Metalle, Metallerzeugung, Handel und Gewerbe
n'edrigen Metallrestgehalten belegen die gute Beherrschung der
entscheidenden Prozessparameter (Chargenzusammensetzung,
Temperatur, Gasgleichgewichte, Verweilzeiten usw.).
Am Johanneser Kurhaus wurde im gleichen Jahrhundert sil-
berhaltiger Bleiglanz aus dem Zellerfelder Gangrevier nach dem
Röstreaktionsverfahren bei vergleichsweise niedrigen Temperatu-
ren zu Werkblei verhüttet. Dieser Rückschluss ergibt sich aus den
freigelegten Überresten eines Schmelzherdes, der in seiner Bauart
171R Herdöfen in England und Schottland vergleichbar ist. Das Sil-
ber wurde dem Werkblei durch Kupellation im Treibherd entzogen.
Die Verhüttung der polymetallischen Rammelsberg-Erze -
zunächst vorwiegend oder ausschließlich (?) auf Kupfer und wahr-
scheinlich erst im Spätmittelalter auf Silber, Blei und Kupfer - hat
den Hüttenleuten jener Zeit höchstes Können abverlangt (Abb. 5).
ist der im 15. Jahrhundert beschriebenen, aber vermutlich
schon weit früher entwickelten Prozessvariante des „Schmelzens
auf leichtem Gestübbe über dem Tiegel" zuzuschreiben, dass die
Silbergewinnung aus den relativ silberarmen Rammelsberg-Erzen
überhaupt wirtschaftlich zu bewerkstelligen war8. Diese Art der
Schachtofen-Zustellung ist nur für Harzer Hütten überliefert.
Eine weitere harzspezifische Besonderheit ist der „Zinkstuhl",
eine in Schachtöfen eingebaute Vorrichtung, um Zinkdämpfe zu
Zinkmetall zu kondensieren. Auf diese Weise ließ sich bereits im
18. Jahrhundert aus Rammelsberg-Erzen metallisches Zink gewin-
nen. Die aus Erzen des Rammeisberges gewonnenen Bunt- und
Edelmetalle sowie sonstige Produkte (Alaune, Schwefel, seltene
Metalle) machen die Geschichte des Harzer Hüttenwesens zu
einem spannenden Kapitel der Technikgeschichte.
5 Das Goslarer Bleischmelzen. (A) und (B) sind die Wände des Ofens. (C)
ist das Gestübbe. (H) die Schieferplatte, mit der der Ofen verschlossen
wird. (E) ist der Herd, in den das geschmolzene Blei aus dem Ofen hinein-
gegossen wird. (D) Der Hüttenmann stößt den Galmei ab, der sich im Ofen
angesetzt hat. Nach Ercker (1580).
Im Zusammenhang mit der Gangerzverhüttung muss die
bereits im Mittelalter gebräuchliche Beschickung der Schmelzöfen
mit Mischerzen in Betracht gezogen werden. Das Verhütten poly-
metallischer Erze unterschiedlicher Provenienz hat schon früh die
Voraussetzungen für Verfahrensvarianten geliefert, die den Harzer
Hütten bis in die Gegenwart eine herausragende Stellung in der
Pyrometallurgie eingeräumt haben.
Anmerkungen
1 Ch. A. Schlüter (1738, 243 und 253): „... werden von den alten
Schlacken, so hin und wieder von gar alten Zeiten her im Hartze herum-
liegen, und auf denen Hütten Hartz-Schlacken genennet werden, mit
vorgeschlagen...". B. Kerl (1854, 30) schreibt im Kapitel über das
Schmelzen von Rammelsberg-Erzen: „Sie [das heißt die Schlacken]
werden entweder auf der Axe von den Oberharzer Hütten geholt oder
unter dem Namen Leseschlacken aus dem Okerflusse und der Innerste
ausgesucht, welche dieselben von Altenauer und Lautenthaler Hütte mit
weggeführt haben."
2 K. Hegerhorst (1998, 62, Tab. 4.21). Vgl. auch Ch. A. Schlüter der in
seiner Erörterung der je nach Erzart einzusetzenden Zuschlagsstoffe auch
auf „Schiefer oder ander Gestein" hinweist (Schlüter 1738, 253).
3 Nach L. Klappauf (pers. Mitteilung vom 7.12.1999) ist ein Ofenfunda-
ment vom Riefenbach-Schmelzplatz eher mit den Sommerberg-Funden
vergleichbar als die Schnapsweg-Anlage.
4 Für Kupfererze aus dem seit 1283 urkundlich erwähnten Vorkommen
von Lauterberg schreibt Grothe (Grothe / Feiser 1975, 336) unter Bezug
auf W. A. Lampadius: „Noch 1803 verschmolz man die aus etwa 150 m
Teufe geförderten und durch Handscheidung ausgelesenen Erze mit
8-20 % Kupfer ohne vorherige Röstung in Schachtöfen und erhielt etwa
ein Drittel des Kupfers als Schwarzkupfer, den Rest in einem Kupferstein
mit mehr als 50 % Kupfer..." (vgl. Lampadius 1805, 213-224).
5 Vgl. Anmerkung 4.
6 Vgl. die Beschreibung des Ofens vom Schnapsweg bei F.-A. Linke (1998).
7 Gekrätz vom Herdschmelzen eines Erzes aus Bleiberg in Kärnten mit
einem Ausgangsgehalt von 70-73 % Pb hat (Analyse von Plattner)
folgende Zusammensetzung (Percy 1870, 292):
SiOi
5,3 %
SO3
5,0 %
PbO
37,7 %
FeO
19,5 %
ZnO
19,2 %
CaO
8,9 %
etc.
8 Bei einem mittleren Silbergehalt des Rammelsberg-Erzes im Alten Lager
von ca. 100 g/t und einer Anreicherung um den Faktor 10 auf 1000 g/t
(oder 0,1 %) im Werkblei musste eine Tonne Blei auf dem Herd abgetrie-
ben werden, um 1 kg Feinsilber zu gewinnen. Aus dieser Edelmetallmen-
ge ließen sich ca. 800 Otto-Adelheid-Pfennige prägen.
Abbildungsnachweis
1,4 nach Ch. A. Schlüter 1738; 2, 5 nach H. Grothe/J. Feiser 1975; 3
nach G. Agricola 1556.
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n'edrigen Metallrestgehalten belegen die gute Beherrschung der
entscheidenden Prozessparameter (Chargenzusammensetzung,
Temperatur, Gasgleichgewichte, Verweilzeiten usw.).
Am Johanneser Kurhaus wurde im gleichen Jahrhundert sil-
berhaltiger Bleiglanz aus dem Zellerfelder Gangrevier nach dem
Röstreaktionsverfahren bei vergleichsweise niedrigen Temperatu-
ren zu Werkblei verhüttet. Dieser Rückschluss ergibt sich aus den
freigelegten Überresten eines Schmelzherdes, der in seiner Bauart
171R Herdöfen in England und Schottland vergleichbar ist. Das Sil-
ber wurde dem Werkblei durch Kupellation im Treibherd entzogen.
Die Verhüttung der polymetallischen Rammelsberg-Erze -
zunächst vorwiegend oder ausschließlich (?) auf Kupfer und wahr-
scheinlich erst im Spätmittelalter auf Silber, Blei und Kupfer - hat
den Hüttenleuten jener Zeit höchstes Können abverlangt (Abb. 5).
ist der im 15. Jahrhundert beschriebenen, aber vermutlich
schon weit früher entwickelten Prozessvariante des „Schmelzens
auf leichtem Gestübbe über dem Tiegel" zuzuschreiben, dass die
Silbergewinnung aus den relativ silberarmen Rammelsberg-Erzen
überhaupt wirtschaftlich zu bewerkstelligen war8. Diese Art der
Schachtofen-Zustellung ist nur für Harzer Hütten überliefert.
Eine weitere harzspezifische Besonderheit ist der „Zinkstuhl",
eine in Schachtöfen eingebaute Vorrichtung, um Zinkdämpfe zu
Zinkmetall zu kondensieren. Auf diese Weise ließ sich bereits im
18. Jahrhundert aus Rammelsberg-Erzen metallisches Zink gewin-
nen. Die aus Erzen des Rammeisberges gewonnenen Bunt- und
Edelmetalle sowie sonstige Produkte (Alaune, Schwefel, seltene
Metalle) machen die Geschichte des Harzer Hüttenwesens zu
einem spannenden Kapitel der Technikgeschichte.
5 Das Goslarer Bleischmelzen. (A) und (B) sind die Wände des Ofens. (C)
ist das Gestübbe. (H) die Schieferplatte, mit der der Ofen verschlossen
wird. (E) ist der Herd, in den das geschmolzene Blei aus dem Ofen hinein-
gegossen wird. (D) Der Hüttenmann stößt den Galmei ab, der sich im Ofen
angesetzt hat. Nach Ercker (1580).
Im Zusammenhang mit der Gangerzverhüttung muss die
bereits im Mittelalter gebräuchliche Beschickung der Schmelzöfen
mit Mischerzen in Betracht gezogen werden. Das Verhütten poly-
metallischer Erze unterschiedlicher Provenienz hat schon früh die
Voraussetzungen für Verfahrensvarianten geliefert, die den Harzer
Hütten bis in die Gegenwart eine herausragende Stellung in der
Pyrometallurgie eingeräumt haben.
Anmerkungen
1 Ch. A. Schlüter (1738, 243 und 253): „... werden von den alten
Schlacken, so hin und wieder von gar alten Zeiten her im Hartze herum-
liegen, und auf denen Hütten Hartz-Schlacken genennet werden, mit
vorgeschlagen...". B. Kerl (1854, 30) schreibt im Kapitel über das
Schmelzen von Rammelsberg-Erzen: „Sie [das heißt die Schlacken]
werden entweder auf der Axe von den Oberharzer Hütten geholt oder
unter dem Namen Leseschlacken aus dem Okerflusse und der Innerste
ausgesucht, welche dieselben von Altenauer und Lautenthaler Hütte mit
weggeführt haben."
2 K. Hegerhorst (1998, 62, Tab. 4.21). Vgl. auch Ch. A. Schlüter der in
seiner Erörterung der je nach Erzart einzusetzenden Zuschlagsstoffe auch
auf „Schiefer oder ander Gestein" hinweist (Schlüter 1738, 253).
3 Nach L. Klappauf (pers. Mitteilung vom 7.12.1999) ist ein Ofenfunda-
ment vom Riefenbach-Schmelzplatz eher mit den Sommerberg-Funden
vergleichbar als die Schnapsweg-Anlage.
4 Für Kupfererze aus dem seit 1283 urkundlich erwähnten Vorkommen
von Lauterberg schreibt Grothe (Grothe / Feiser 1975, 336) unter Bezug
auf W. A. Lampadius: „Noch 1803 verschmolz man die aus etwa 150 m
Teufe geförderten und durch Handscheidung ausgelesenen Erze mit
8-20 % Kupfer ohne vorherige Röstung in Schachtöfen und erhielt etwa
ein Drittel des Kupfers als Schwarzkupfer, den Rest in einem Kupferstein
mit mehr als 50 % Kupfer..." (vgl. Lampadius 1805, 213-224).
5 Vgl. Anmerkung 4.
6 Vgl. die Beschreibung des Ofens vom Schnapsweg bei F.-A. Linke (1998).
7 Gekrätz vom Herdschmelzen eines Erzes aus Bleiberg in Kärnten mit
einem Ausgangsgehalt von 70-73 % Pb hat (Analyse von Plattner)
folgende Zusammensetzung (Percy 1870, 292):
SiOi
5,3 %
SO3
5,0 %
PbO
37,7 %
FeO
19,5 %
ZnO
19,2 %
CaO
8,9 %
etc.
8 Bei einem mittleren Silbergehalt des Rammelsberg-Erzes im Alten Lager
von ca. 100 g/t und einer Anreicherung um den Faktor 10 auf 1000 g/t
(oder 0,1 %) im Werkblei musste eine Tonne Blei auf dem Herd abgetrie-
ben werden, um 1 kg Feinsilber zu gewinnen. Aus dieser Edelmetallmen-
ge ließen sich ca. 800 Otto-Adelheid-Pfennige prägen.
Abbildungsnachweis
1,4 nach Ch. A. Schlüter 1738; 2, 5 nach H. Grothe/J. Feiser 1975; 3
nach G. Agricola 1556.
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