Michael M. Rind
Quo vadis, Bodendenkmalpflege?
Im Rahmen des Kolloquiums wurden einige Fragen
vorgegeben, dazu zählt die erste Frage: „Werden ar-
chäologische Interessen frühzeitig und umfassend im
Sinne einer integrierten Gesamtplanung in Vorhaben
einbezogen oder sind sie notwendiges Übel?" Für die
westfälische Landesarchäologie lassen sich hier so-
wohl positive wie auch negative Bespiele anführen.
Für gängige Planfeststellungsverfahren bemüht sich
die LWL-Archäologie für Westfalen bereits im Vor-
feld durch Fachbeiträge zu Kulturlandschaftsplänen
rechtzeitig auf potenzielle Probleme hinzuweisen. In
der Praxis werden in Nordrhein-Westfalen die meisten
Benehmensherstellungen zwischen den Unteren und
Oberen Denkmalbehörden und den Landschaftsver-
bänden nach § 21 DSchG pragmatisch und problem-
frei gelöst. Gefahren lauern aber dennoch, so muss
man derzeit befürchten, dass Benehmensherstellun-
gen im Zuge der geplanten Novellierung des Wind-
energieerlasses ausgehebelt werden könnten. Auch
die angedachte Evaluation des nordrhein-westfäli-
schen Denkmalschutzgesetzes birgt vielfältige Gefah-
ren. Diskutiert wird hierbei ein Ranking von Denkmä-
lern, „Haltbarkeitsdaten" derselben und das generelle
Aussetzen von Benehmensherstellungen bei besonde-
ren politisch bzw. wirtschaftlich motivierten Projekten.
Es gibt sowohl Beispiele dafür, dass Interessen und
Belange der Bodendenkmalpflege von Archäologen
frühzeitig und aktiv als planungsrelevante Faktoren
und Erhaltungsaufgabe in situ eingebracht werden als
auch Gegenbeispiele, dass diese auf wissenschaftliche
Dokumentations- und Forschungsinteressen verkürzt
werden, die sich auf Veröffentlichungen, Museumsan-
gebote oder andere Medien der Vermittlung konzen-
trieren.
In der alltäglichen Praxis kommt es naturgemäß un-
vermeidlich gelegentlich dazu, dass archäologische
Denkmalpflege häufig erst während der Durchfüh-
rung von Maßnahmen in die Projektabwicklung ein-
bezogen und nur als unvermeidlicher Zeit- und Kos-
tenfaktor von Planungsseite in Kauf genommen wird.
Bei Forschungsgrabungen dagegen wird der Umgang
mit dem Befund und der Ausgrabungsstätte nach Be-
endigung der Grabung bereits in die Planungsphase
mit einbezogen. Gerade die mittel- und langfristige
Konservierung von freigegrabenen Befundstrukturen
hat einen hohen Stellenwert.
Ein Konflikt zwischen Erhaltungs-und Forschungsinte-
resse bzw. zwischen wissenschaftlicher Interpretation
und touristisch-medialer Vermittlung lässt sich nicht
immer vermeiden, gerade in Bezug auf Erhaltung von
Ruinen und deren konservatorisch-restauratorische
Belange; hier ist Weitsichtigkeit gefordert. Oft ist der
Schutz im Boden vorzuziehen, aber nicht immer ist
dieser Schutz auch langfristig gesichert; Nachhaltig-
keit sollte im Vordergrund stehen.
Es ist ein allgemein bekanntes Paradoxon, dass Aus-
grabung archäologischer Denkmale meist auch Zer-
störung bedeutet, der Verzicht auf Grabung hingegen
in der Regel einen Beitrag zur Denkmalerhaltung. Die-
ser Widerspruch für die Formulierung archäologischer
Interessen und Ziele lässt sich nur mit gegenseitiger
Rücksichtnahme und Bereitschaft zu Kompromissen
lösen. Eine frühzeitige Einbindung in die Vorbereitung
von Not- bzw. Rettungs- und Forschungsgrabungen
ist dazu notwendig.
Eine Gefahr für die archäologische Bodendenkmal-
pflege lauert in der Ökonomisierung unserer Kulturpo-
litik, die mit einer ständigen Legitimation unseres Tuns
und unserer Aufgaben verbunden ist. Mitunter lässt
sich beobachten, dass Aussagen von Wissenschaftlern
und Fachämtern nicht mit dem notwendigen Ernst zur
Kenntnis genommen werden. Leider lassen sich erste
Schritte zum Ausverkauf von Kulturgut schon erken-
nen und man kann nur hoffen, dass Einsicht hier dem
kommerziellen Interesse vorgezogen wird.
Archäologische Forschung und Bodendenkmalpflege
sorgen für die Sicherung bzw. Dokumentation unse-
res gefährdeten bzw. zerstörten Archivs im Boden.
Darstellung von Forschungsergebnissen und museale
Präsentationen in den Museen sollten deshalb als po-
sitive Ankerpunkte der Gesellschaft wahrgenommen
werden.
Anmerkung
1 Zusammenfassung eines Vortrags, gehalten am 7. No-
vember 2014 im Rahmen des ICOMOS-Kolloquiums auf der
denkmal 2014 in Leipzig.
11
Quo vadis, Bodendenkmalpflege?
Im Rahmen des Kolloquiums wurden einige Fragen
vorgegeben, dazu zählt die erste Frage: „Werden ar-
chäologische Interessen frühzeitig und umfassend im
Sinne einer integrierten Gesamtplanung in Vorhaben
einbezogen oder sind sie notwendiges Übel?" Für die
westfälische Landesarchäologie lassen sich hier so-
wohl positive wie auch negative Bespiele anführen.
Für gängige Planfeststellungsverfahren bemüht sich
die LWL-Archäologie für Westfalen bereits im Vor-
feld durch Fachbeiträge zu Kulturlandschaftsplänen
rechtzeitig auf potenzielle Probleme hinzuweisen. In
der Praxis werden in Nordrhein-Westfalen die meisten
Benehmensherstellungen zwischen den Unteren und
Oberen Denkmalbehörden und den Landschaftsver-
bänden nach § 21 DSchG pragmatisch und problem-
frei gelöst. Gefahren lauern aber dennoch, so muss
man derzeit befürchten, dass Benehmensherstellun-
gen im Zuge der geplanten Novellierung des Wind-
energieerlasses ausgehebelt werden könnten. Auch
die angedachte Evaluation des nordrhein-westfäli-
schen Denkmalschutzgesetzes birgt vielfältige Gefah-
ren. Diskutiert wird hierbei ein Ranking von Denkmä-
lern, „Haltbarkeitsdaten" derselben und das generelle
Aussetzen von Benehmensherstellungen bei besonde-
ren politisch bzw. wirtschaftlich motivierten Projekten.
Es gibt sowohl Beispiele dafür, dass Interessen und
Belange der Bodendenkmalpflege von Archäologen
frühzeitig und aktiv als planungsrelevante Faktoren
und Erhaltungsaufgabe in situ eingebracht werden als
auch Gegenbeispiele, dass diese auf wissenschaftliche
Dokumentations- und Forschungsinteressen verkürzt
werden, die sich auf Veröffentlichungen, Museumsan-
gebote oder andere Medien der Vermittlung konzen-
trieren.
In der alltäglichen Praxis kommt es naturgemäß un-
vermeidlich gelegentlich dazu, dass archäologische
Denkmalpflege häufig erst während der Durchfüh-
rung von Maßnahmen in die Projektabwicklung ein-
bezogen und nur als unvermeidlicher Zeit- und Kos-
tenfaktor von Planungsseite in Kauf genommen wird.
Bei Forschungsgrabungen dagegen wird der Umgang
mit dem Befund und der Ausgrabungsstätte nach Be-
endigung der Grabung bereits in die Planungsphase
mit einbezogen. Gerade die mittel- und langfristige
Konservierung von freigegrabenen Befundstrukturen
hat einen hohen Stellenwert.
Ein Konflikt zwischen Erhaltungs-und Forschungsinte-
resse bzw. zwischen wissenschaftlicher Interpretation
und touristisch-medialer Vermittlung lässt sich nicht
immer vermeiden, gerade in Bezug auf Erhaltung von
Ruinen und deren konservatorisch-restauratorische
Belange; hier ist Weitsichtigkeit gefordert. Oft ist der
Schutz im Boden vorzuziehen, aber nicht immer ist
dieser Schutz auch langfristig gesichert; Nachhaltig-
keit sollte im Vordergrund stehen.
Es ist ein allgemein bekanntes Paradoxon, dass Aus-
grabung archäologischer Denkmale meist auch Zer-
störung bedeutet, der Verzicht auf Grabung hingegen
in der Regel einen Beitrag zur Denkmalerhaltung. Die-
ser Widerspruch für die Formulierung archäologischer
Interessen und Ziele lässt sich nur mit gegenseitiger
Rücksichtnahme und Bereitschaft zu Kompromissen
lösen. Eine frühzeitige Einbindung in die Vorbereitung
von Not- bzw. Rettungs- und Forschungsgrabungen
ist dazu notwendig.
Eine Gefahr für die archäologische Bodendenkmal-
pflege lauert in der Ökonomisierung unserer Kulturpo-
litik, die mit einer ständigen Legitimation unseres Tuns
und unserer Aufgaben verbunden ist. Mitunter lässt
sich beobachten, dass Aussagen von Wissenschaftlern
und Fachämtern nicht mit dem notwendigen Ernst zur
Kenntnis genommen werden. Leider lassen sich erste
Schritte zum Ausverkauf von Kulturgut schon erken-
nen und man kann nur hoffen, dass Einsicht hier dem
kommerziellen Interesse vorgezogen wird.
Archäologische Forschung und Bodendenkmalpflege
sorgen für die Sicherung bzw. Dokumentation unse-
res gefährdeten bzw. zerstörten Archivs im Boden.
Darstellung von Forschungsergebnissen und museale
Präsentationen in den Museen sollten deshalb als po-
sitive Ankerpunkte der Gesellschaft wahrgenommen
werden.
Anmerkung
1 Zusammenfassung eines Vortrags, gehalten am 7. No-
vember 2014 im Rahmen des ICOMOS-Kolloquiums auf der
denkmal 2014 in Leipzig.
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