goslar 1271, für Kuttenberg um
1300 oder für Freiberg 1328. In der Mitte des 14. Jahrhunderts
veränderte die Pestpandemie mit ihren schrecklichen Folgen das
Leben; die Bevölkerungszahlen sanken in manchen Gebieten auf
ein Drittel. Wie schon nach dem Ende des Römischen Reichs stand
jetzt ausreichend Silber - und andere Metalle - für eine deutlich
geringere Anzahl von Menschen zur Verfügung; das Vorhandene
wurde recycelt. Damit war der Anreiz für den Betrieb kosteninten-
siver Bergwerke verschwunden.
Aber nicht nur weil auch die Zahl der erfahrenen Bergleute
geringer geworden war, da sie an der Pestpandemie gestorben
waren, stagnierte der Bergbau, sondern weil gerade zu jener Zeit
die Phase erreicht war, die wesentlich höhere Investitionen im
Bergbau erforderlich machte. Die Erzgänge waren bis in das
Niveau der Talsohlen ausgebeutet, das heißt die Entwässerung
der Gruben konnte nicht mehr einfach durch Ableitung des
Wassers nach außen erfolgen, sondern das Wasser musste
gehoben werden. Dazu musste man Pumpen und Hebewerke
entwickeln, damals Wasserräder, die zu mehreren übereinander
gestaffelt, das Wasser aus den immer tiefer in den Berg vordrin-
genden Schächten und Strecken, aus vielgliedrigen Grubenge-
bäuden entfernten. Um auch ausreichend Wasser zum Betreiben
der Räder jederzeit und gesichert zur Verfügung zu haben, wur-
den technisch ausgereifte Kanalsysteme, sogenannte Hangkanäle
gebaut. Überliefert ist für den Schwarzwald zum Jahr 1284 eine
Urkunde, in der der Graf von Freiburg einer Gruppe von Berg-

werksunternehmern, darunter ein bekannter Wasserbautechniker,
den Bau eines Wassergrabens gestattete (Haasis-Berner 1999).
Dieser immerhin 15 km lange Hangkanal, der sogenannte Ur-
graben, ist bis heute im Gelände erhalten; er war seinerzeit
sorgsam vermessen worden und überbrückte dabei sogar eine
Wasserscheide. Diese Infrastrukturmaßnahmen waren teuer; und
da Investitionen gerade nicht notwendig waren, stagnierte in
weiten Bereichen Mitteleuropas der Bergbau. Tiefreichende
Grubengebäude, deren Wasserhaltung Probleme bereitete und
die deshalb Wasserhebemaschinen brauchten, mussten ständig
entwässert werden. Eine Unterbrechung ließ die Gruben „absau-
fen" und damit waren sie eigentlich zerstört. Nur mit erheblichem
finanziellen Einsatz konnten sie wieder in Betrieb genommen
werden; man entschied sich meist lieber zum Ausbau neuer Berg-
werke. Mit dem Datum 1284 für den Schwarzwald und dem
Datum 1271 für den Ratstiefsten Stollen sowie dem Datum um
1360 für das Feuerzäher Gewölbe im Harz wird umschrieben,
dass in diesen Jahrzehnten sich Wasserräder zur Behebung der
allgemeinen Wassernot im Bergbau durchgesetzt hatten, immer
kostspielige Infrastruktureinrichtungen.
Noch bis in die frühe Neuzeit waren die Kenntnisse über die
Entstehung der Erze und Metalle undeutlich und mit manchen
alchemistischen Vorstellungen verbunden, die uns heute irreal
erscheinen. Aber allgemein bekannt ist, dass man bis weit in die
Neuzeit versucht hat, aus unedlen Stoffen Gold zu erzeugen.
Dahinter steht die Vorstellung, dass Metalle sich umwandeln und
dass dies mit entsprechenden Verfahren, wenn man sie nur findet,
beschleunigt werden kann. Denn man stellte sich vor, dass die
Metalle in den Erzen der Gebirge „wachsen" und sich wandeln,
und zwar vom unedlen zum edlen Metall, das heißt wenn man
genügend lange wartete, wird aus Kupfer erst Blei, dann Silber
und später Gold (Elliade 1992, 47 ff. Agricola 1544).
Parallel zur Krise im Silberbergbau seit der 2. Hälfte des
14. Jahrhunderts wird das Münzspektrum erweitert. Erstmals seit
mehr als einem halben Jahrtausend werden neben den Silber-
münzen, bis dahin ausschließlich Grundlage des Münzwesens,
wieder Goldmünzen eingeführt. Ausgehend von den norditalieni-
schen Städten, mit dem Florentiner Gulden von 1252, breitet sich
dieser Wechsel zur Goldwährung in der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts nach Frankreich (1337) und England (1344), Deutschland
(1340/1346) und weiter zügig in ganz Europa aus.
Silber-Mengen
Ehe das Silber aus der Neuen Welt die abendländischen Märkte
überschwemmte, dem europäischen Bergbau starke Konkurrenz
bereitete und zu einem Preisverfall führte, war Silber der ent-
scheidende Wertmesser. Schon zuvor, parallel zur Hochblüte des
europäischen Silberbergbaus im 13./14. Jahrhundert, begann der
Marktwert des Silbers zu sinken. Alle Preise und Wertangaben
wurden in Pfund (Richtwert 327,45 g) oder Mark (etwa 233,8 g)
Silber angegeben, gleich ob tatsächlich Silbermünzen den Besitzer
wechselten oder nur Verrechnungseinheiten gemeint waren.
Ohne auf die sehr wechselvollen und manchmal auch noch
undurchschaubaren Wechselkurse und Größeneinheiten einzu-
gehen, soll doch versucht werden, eine Vorstellung vom Umfang
der im früheren Mittelalter vorhandenen Silbermengen zu bekom-
men (Steuer 1990. Weisgerber 1999). Wenn ein Denar ungefähr
ein Gramm gewogen hat, dann konnten aus einer Tonne Silber
1 Million Münzen geprägt werden.
Der englische König Richard Löwenherz (1157-1199, König
seit 1189) musste als Lösegeld an Kaiser Heinrich VI., der ihn bei
der Rückkehr vom Kreuzzug gefangengenommen hatte, für seine

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