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Das Reichserntedankfest als emotional hoch aufgeladenes Event
Bernhard Gelderblom
Schöner Schein
Dass von nun an jährlich ein großes Deutsches
Erntedankfest stattfinden sollte, erfuhr der Bürger des
„Dritten Reiches" Mitte Juli 1933 aus der Zeitung.
„Das deutsche Bauerntum ... wird an diesem Tage ...
nicht nur ein machtvolles Bekenntnis zum neuen
Reich ablegen, sondern auch seine Bedeutung als
Volksernährer vor aller Augen führen."1
Nachdem der 1. Mai, der Kampftag der Arbeiter-
bewegung, gewaltsam in den „Tag der nationalen
Arbeit", das höchste Fest der Volksgemeinschaft,
umgewandelt worden war, sollte der Bauernstand
durch eine große Ehrung in die NS-Volksgemeinschaft
eingegliedert werden. Das Erntedankfest ist ein Teil
des Prozesses der Machtübernahme, der die National-
sozialisten in den Besitz der totalen Herrschaft brin-
gen sollte. Bei den Bauern wählten sie den Weg der
Verführung. Über ein riesiges Fest sollten sie an das
Regime gebunden werden. Wochen vergingen im
Sommer 1933 mit der Suche nach einem geeigneten
Festplatz. Am 16. September 1933 gab Goebbels als
Initiator des Festes bekannt: Der „Staatsakt. zum
Erntedank" findet auf dem Bückeberg bei Hameln
statt. Der Ort des Festes sollte Niedersachsen sein, das
urdeutsche Germanenland voll heiliger Eichen, zwi-
schen denen der Geist Widukinds schwebte, und an
der Weser - deutsch von der Quelle bis zur Mündung
- liegen. Daneben musste der Platz über gute Bahn-
verbindungen verfügen, um große Massen von Men-
schen zu bewegen. Das traf in vorzüglicher Weise auf
Hameln zu. Die günstige Neigung des Berges und die
Tatsache, dass es sich bei dem Gelände um Domänen-
land handelte, über das ohne Probleme verfügt wer-
den konnte, ließen die Wahl auf den Bückeberg fal-
len.
Gegenüber den Teilnehmern des Festes hat man die
Wahl anders begründet:
Das Land um den Bückeberg sei eine Schicksals-
stätte deutscher Geschichte. Die Varusschlacht,
aber auch die Kämpfe Widukinds mit Karl dem
Großen hätten hier stattgefunden.
Aus dem Namen Helleberg - so heißt der gesam-
2 Bückeberg, Ldkr. Hameln-Pyrmont. Blick auf den „Führerweg" von der Rednertribüne aus. Nach Abschluss der großen
„Schauübung der Reichswehr" befindet sich Hitler auf dem „Weg durchs Volk" nach unten zur Rednertribüne.
Das Reichserntedankfest als emotional hoch aufgeladenes Event
Bernhard Gelderblom
Schöner Schein
Dass von nun an jährlich ein großes Deutsches
Erntedankfest stattfinden sollte, erfuhr der Bürger des
„Dritten Reiches" Mitte Juli 1933 aus der Zeitung.
„Das deutsche Bauerntum ... wird an diesem Tage ...
nicht nur ein machtvolles Bekenntnis zum neuen
Reich ablegen, sondern auch seine Bedeutung als
Volksernährer vor aller Augen führen."1
Nachdem der 1. Mai, der Kampftag der Arbeiter-
bewegung, gewaltsam in den „Tag der nationalen
Arbeit", das höchste Fest der Volksgemeinschaft,
umgewandelt worden war, sollte der Bauernstand
durch eine große Ehrung in die NS-Volksgemeinschaft
eingegliedert werden. Das Erntedankfest ist ein Teil
des Prozesses der Machtübernahme, der die National-
sozialisten in den Besitz der totalen Herrschaft brin-
gen sollte. Bei den Bauern wählten sie den Weg der
Verführung. Über ein riesiges Fest sollten sie an das
Regime gebunden werden. Wochen vergingen im
Sommer 1933 mit der Suche nach einem geeigneten
Festplatz. Am 16. September 1933 gab Goebbels als
Initiator des Festes bekannt: Der „Staatsakt. zum
Erntedank" findet auf dem Bückeberg bei Hameln
statt. Der Ort des Festes sollte Niedersachsen sein, das
urdeutsche Germanenland voll heiliger Eichen, zwi-
schen denen der Geist Widukinds schwebte, und an
der Weser - deutsch von der Quelle bis zur Mündung
- liegen. Daneben musste der Platz über gute Bahn-
verbindungen verfügen, um große Massen von Men-
schen zu bewegen. Das traf in vorzüglicher Weise auf
Hameln zu. Die günstige Neigung des Berges und die
Tatsache, dass es sich bei dem Gelände um Domänen-
land handelte, über das ohne Probleme verfügt wer-
den konnte, ließen die Wahl auf den Bückeberg fal-
len.
Gegenüber den Teilnehmern des Festes hat man die
Wahl anders begründet:
Das Land um den Bückeberg sei eine Schicksals-
stätte deutscher Geschichte. Die Varusschlacht,
aber auch die Kämpfe Widukinds mit Karl dem
Großen hätten hier stattgefunden.
Aus dem Namen Helleberg - so heißt der gesam-
2 Bückeberg, Ldkr. Hameln-Pyrmont. Blick auf den „Führerweg" von der Rednertribüne aus. Nach Abschluss der großen
„Schauübung der Reichswehr" befindet sich Hitler auf dem „Weg durchs Volk" nach unten zur Rednertribüne.