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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Umgang mit dem Original — Hannover: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 7.1988

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Begrüßung
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Begrüßung
Jens Schreiber
Oberbürgermeister der Stadt Lüneburg

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Cassens,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gebeßler,
sehr geehrter Herr Präsident Dr. Knollmann als Leiter des Nie-
dersächsischen Landesverwaltungsamtes und,
weil die Organisation beim Niedersächsischen Landesverwal-
tungsamt ja sicherlich nicht vergleichbar ist mit der einer öffent-
lichen Verwaltung der Stadt Lüneburg, herzlich willkommen
auch Herr Prof. Dr. Möller als Leiter des Institutes für Denkmal-
pflege innerhalb dieses Amtes,
sehr geehrter Herr Regierungspräsident Dr. Becker,
sehr geehrte Abgeordnete,
meine sehr verehrten Damen, meine Herren,
es ist nicht übertrieben, wenn ich Ihnen sage, daß sich Lüne-
burg, stellvertretend durch den Oberbürgermeister der Stadt
geehrt fühlt, daß die Bundestagung der Landesdenkmalpfle-
ger in diesem Jahr hier stattfindet, dazu noch in einem der
schönsten Säle, die wir vorzuzeigen haben, im Fürstensaal
des nun mehr als 600 Jahre alten Rathauses der Stadt Lüne-
burg. Sicherlich nicht nur zufällig haben Sie gerade Lüneburg
für Ihre Bundestagung ausgewählt. Immerhin befinden Sie
sich in den Mauern einer Stadt, die mehr als 1000 Jahre alt ist,
die urkundlich erstmalig im Jahre 956 erwähnt wurde. Eine
Stadt, die das Glück hatte, von Zerstörungen in den vergange-
nen Jahrhunderten verschont zu bleiben. Selbst der 30jährige
Krieg hat vor ihren Toren Halt gemacht, so daß Sie nun Stra-
ßen, Stadtstruktur und einzelne Häuser sehen können, die
Ihnen nicht nur ein Augenschmaus sein können, sondern auch
ein interessantes Arbeitsgebiet eröffnen.
Dem Rat und der Verwaltung dieser Stadt ist sehr bewußt, daß
wir mit dem denkmalwürdigen Althausbestand ein kulturelles
Erbe ersten Ranges angetreten haben. Ein Erbe, dessen Ur-
sprung der Reichtum war, der durch das weiße Gold des Mit-
telalters, durch das Salz, entstand. Damals hat die Stadt auch
in finanzieller Hinsicht wahrlich bessere Zeiten gesehen als
heute. Es sind seinerzeit in der Innenstadt viele sehenswerte
Häuser im Baustil der norddeutschen Backsteingotik mit Staf-
felgiebeln entstanden. Während die Innenstadt sich vor allen
Dingen in den sechziger und siebziger Jahren als zentrales Ein-
kaufszentrum entwickeln konnte, baulich erneuert wurde und
man Fußgängerzonen einrichtete, blieb die Kernzelle der
Stadt, nämlich die westliche Altstadt, zunächst ohne planeri-
sche Perspektiven.
Es ist das Verdienst Lüneburger Bürger, die sich in dem Ar-
beitskreis Lüneburger Altstadt zusammengefunden haben,
daß Anfang der siebziger Jahre unter dem Gesichtspunkt der
Stadtsanierung und Modernisierung der Blick auf diesen
Stadtteil gelenkt wurde. Es mußte hier notwendigerweise ein
Umdenkungsprozeß beginnen, den Rat und Verwaltung mit
getragen haben. Sie können dies an der Tatsache ablesen,
daß im März 1986 der Rat ein Sanierungskonzept für die Kern-
zelle westliche Altstadt beschlossen hat. Damit werden im
Zeitraum der nächsten zehn Jahre mit erheblicher städti-

scher Beteiligung Investitionen in der Größenordnung von rd.
100 Mio. Mark in diesem Gebiet initiiert. Wir Kommunalpoliti-
ker, denen unsere BürgeraufZeit das Recht erteilt haben, Ent-
scheidungen zu treffen, sind der Forderung, daß dieser älteste
Teilbereich Lüneburgs nicht in musealer Feierlichkeit erstarren
darf, sondern kreativ und sensibel fortgeschrieben werden
muß, zu einem guten Teil bereits nachgekommen.
Es gibt sicherlich niemanden hier im Raum, der sich nicht dar-
über im klaren ist, daß wir uns bei dieser Aufgabe in einem
ganz erheblichen Spannungsfeld bewegen. Der Pfad ist
schmal, der einerseits eingegrenzt wird von den berechtigten
Ansprüchen der Denkmalschützer und Denkmalpfleger auf
der einen Seite und der Forderung, Neues in die historische
Bausubstanz zu integrieren auf der anderen Seite. Für mich
gibt es dabei keinen Zweifel, daß es auch eine Aufgabe der
heutigen Zeit ist, daß eine alte Stadt wie Lüneburg für den mo-
dernen Menschen lebensfähig und attraktiv bleiben muß. Es
darf bei einer Sanierung nicht darauf hinauslaufen, daß wir
unsere Baudenkmäler zu Theaterkulissen verkommen lassen
oder Bauwerke einzig nur nach kunstgeschichtlichen Ge-
sichtspunkten bewerten. Solche Entscheidungen könnten zu
einem Votum gegen die Lebensfähigkeit der Stadt interpretiert
werden. Andererseits sollten wir aus der Vergangenheit gelernt
haben, neue Bauten nicht nur an der Wirtschaftlichkeit zu mes-
sen. Werdern Denkmalschutz wirklich dienen will, der kann vor
solchen Pendelschlägen nur ernsthaft warnen. Nur wenn wir
alle eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte
praktizieren, dann wird es möglich sein, die Städte und ihre Tra-
ditionen nicht zu zerstören, sondern sie zu bewahren. Ich
meine, daß es auf diese Weise gelingen kann, dem heutigen
Zeitgeist eine Chance zu geben und die Stadt zu beleben.
Für die Kommunen, und ich schließe Rat und Verwaltung da in
einen Kreis, bedeutet das, ein besonderes Augenmerk auf die
kommenden städtebaulichen Entwicklungen zu haben. Eine
Aufgabe, vor der übrigens Kommunalpolitiker gemeinsam mit
Landespolitikern und auch Bundespolitikern in den nächsten
Jahren stehen werden. Es ist an derzeit, Stadtsanierung, Alt-
haus-Bestandsicherung und die Verbesserung der Innen-
stadtstruktur - ich bin so mutig sogar zu sagen: der Innen-
stadtkultur - zu verknüpfen und Lösungsmöglichkeiten dazu
nicht wankelmütig zu betrachten, sondern sie vielmehr rasch
und konsequent in die Tat umzusetzen.
Denkmalschutz und Denkmalpflege sind also aufgefordert, die
Brücken zwischen Kulturdenkmalen von Gestern über die Not-
wendigkeiten von Heute gemeinsam für Morgen zu entwik-
keln. Zu diesen schwierigen Aufgaben, meine Damen, meine
Herren, wünsche ich Ihnen allzeit eine gute Hand. Der Bundes-
tagung in unserem schönen Lüneburg wünsche ich ein positi-
ves Gelingen, und ich hoffe, daß Sie trotz der Vielzahl von Ar-
beit, die Sie vor sich liegen haben, etwas Muße finden, um sich
auch die Schönheiten der Stadt, nicht nur unter beruflichen
Gesichtspunkten anzusehen. Herzlichen Dank.

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