Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Segers-Glocke, Christiane [Editor]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Auf den Spuren einer frühen Industrielandschaft: Naturraum - Mensch - Umwelt im Harz — Hameln: Niemeyer, Heft 21.2000

DOI article:
Heiko Steuer: Die Ursprünge des Silber-Bergbaus im Mittelalter: Wirtschaft und Münzgeld
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51267#0120
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Bergbau

Freilassung im Jahr 1194 rund 150000 Mark Silber, das sind etwa
35 Tonnen oder mindestens 35 Millionen Denare, zahlen.
Die Wikinger haben von den englischen Königen in den
Jahren zwischen 845 und 884 insgesamt 40000 Pfund Silber als
Tribute erpresst, als sogenanntes Danegeld (Dänengeld) zwischen
991 und 1018 sogar 206000 Pfund Silber, das waren mehr als 50
Millionen Pennies in rund 30 Jahren. Im Durchschnitt waren das
pro Jahr 5 bis 10 Tonnen, die im 9. bis 11. Jahrhundert dem heimi-
schen Wirtschaftskreislauf entnommen wurden und bergmännisch
wieder ergänzt werden mussten. Auch vom Karolingerreich
flössen in den Jahren zwischen 845 und 886 mindestens 40000
Pfund Silber als Tribute in den Norden.
Der Norden wurde mit Silber überschüttet - der deshalb
keinen Bergbau zu entwickeln brauchte. Denn hinzu kam im
10. Jahrhundert noch ein mächtiger Zustrom an arabischen Silber-
münzen, Dirhems von je knapp 3 g Silber, die aus Mittelasien über
Russland das Ostseegebiet erreichten. Allein in Schweden sind in
Schätzen mehr als 80000 solcher Dirhems gefunden worden, ein
Bruchteil einst vorhandener, da die Masse seinerzeit eingeschmol-
zen und zu kostbaren Hals- und Armringen umgestaltet wurde.
Wie sah es auf staatlicher Seite aus? Es wird berichtet, dass
zur Zeit Ottos des Großen vom Hof täglich 30 Pfund Silber
ausgegeben worden sein sollen, im Jahr also über 10000 Pfund,
ungefähr 3,5 Tonnen. Die Stauferkönige erhielten von den Städten
und Reichsgutbezirken etwa 3000 bis 3500 Pfund im Jahr. Insge-
samt kann man von 65000 Pfund Silber als Jahreseinnahme der
Staufer von den Städten, dem Reichsgut und den italienischen
Regalien ausgehen.
Für das 12. Jahrhundert wird die Jahreseinnahme des deut-
schen Königs in Italien auf 100000 Pfund Silber (20 bis 30 Millio-
nen Denare) geschätzt (was nur galt, wenn er in Italien war); das
Jahreseinkommen des französischen Königs wird auf 60000
Pfund, das des englischen auf 90000 Pfund Silber geschätzt.
Von den mittelasiatischen Silberbergwerken brachte allein die
Grube von Taschkent (as Sas) im 9. Jahrhundert 30 Tonnen Silber.
Der Vizekönig von Khurazan hatte im 9. Jahrhundert pro Jahr 40
bis 50 Millionen Dirhems, also 120 bis 150 Tonnen Silber an
Steuern eingezogen. Das Gesamteinkommen im Kalifat soll um

800 die gewaltige Menge von 400 Millionen Dirhem betragen
haben, was dem 25-fachen der Welt-Silber-Produktion von 1500
entspräche.
Für die zeitweise größte Münzprägestätte des Reiches, die des
Kölner Erzbischofs, ist ein Jahresausstoß von 2 Millionen Pfennigen
überliefert, das sind etwa 3 Tonnen Silber.
Die Silbergewinnung in Mitteleuropa als Ganzes ist nur
schwer abzuschätzen. Für den Schwarzwald wird im 13./14. Jahr-
hundert mit jährlich einer Tonne (etwa 4000 bis 5000 Mark Silber)
gerechnet, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts für den
Rammeisberg ebenfalls 3000 bis 4000 Mark im Jahr, für Freiberg
in Sachsen mit 120 kg jährlich, für Kuttenberg in Böhmen mit 300
kg jährlich. Aber es gibt auch andere Nennungen, so 8 Tonnen
Metall aus Goslar im Hohen Mittelalter, oder 6 bis 7 Tonnen für
Kuttenberg um 1300.
Für den Schwarzwald entspricht die jährliche Ausbeute von
einer Tonne Silber etwa 30 Tonnen in einer Generation und 100
Tonnen pro Jahrhundert. Allein für den Rammeisberg im Harz hat
man eine Tonne Silber (neben Kupfer) als Jahresproduktion errech-
net. All das sind nur vage geschätzte Größenordnungen, die
jedoch eine Ahnung von der Bedeutung des Silbers im Mittelalter
geben.
In der Gegenwart (1980) beträgt die Weltproduktion etwa
9000 Tonnen im Jahr, in Deutschland vor Schließung der Bergwer-
ke in den vergangenen Jahrzehnten über 500 Tonnen. Der Silber-
verbrauch ist aber größer, so wird der Bedarf aus vorhandenem
Altsilber gedeckt.
Heute (Anfang des Jahres 2000) kostet 1 kg Feinsilber für
industrielle Verbraucher etwa 330 DM, 1 kg Gold aber 18000 DM.
Das ist ein Verhältnis von 1:55, im Mittelalter war das 1:12.
Und 1 kg Silber waren im Mittelalter etwas mehr als 4 Mark.
Soviel kostete im Norden im 11. Jahrhundert eine schöne Sklavin,
in unseren Städten ein Haus.

Abbildungsnachweis
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg.

118
 
Annotationen