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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Umgang mit dem Original — Hannover: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 7.1988

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Kloß, Klaus-Peter; Schneider, Ursula; Roseneck, Reinhard: Arbeitsgespräch: Industriebau
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https://doi.org/10.11588/diglit.51140#0094
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Arbeitsgespräch: Industriebau
Die S-Bahn in Berlin als denkmalpflegerische Aufgabe
Klaus-Peter Kloß

Die Baugeschichte der Berliner S-Bahn ist eng verknüpft mit
der Entwicklung der Eisenbahnlinien des Fernverkehrs1. Das
besondere Merkmal der 1846 existierenden Bahnlinien (Pots-
damer Bahn 1838, Anhalter Bahn 1841, Stettiner Bahn 1842,
Frankfurter Bahn 1842, Hamburger Bahn 1846) waren deren
separate Endpunkte in Kopfbahnhöfen an der Zollmauer, ohne
jegliche Verbindung untereinander. Bereits in den 50er Jahren
entstanden Projekte für eine Verbindungsbahn, die allerdings
- von einer wenig praktikablen Zwischenlösung abgesehen2 -
erst 1871 in einem ersten Abschnitt als Ringbahn realisiert
wurde. Sie verband alle acht Kopfbahnhöfe miteinander. 1874
erfolgte mit der Anlage der sogenannten Wannseebahn die er-
ste, ausschließlich dem Vorortverkehr vorbehaltene Strecken-
führung, d.h. die Anlegung separater Gleiskörper neben bzw.
unabhängig von den Ferneisenbahnlinien. Diese Anlage mar-
kiert die Gründung des Berliner Vorortbahn- bzw. Nahver-
kehrssystems, der späteren S-Bahn.
1877 konnte der Ring mit der Inbetriebnahme der nordwest-
lichen Teilstrecke zwischen Moabit, Charlottenburg und Schö-


1 S-Bahnhof Friedenau, instandgesetzte Einhausung des Bahn-
steigabganges.

neberg geschlossen werden. Die Ringbahn mit einer Länge
von 37 km umschloß die Stadt in einem weiten Kreis und ver-
band die vor der Stadt gelegenen Dörfer. Für die Verlagerung
der Berliner Industrie und für die Bildung großer Wohnquartiere
war sie von großer siedlungspolitischer Bedeutung. In den
70er Jahren kamen als Fernbahnlinien die Dresdner Bahn
(1875), die Nordbahn (1877) und die Wetzlarer Staatsbahn
(1879) hinzu.
Die Stadtbahn, die mit einer viergleisigen Trasse gleichzeitig als
Fern- und als Vorortbahn konzipiert wurde, durchquerte die
Stadt in Ost-West-Richtung, wobei vier Bahnhöfe geschaffen
wurden. Um eine Behinderung des Straßenverkehrs auszu-
schließen, wurde die 12 km lange Strecke auf einem Viadukt
mit über 750 gemauerten Bögen angelegt. 1882 erfolgte die
Verkehrsfreigabe. Damit war das Grundkonzept des Berliner
Schienenverkehrs realisiert. Die 80er und 90er Jahre waren
durch Ausbauten am Gleiskörper mit dem Anlegen zusätzli-
cher, separater Gleise und kleinerer neuer Anschlüsse gekenn-
zeichnet.
In der Zeit zwischen den Weltkriegen kam es zur kompletten
Elektrifizierung des S-Bahn-Systems sowie zur Anlage der
Nord-Süd-Bahn, die im Stadtbereich in derTunnellage geführt
wurde (1934-39).
Trotz erheblicher Schäden im Zweiten Weltkrieg konnte bereits
im Juli 1945 der Betrieb teilweise wieder aufgenommen wer-
den, um sukzessive bis 1948 den Stand des gesamten alten
S-Bahnnetzes zu erreichen. Die Betriebsrechte lagen für das
gesamte Netz bei der Reichsbahn (DDR). 1980 kam es zu
einem Streik der Westberliner Reichsbahnangestellten gegen
die schlechten Arbeitsbedingungen, der mit der Stillegung von
sechs der insgesamt neun Linien beantwortet wurde. Dies
führte zur Schließung von 40 der vorhandenen 77 Bahnhöfe.
1984 wurde das Westberliner Streckennetz vom Senat von
Berlin übernommen.
Die besondere Konstellation seit 1945 hatte zur Folge, daß
kaum bauliche bzw. technische Veränderungen an der Ge-


2 S-Bahnhof Friedenau, Bahnsteig mit Überdachung gemäß Wann-
seebahn-Normalien von 1891, Bahnsteighaus aus den zwanziger Jahren.

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