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Wohin wollen wir? - Architektur und Bauen
Joachim Brenncke
In dem einleitenden Text des Tagungsprogramms
heißt es unter anderem: „Zwangsläufig stellt sich
damit am Beginn jeder Planung die Frage nach dem
Umgang mit den freigelegten Relikten. Für Archäolo-
gen und Bodendenkmalpfleger sind der Schutz, die
Erhaltung und die Vermittlung des archäologischen
Erbes ein Hauptanliegen. Im natürlichen Widerspruch
dazu scheinen die klassischen Aufgaben von Planern
und Architekten zu stehen. Und doch können gerade
sie zentrale Beiträge leisten, indem sie historische Orte
durch ihre Gestaltung sichtbar machen, in moderne
bauliche und soziale Zusammenhänge integrieren,
somit die Öffentlichkeit sensibilisieren und Partizipati-
onsmöglichkeiten bieten."
Wie dieser, aus meiner Sicht immer wieder neu zu leis-
tende Spagat gelingen kann, dazu werde ich nachfol-
gend den Standpunkt der Architektenschaft mit rele-
vanten Eckpunkten darlegen. Klar sein muss in diesem
Zusammenhang, dass es sich bei dem Berufsstand
nicht nur um Hochbauarchitekten handelt, sondern
dass die Spannweite von Landschaftsarchitekten über
Stadtplaner bis hin zu Innenarchitekten reicht.
Was bei allen gleich ist, ist die Verantwortung ge-
genüber der Gesellschaft. Mit dem, was wir baulich
hinterlassen, müssen sich die Menschen auseinander-
setzen, ob diese es wollen oder auch nicht. Was eben-
falls, und das nicht zuletzt, wichtig ist, ist die Verant-
wortung den unterschiedlichen Bauherren gegenüber.
Hier geht es dann - neben einer gelungenen Architek-
tur - um solche Schlagworte wie Kostenrahmen und
Termintreue.
Was die Kolleginnen und Kollegen der einzelnen Fach-
richtungen ebenfalls verbindet, ist, dass alle im Verlauf
ihres Berufslebens, sicherlich mit unterschiedlicher In-
tensität, mit dem Thema der Archäologie konfrontiert
sind.
Beispiele, wie die Öffentlichkeit über archäologische
Sachverhalte informiert wird und diese auch annimmt,
gibt es sicherlich viele. Auch ist festzustellen, dass die
Auseinandersetzung mit der gebauten Vergangen-
heit, mit den überkommenen Relikten, die Menschen
einer Region, einer Stadt, eines Dorfes bewegt. Je
nach dem unterschiedlichen Grad des Betroffenseins
fallen dann das Interesse und die Reaktionen aus.
Ein Beispiel aus meiner Heimatstadt, aus Schwerin: In
der Ausgabe der Schweriner Volkszeitung vom 7. Ok-
tober 2014 war folgende Schlagzeile zu lesen: „Sen-
sation unterm Schloss: Schwerin älter als gedacht".
Was war geschehen? Im Rahmen von Bauarbeiten im
Schlossinnenhof hatten Archäologen bei Grabungen
einen intakten hölzernen slawischen Burgwall, datiert
auf das Jahr 965, freigelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt
hatten die historischen Zeitzeugnisse nur bis in das
Jahr 1018 zurückgereicht. Die weiteren Kernaussa-
gen, die auch in dem Zeitungsartikel aufgeführt sind,
lauten: „Die Kosten für Ausgrabung, Sicherstellung
und wissenschaftliche Aufarbeitung werden sich vo-
raussichtlich verzehnfachen" und: „Durch die Aus-
grabung verzögert sich die Fertigstellung des Versor-
gungstunnels im Schlossinnenhof voraussichtlich um
mehrere Monate .
Bauherr für den Schlossumbau ist das Land Mecklen-
burg-Vorpommern. Für diesen war der „Sensations-
fund", auch in Zusammenhang mit der beabsichtig-
ten Welterbebewerbung des Schweriner Residenzen-
sembles, ein Glücksfall. Die daraus folgende Kostener-
höhung und die nicht unerhebliche Verlängerung der
Bauzeit sind in den finanziellen Folgen sicherlich gut
zu bewältigen. Vermutlich anders würde der Sachver-
halt bei einem privaten Bauherrn, mit einem engen
Kosten- und Terminrahmen, aussehen.
Selbstverständlich ist der Fundort im Schweriner
Schlossinnenhof mehrfach für Besucher zugänglich
gemacht worden, die dann auch in Scharen in den
Schlossinnenhof geströmt sind - archäologische Fun-
de, Vergangenheit interessierten die Menschen.
Dieses Interesse an einer erlebbaren, baulich gestal-
teten Vergangenheitsinformation gibt es an vielen
Orten in Deutschland. Die baulichen Bezüge sind da-
bei so unterschiedlich wie die archäologischen Funde.
Diese sind jedoch immer in dem Kontext von Land-
schaftsraum, Stadtraum und Gebäude zu sehen, oft
auch in Kombination.
Wie sehen die Ergebnisse eines solchen gestalteten
Umgangs aus, was könnte als beispielhaft bezeichnet
werden?
Beispiel: Archäologie und Landschaftsraum -
Limesmuseum im Römerpark Ruffenhofen
Seit Juli 2005 gehört der Römerpark Ruffenhofen
(Landkreis Ansbach/Bayern) als Teil des ehemaligen rö-
mischen Grenzsystems zum UNESCO-Welterbe Limes.
Das Limesmuseum und der Archäologische Park ha-
ben ihre historische Grundlage in einem Kastell, das
die Römer vor etwa 1900 Jahren nahe dem heutigen
Dorf Ruffenhofen errichtet hatten. Das Bodendenkmal
schließt auch Teile einer zum Kastell zugehörenden Zi-
vilsiedlung ein. Die Fläche war in der Folge landwirt-
schaftlich genutzt worden, aber ohne Überbauung.
Damit waren gute Voraussetzungen zur Erhaltung
von historischen Bauteilen unter der Geländeoberflä-
che gegeben.
Wohin wollen wir? - Architektur und Bauen
Joachim Brenncke
In dem einleitenden Text des Tagungsprogramms
heißt es unter anderem: „Zwangsläufig stellt sich
damit am Beginn jeder Planung die Frage nach dem
Umgang mit den freigelegten Relikten. Für Archäolo-
gen und Bodendenkmalpfleger sind der Schutz, die
Erhaltung und die Vermittlung des archäologischen
Erbes ein Hauptanliegen. Im natürlichen Widerspruch
dazu scheinen die klassischen Aufgaben von Planern
und Architekten zu stehen. Und doch können gerade
sie zentrale Beiträge leisten, indem sie historische Orte
durch ihre Gestaltung sichtbar machen, in moderne
bauliche und soziale Zusammenhänge integrieren,
somit die Öffentlichkeit sensibilisieren und Partizipati-
onsmöglichkeiten bieten."
Wie dieser, aus meiner Sicht immer wieder neu zu leis-
tende Spagat gelingen kann, dazu werde ich nachfol-
gend den Standpunkt der Architektenschaft mit rele-
vanten Eckpunkten darlegen. Klar sein muss in diesem
Zusammenhang, dass es sich bei dem Berufsstand
nicht nur um Hochbauarchitekten handelt, sondern
dass die Spannweite von Landschaftsarchitekten über
Stadtplaner bis hin zu Innenarchitekten reicht.
Was bei allen gleich ist, ist die Verantwortung ge-
genüber der Gesellschaft. Mit dem, was wir baulich
hinterlassen, müssen sich die Menschen auseinander-
setzen, ob diese es wollen oder auch nicht. Was eben-
falls, und das nicht zuletzt, wichtig ist, ist die Verant-
wortung den unterschiedlichen Bauherren gegenüber.
Hier geht es dann - neben einer gelungenen Architek-
tur - um solche Schlagworte wie Kostenrahmen und
Termintreue.
Was die Kolleginnen und Kollegen der einzelnen Fach-
richtungen ebenfalls verbindet, ist, dass alle im Verlauf
ihres Berufslebens, sicherlich mit unterschiedlicher In-
tensität, mit dem Thema der Archäologie konfrontiert
sind.
Beispiele, wie die Öffentlichkeit über archäologische
Sachverhalte informiert wird und diese auch annimmt,
gibt es sicherlich viele. Auch ist festzustellen, dass die
Auseinandersetzung mit der gebauten Vergangen-
heit, mit den überkommenen Relikten, die Menschen
einer Region, einer Stadt, eines Dorfes bewegt. Je
nach dem unterschiedlichen Grad des Betroffenseins
fallen dann das Interesse und die Reaktionen aus.
Ein Beispiel aus meiner Heimatstadt, aus Schwerin: In
der Ausgabe der Schweriner Volkszeitung vom 7. Ok-
tober 2014 war folgende Schlagzeile zu lesen: „Sen-
sation unterm Schloss: Schwerin älter als gedacht".
Was war geschehen? Im Rahmen von Bauarbeiten im
Schlossinnenhof hatten Archäologen bei Grabungen
einen intakten hölzernen slawischen Burgwall, datiert
auf das Jahr 965, freigelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt
hatten die historischen Zeitzeugnisse nur bis in das
Jahr 1018 zurückgereicht. Die weiteren Kernaussa-
gen, die auch in dem Zeitungsartikel aufgeführt sind,
lauten: „Die Kosten für Ausgrabung, Sicherstellung
und wissenschaftliche Aufarbeitung werden sich vo-
raussichtlich verzehnfachen" und: „Durch die Aus-
grabung verzögert sich die Fertigstellung des Versor-
gungstunnels im Schlossinnenhof voraussichtlich um
mehrere Monate .
Bauherr für den Schlossumbau ist das Land Mecklen-
burg-Vorpommern. Für diesen war der „Sensations-
fund", auch in Zusammenhang mit der beabsichtig-
ten Welterbebewerbung des Schweriner Residenzen-
sembles, ein Glücksfall. Die daraus folgende Kostener-
höhung und die nicht unerhebliche Verlängerung der
Bauzeit sind in den finanziellen Folgen sicherlich gut
zu bewältigen. Vermutlich anders würde der Sachver-
halt bei einem privaten Bauherrn, mit einem engen
Kosten- und Terminrahmen, aussehen.
Selbstverständlich ist der Fundort im Schweriner
Schlossinnenhof mehrfach für Besucher zugänglich
gemacht worden, die dann auch in Scharen in den
Schlossinnenhof geströmt sind - archäologische Fun-
de, Vergangenheit interessierten die Menschen.
Dieses Interesse an einer erlebbaren, baulich gestal-
teten Vergangenheitsinformation gibt es an vielen
Orten in Deutschland. Die baulichen Bezüge sind da-
bei so unterschiedlich wie die archäologischen Funde.
Diese sind jedoch immer in dem Kontext von Land-
schaftsraum, Stadtraum und Gebäude zu sehen, oft
auch in Kombination.
Wie sehen die Ergebnisse eines solchen gestalteten
Umgangs aus, was könnte als beispielhaft bezeichnet
werden?
Beispiel: Archäologie und Landschaftsraum -
Limesmuseum im Römerpark Ruffenhofen
Seit Juli 2005 gehört der Römerpark Ruffenhofen
(Landkreis Ansbach/Bayern) als Teil des ehemaligen rö-
mischen Grenzsystems zum UNESCO-Welterbe Limes.
Das Limesmuseum und der Archäologische Park ha-
ben ihre historische Grundlage in einem Kastell, das
die Römer vor etwa 1900 Jahren nahe dem heutigen
Dorf Ruffenhofen errichtet hatten. Das Bodendenkmal
schließt auch Teile einer zum Kastell zugehörenden Zi-
vilsiedlung ein. Die Fläche war in der Folge landwirt-
schaftlich genutzt worden, aber ohne Überbauung.
Damit waren gute Voraussetzungen zur Erhaltung
von historischen Bauteilen unter der Geländeoberflä-
che gegeben.