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Historische Brückenkonstruktionen
Kurzbiografien
Georg Ludwig Friedrich Laves
* 17.12.1788 in Uslar, + 30.4.1864 in Hannover,
Architekt, Ingenieur, Oberhofbaudirektor in Hannover.
Nach dem Besuch der Universität in Göttingen trat
Laves 1814 eine Stelle als Hofbauverwalter im König-
reich Hannover an. 1816 folgte eine Studienreise
nach Italien. Laves, der in erster Linie Architekt war,
beeinflusste als Oberhofbaudirektor das Bauge-
schehen in Hannover maßgeblich. Als Ingenieur ent-
wickelte er ein neuartiges linsenförmiges Trägersys-
tem, das ab den 1830er Jahren beim Bau von Brücken
und Dachwerken vornehmlich im Königreich Hanno-
ver Bedeutung erlangte. 1834 unternahm er eine
Geschäftsreise nach England. Der Laves'sche Balken,
der anfangs in Holz und später auch in Eisen konstru-
iert wurde, zeichnete sich durch gekrümmte Gurte
mit gleichem Querschnitt aus und entsprach so einem
„Träger gleichen Widerstandes", das heißt, die Gurte
waren über die ganze Länge bei voller Belastung an
jeder Stelle statisch optimal ausgenutzt. Zug- und
Druckkräfte hoben sich gegenseitig auf, womit an
den Trägerenden eine vertikale Lastabtragung erfolg-
te, sodass beim Brückenbau auf aufwändige Wider-
lager zur Aufnahme horizontaler Auflagerkompo-
nenten verzichtet werden konnte. Für die „Royal
Institution of British Architects" war Laves' Erfindung
des Linsen- oder Fischbauchträgers ein Hauptgrund
dafür, ihn als Ehrenmitglied zu ernennen. Laves
gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern des
Architekten- und Ingenieurvereins in Hannover.
Quellen: Matschoss, Männer der Technik, 1925, S. 152.
Scholl, Ingenieure in der Frühindustrialisierung, 1978, S. 184.
Johann Heinrich August Mohn
* 23.9.1800 in Halle, + 27.5.1872 in Hannover,
Ingenieur, Baurat.
Nach dem Besuch der Akademie der Wissenschaften
und Künste in Dresden, folgte 1817 eine Tätigkeit als
Vermessungsassistent. 1820 legte Mohn das Feld-
messerexamen ab. Ab 1830 studierte er an der
Bauakademie in Berlin. Zwischen 1831 und 1837
beschäftigte ihn der Landstraßen- und Wasserbau.
Danach wechselte er in den Eisenbahnbau. Als 1843
die provisorische Eisenbahnkommission, der Hofbau-
rat Hagemann, Hofsekretär Hartmann und Hoffabri-
kant Hausmann angehörten, durch die Königlich
Hannoversche Eisenbahndirektion abgelöst wurde,
trat der zum Baurat ernannte Mohn als technischer
Leiter die Nachfolge von Hagemann an, wobei ihn
Funk als technischer Hilfsarbeiter unterstützte. Unter
Leitung von Dämmert waren Mohn, Funk und
Stolpner nach 1850 an den Vorarbeiten für die
Hannoversche Süd- und Westbahn beteiligt. Der
Streckenbau im Königreich erfolgte später unter
Oberaufsicht von Dämmert und Mohn, wobei Mohn
wohl nicht nur die Pläne für sämtliche Schuppen und
Werkstattgebäude des Bahnhofs Hannover ausführte,
sondern auch für den Bau der meisten eisernen
Brücken zuständig war. Neben Funk und Oppermann
zählte Mohn zu den Gründern des Architekten- und
Ingenieurvereins Hannover.
Quellen: Nekrolog, in: ZAIVH, 19 (1873), Sp. 151-152.
Scholl, Ingenieure in der Frühindustrialisierung, 1978, S. 185-189.
Christian Otto Mohr
* 8.10.1835 in Wesselburen, t 3.10.1918 in Dresden,
Ingenieur, Professor für technische Mechanik und
Festigkeitslehre.
Mohr besuchte das Polytechnikum in Hannover und
trat anschließend in den Dienst der Hannoverschen
und Oldenburgischen Staatsbahnen. Ende der 1850er
Jahre entwickelte er für das zweite Gleis der llme-
naubrücke bei Bienenbüttel (3/3/B48a) erstmalig in
Deutschland eiserne Überbauten in Form von paral-
lelgurtigen Fachwerkträgern (Abb. 20). Für die
Berechnung diente ein Momentenverfahren, das
August Ritter, ohne den wahren Verfasser zu nennen,
in seinen Vorträgen einsetzte. Das „Rittersche
Verfahren" geht daher im Grunde genommen auf
Mohr zurück. Große Bedeutung erlangte zudem sein
Werk über „Durchlaufende Träger", das die statische
Problematik der Konstruktion verdeutlichte. 1867
folgte er einem Ruf an das Polytechnikum in Stuttgart,
um das Lehrgebiet technische Mechanik, Trassieren
und Erdbau zu vertreten. Im Gegensatz zu analyti-
schen Verfahren vermittelte Mohr zeichnerische
Methoden zur Lösung statischer Aufgaben. Ab 1868
wandte er die zeichnerische Darstellung der Biegelinie
an, die ihm Weltruf einbrachte und damals die
Fachwelt überraschte, weil Culmann kurz zuvor die
Meinung vertreten hatte, „daß die doppelte Integ-
ration des analytischen Verfahrens niemals auf zeich-
nerischem Wege befriedigend gelöst werden könn-
te. " 1873 wechselte Mohr als Professor für technische
Mechanik und Festigkeitslehre an die Technische
Hochschule nach Dresden. Unter Anwendung neuer
graphischer Methoden bildeten seine wissenschaftli-
chen Arbeiten die wesentlichen Grundlagen der
Baustatik.
Quellen: Otto Mohr +, in: ZdB, 18 (1918), S. 425.
Otto Mohr +, DBZ, 52 (1918), S. 381.
Matschoss, Männer der Technik, 1925, S. 178.
Historische Brückenkonstruktionen
Kurzbiografien
Georg Ludwig Friedrich Laves
* 17.12.1788 in Uslar, + 30.4.1864 in Hannover,
Architekt, Ingenieur, Oberhofbaudirektor in Hannover.
Nach dem Besuch der Universität in Göttingen trat
Laves 1814 eine Stelle als Hofbauverwalter im König-
reich Hannover an. 1816 folgte eine Studienreise
nach Italien. Laves, der in erster Linie Architekt war,
beeinflusste als Oberhofbaudirektor das Bauge-
schehen in Hannover maßgeblich. Als Ingenieur ent-
wickelte er ein neuartiges linsenförmiges Trägersys-
tem, das ab den 1830er Jahren beim Bau von Brücken
und Dachwerken vornehmlich im Königreich Hanno-
ver Bedeutung erlangte. 1834 unternahm er eine
Geschäftsreise nach England. Der Laves'sche Balken,
der anfangs in Holz und später auch in Eisen konstru-
iert wurde, zeichnete sich durch gekrümmte Gurte
mit gleichem Querschnitt aus und entsprach so einem
„Träger gleichen Widerstandes", das heißt, die Gurte
waren über die ganze Länge bei voller Belastung an
jeder Stelle statisch optimal ausgenutzt. Zug- und
Druckkräfte hoben sich gegenseitig auf, womit an
den Trägerenden eine vertikale Lastabtragung erfolg-
te, sodass beim Brückenbau auf aufwändige Wider-
lager zur Aufnahme horizontaler Auflagerkompo-
nenten verzichtet werden konnte. Für die „Royal
Institution of British Architects" war Laves' Erfindung
des Linsen- oder Fischbauchträgers ein Hauptgrund
dafür, ihn als Ehrenmitglied zu ernennen. Laves
gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern des
Architekten- und Ingenieurvereins in Hannover.
Quellen: Matschoss, Männer der Technik, 1925, S. 152.
Scholl, Ingenieure in der Frühindustrialisierung, 1978, S. 184.
Johann Heinrich August Mohn
* 23.9.1800 in Halle, + 27.5.1872 in Hannover,
Ingenieur, Baurat.
Nach dem Besuch der Akademie der Wissenschaften
und Künste in Dresden, folgte 1817 eine Tätigkeit als
Vermessungsassistent. 1820 legte Mohn das Feld-
messerexamen ab. Ab 1830 studierte er an der
Bauakademie in Berlin. Zwischen 1831 und 1837
beschäftigte ihn der Landstraßen- und Wasserbau.
Danach wechselte er in den Eisenbahnbau. Als 1843
die provisorische Eisenbahnkommission, der Hofbau-
rat Hagemann, Hofsekretär Hartmann und Hoffabri-
kant Hausmann angehörten, durch die Königlich
Hannoversche Eisenbahndirektion abgelöst wurde,
trat der zum Baurat ernannte Mohn als technischer
Leiter die Nachfolge von Hagemann an, wobei ihn
Funk als technischer Hilfsarbeiter unterstützte. Unter
Leitung von Dämmert waren Mohn, Funk und
Stolpner nach 1850 an den Vorarbeiten für die
Hannoversche Süd- und Westbahn beteiligt. Der
Streckenbau im Königreich erfolgte später unter
Oberaufsicht von Dämmert und Mohn, wobei Mohn
wohl nicht nur die Pläne für sämtliche Schuppen und
Werkstattgebäude des Bahnhofs Hannover ausführte,
sondern auch für den Bau der meisten eisernen
Brücken zuständig war. Neben Funk und Oppermann
zählte Mohn zu den Gründern des Architekten- und
Ingenieurvereins Hannover.
Quellen: Nekrolog, in: ZAIVH, 19 (1873), Sp. 151-152.
Scholl, Ingenieure in der Frühindustrialisierung, 1978, S. 185-189.
Christian Otto Mohr
* 8.10.1835 in Wesselburen, t 3.10.1918 in Dresden,
Ingenieur, Professor für technische Mechanik und
Festigkeitslehre.
Mohr besuchte das Polytechnikum in Hannover und
trat anschließend in den Dienst der Hannoverschen
und Oldenburgischen Staatsbahnen. Ende der 1850er
Jahre entwickelte er für das zweite Gleis der llme-
naubrücke bei Bienenbüttel (3/3/B48a) erstmalig in
Deutschland eiserne Überbauten in Form von paral-
lelgurtigen Fachwerkträgern (Abb. 20). Für die
Berechnung diente ein Momentenverfahren, das
August Ritter, ohne den wahren Verfasser zu nennen,
in seinen Vorträgen einsetzte. Das „Rittersche
Verfahren" geht daher im Grunde genommen auf
Mohr zurück. Große Bedeutung erlangte zudem sein
Werk über „Durchlaufende Träger", das die statische
Problematik der Konstruktion verdeutlichte. 1867
folgte er einem Ruf an das Polytechnikum in Stuttgart,
um das Lehrgebiet technische Mechanik, Trassieren
und Erdbau zu vertreten. Im Gegensatz zu analyti-
schen Verfahren vermittelte Mohr zeichnerische
Methoden zur Lösung statischer Aufgaben. Ab 1868
wandte er die zeichnerische Darstellung der Biegelinie
an, die ihm Weltruf einbrachte und damals die
Fachwelt überraschte, weil Culmann kurz zuvor die
Meinung vertreten hatte, „daß die doppelte Integ-
ration des analytischen Verfahrens niemals auf zeich-
nerischem Wege befriedigend gelöst werden könn-
te. " 1873 wechselte Mohr als Professor für technische
Mechanik und Festigkeitslehre an die Technische
Hochschule nach Dresden. Unter Anwendung neuer
graphischer Methoden bildeten seine wissenschaftli-
chen Arbeiten die wesentlichen Grundlagen der
Baustatik.
Quellen: Otto Mohr +, in: ZdB, 18 (1918), S. 425.
Otto Mohr +, DBZ, 52 (1918), S. 381.
Matschoss, Männer der Technik, 1925, S. 178.