Marcus Trier 59
Bodendenkmalpflege in Köln - Bauen in historischem Boden
kleinere Teilflächen zerstückelt, was die Gelände-
dokumentation erheblich erschwerte. Nur für kurze
Zeit wurde unter freiem Himmel und Tageslicht ge-
graben. Nachdem der Voraushub eine Tiefe von 3 m
erreicht hatte, wurden Hilfsbrücken aus Stahl und
Beton über der Baugrube verlegt (Abb. 10). Über
diese Behelfsbrücken wurde der Verkehr geführt. Die
Ausgrabungen fanden danach in der Folge „unter
Deckel" unterirdisch im Licht von Jupiterlampen statt.
Trotz der Beton- und Stahldecken waren die archäo-
logischen Arbeiten vor Wassereinbrüchen nicht ge-
schützt. Probleme machten sowohl starke Nieder-
schläge, die unkontrolliert in die Baugrube eindran-
gen, als auch geplatzte Kanäle. Zeitweise wurde im
Mehrschichtbetrieb gearbeitet.
Parallel zur Geländearbeit wurden die Ausgrabungs-
funde im Innendienst gereinigt, bestimmt, in Daten-
banken erfasst und magazinfähig verpackt. In publi-
kationsfähigen wissenschaftlichen und technischen
Berichten wurden die Ergebnisse der Ausgrabungen
beschrieben und erörtert.
Ziel ist es, die Ergebnisse der U-Bahn-Untersuchungen
möglichst zeitnah in Monografien und in den Kölner
Jahrbüchern zu veröffentlichen. Erste Manuskripte
zu einzelnen Sachthemen sind bereits erschienen,
etwa den römischen Amphorenbruchstücken mit
Pinselaufschriften11 oder einer mittelalterlichen Berg-
kristallwerkstatt.12
U-Bahn-Bau und Denkmalerhaltung
Der Erhalt ortsfester archäologischer Bodendenkmäler
im Zuge eines linearen Bauvorhabens mit Planfest-
stellungsbeschluss ist, gerade in einer dicht bebauten
historischen Großstadt wie Köln, ein schwer umsetz-
bares Unterfangen. Umso erfreulicher ist es, dass eine
ganze Reihe von Bodendenkmälern erhalten werden
konnte.
Einen besonderer Erfolg war es, ein Teilstück der
römischen Stadtmauer am Kurt-Hackenberg-Platz
- in der Nachbarschaft des Römisch-Germanischen
Museums gelegen - zu erhalten (Abb. 11). Die Stadt-
mauer verläuft dort in Nord-Süd-Richtung und quert
die Baugrube der Nord-Süd-Stadtbahn auf 25 m
Länge. Eine Verlegung der Trasse war nicht umsetzbar,
da hier der Anschluss an eine bestehende Trasse
notwendig war.
Die im letzten Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts errichtete
Stadtmauer erhebt sich übereinem 3 m breiten Sockel,
der hier auf der zum Rhein ausgerichteten Mauerfront
mehr als 10 m unter der modernen Platzfläche liegt.
Im Aufgehenden ist die Stadtmauer 2,4 m stark und
besteht aus Schalmauern mit sorgfältig behauenen
Grauwackehandquadern und einem Gusskern (opus
caementitium).
In der Baugrube wurde 2007 ein 6,5 x 7,4 m großes
Torhaus freigelegt, dessen 2,7 m breite Toröffnung mit
großen Sandsteinblöcken alsTorgewänden ausgebildet
ist.13 Zum Hafen öffnete sich das Tor über einem 2 m
hohen, mit großen Tuffsteinquadern abgedeckten
Auslass eines römischen Abwasserkanals. Unmittelbar
vor der Stadtmauer waren schwere, rechteckig zuge-
schlagene Eichenhölzer einer Pfahlwand im Boden
erhalten, die der Sicherung des Baugrundes beim
Bau der Stadtmauer dienten. Erhalten war auch der
„verlorene" Verbau der Baugrube aus Tannenhölzern.
In den Grundwasser führenden Erdschichten hatten
sich die römischen Hölzer sehr gut erhalten. Das
Hafentor wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. zum Schutz
vor fränkischen Überfällen mit wieder verwendeten
Architekturteilen - Säulenfragmente, ältere Grab-
und Weihesteine - zugemauert. Bis ins das hohe
Mittelalter wurde die antike Stadtmauer gepflegt. Im
Nordosten der Stadt diente sie im 12. Jahrhundert als
Baugrund erzbischöflicher Häuser beim Dom. Auch
hiervon hatten sich Baureste erhalten.
Nachdem deutlich war, wie gut dieses Denkmalen-
semble erhalten war, wurden sofortige Verhandlungen
zur dauerhaften Sicherung dieses bedeutenden Be-
fundes eingeleitet. Mit einer ingenieurtechnischen
Meisterleistung ist es gelungen, große Teile - ein
12 m langes und 5 m hohes Teilstück mit Hafenturm,
Kanalauslass und mittelalterlichen Aufbauten - dauer-
haft zu erhalten. Der Fundamentsockel fiel dem Bau
der U-Bahn-Röhre zum Opfer, da hier die Tunnelröhre
der neuen U-Bahn in Richtung Dom führt. Das römische
Bauwerk ruht auf der Tunneldecke. Das Bodendenkmal
soll zeitnah der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden. Derzeit wird geprüft, ob man über einen
Treppenzugang vom Kurt-Hackenberg-Platz in den
unterirdischen Besucherraum herabsteigen, oder
ob der Zugang aus dem benachbarten Römisch-
Germanischen Museum heraus erfolgen kann.
Bodendenkmalpflege im Museum
Die gemeinsame Arbeit von Museum und Boden-
denkmalpflege auszustellen, war immer ein wichtiger
Aspekt der Sonderausstellungen im Römisch-Germa-
nischen Museum. Hierzu zählen die zwischen 1990
und 2010 realisierten großen archäologischen Landes-
ausstellungen Nordrhein-Westfalen oder auch die
Sonderausstellung „ZeitTunnel. 2000 Jahre Köln im
Spiegel der U-Bahn-Archäologie", die sich 2012/2013
den Ergebnissen der U-Bahn-Archäologie in Köln mit
großem Erfolg gewidmet hat (Abb. 12). Fast 120.000
Besucher haben eine Auswahl aus den reichen Fun-
den der Rettungsgrabungen bestaunt.14 Vieles wird
zukünftig, nach erfolgter Generalsanierung und Neu-
gestaltung der Ständigen Sammlung, dauerhaft im
Römisch-Germanischen Museum zu sehen sein.
Bodendenkmalpflege in Köln - Bauen in historischem Boden
kleinere Teilflächen zerstückelt, was die Gelände-
dokumentation erheblich erschwerte. Nur für kurze
Zeit wurde unter freiem Himmel und Tageslicht ge-
graben. Nachdem der Voraushub eine Tiefe von 3 m
erreicht hatte, wurden Hilfsbrücken aus Stahl und
Beton über der Baugrube verlegt (Abb. 10). Über
diese Behelfsbrücken wurde der Verkehr geführt. Die
Ausgrabungen fanden danach in der Folge „unter
Deckel" unterirdisch im Licht von Jupiterlampen statt.
Trotz der Beton- und Stahldecken waren die archäo-
logischen Arbeiten vor Wassereinbrüchen nicht ge-
schützt. Probleme machten sowohl starke Nieder-
schläge, die unkontrolliert in die Baugrube eindran-
gen, als auch geplatzte Kanäle. Zeitweise wurde im
Mehrschichtbetrieb gearbeitet.
Parallel zur Geländearbeit wurden die Ausgrabungs-
funde im Innendienst gereinigt, bestimmt, in Daten-
banken erfasst und magazinfähig verpackt. In publi-
kationsfähigen wissenschaftlichen und technischen
Berichten wurden die Ergebnisse der Ausgrabungen
beschrieben und erörtert.
Ziel ist es, die Ergebnisse der U-Bahn-Untersuchungen
möglichst zeitnah in Monografien und in den Kölner
Jahrbüchern zu veröffentlichen. Erste Manuskripte
zu einzelnen Sachthemen sind bereits erschienen,
etwa den römischen Amphorenbruchstücken mit
Pinselaufschriften11 oder einer mittelalterlichen Berg-
kristallwerkstatt.12
U-Bahn-Bau und Denkmalerhaltung
Der Erhalt ortsfester archäologischer Bodendenkmäler
im Zuge eines linearen Bauvorhabens mit Planfest-
stellungsbeschluss ist, gerade in einer dicht bebauten
historischen Großstadt wie Köln, ein schwer umsetz-
bares Unterfangen. Umso erfreulicher ist es, dass eine
ganze Reihe von Bodendenkmälern erhalten werden
konnte.
Einen besonderer Erfolg war es, ein Teilstück der
römischen Stadtmauer am Kurt-Hackenberg-Platz
- in der Nachbarschaft des Römisch-Germanischen
Museums gelegen - zu erhalten (Abb. 11). Die Stadt-
mauer verläuft dort in Nord-Süd-Richtung und quert
die Baugrube der Nord-Süd-Stadtbahn auf 25 m
Länge. Eine Verlegung der Trasse war nicht umsetzbar,
da hier der Anschluss an eine bestehende Trasse
notwendig war.
Die im letzten Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts errichtete
Stadtmauer erhebt sich übereinem 3 m breiten Sockel,
der hier auf der zum Rhein ausgerichteten Mauerfront
mehr als 10 m unter der modernen Platzfläche liegt.
Im Aufgehenden ist die Stadtmauer 2,4 m stark und
besteht aus Schalmauern mit sorgfältig behauenen
Grauwackehandquadern und einem Gusskern (opus
caementitium).
In der Baugrube wurde 2007 ein 6,5 x 7,4 m großes
Torhaus freigelegt, dessen 2,7 m breite Toröffnung mit
großen Sandsteinblöcken alsTorgewänden ausgebildet
ist.13 Zum Hafen öffnete sich das Tor über einem 2 m
hohen, mit großen Tuffsteinquadern abgedeckten
Auslass eines römischen Abwasserkanals. Unmittelbar
vor der Stadtmauer waren schwere, rechteckig zuge-
schlagene Eichenhölzer einer Pfahlwand im Boden
erhalten, die der Sicherung des Baugrundes beim
Bau der Stadtmauer dienten. Erhalten war auch der
„verlorene" Verbau der Baugrube aus Tannenhölzern.
In den Grundwasser führenden Erdschichten hatten
sich die römischen Hölzer sehr gut erhalten. Das
Hafentor wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. zum Schutz
vor fränkischen Überfällen mit wieder verwendeten
Architekturteilen - Säulenfragmente, ältere Grab-
und Weihesteine - zugemauert. Bis ins das hohe
Mittelalter wurde die antike Stadtmauer gepflegt. Im
Nordosten der Stadt diente sie im 12. Jahrhundert als
Baugrund erzbischöflicher Häuser beim Dom. Auch
hiervon hatten sich Baureste erhalten.
Nachdem deutlich war, wie gut dieses Denkmalen-
semble erhalten war, wurden sofortige Verhandlungen
zur dauerhaften Sicherung dieses bedeutenden Be-
fundes eingeleitet. Mit einer ingenieurtechnischen
Meisterleistung ist es gelungen, große Teile - ein
12 m langes und 5 m hohes Teilstück mit Hafenturm,
Kanalauslass und mittelalterlichen Aufbauten - dauer-
haft zu erhalten. Der Fundamentsockel fiel dem Bau
der U-Bahn-Röhre zum Opfer, da hier die Tunnelröhre
der neuen U-Bahn in Richtung Dom führt. Das römische
Bauwerk ruht auf der Tunneldecke. Das Bodendenkmal
soll zeitnah der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden. Derzeit wird geprüft, ob man über einen
Treppenzugang vom Kurt-Hackenberg-Platz in den
unterirdischen Besucherraum herabsteigen, oder
ob der Zugang aus dem benachbarten Römisch-
Germanischen Museum heraus erfolgen kann.
Bodendenkmalpflege im Museum
Die gemeinsame Arbeit von Museum und Boden-
denkmalpflege auszustellen, war immer ein wichtiger
Aspekt der Sonderausstellungen im Römisch-Germa-
nischen Museum. Hierzu zählen die zwischen 1990
und 2010 realisierten großen archäologischen Landes-
ausstellungen Nordrhein-Westfalen oder auch die
Sonderausstellung „ZeitTunnel. 2000 Jahre Köln im
Spiegel der U-Bahn-Archäologie", die sich 2012/2013
den Ergebnissen der U-Bahn-Archäologie in Köln mit
großem Erfolg gewidmet hat (Abb. 12). Fast 120.000
Besucher haben eine Auswahl aus den reichen Fun-
den der Rettungsgrabungen bestaunt.14 Vieles wird
zukünftig, nach erfolgter Generalsanierung und Neu-
gestaltung der Ständigen Sammlung, dauerhaft im
Römisch-Germanischen Museum zu sehen sein.