402
A. KOERTE
sächlich fehlt aber kein Buchstabe am Anfang , es ist also
kein Kaisername genannt, sondern nur die domus Augusta.
Das passt, wie mir Seeck bestätigt, ganz vortrefflich für die
Flavierzeit. Pick hat (Zeitschrift fürNumismatikXl II S.227 ff.)
schlagend bewiesen, dass der Titel imperator gleich nach der
Zerstörung Jerusalems ein Bestandteil von Titus Namen gewor-
den ist; es gab also seit dem Herbst 70 wirklich zwei Αΰτοκράτο-
ρες, und grade die Schwierigkeiten, die der Imperatorenname
des Titus in staatsrechtlicher Hinsicht machte1, waren ein
guter Grund für die Bürger einer asiatischen Stadt, die ge-
fährlichen Klippen der ausführlichen Titulatur zu vermeiden
und an Stelle der beiden Regenten das kaiserliche Haus zu
nennen. Auf diese Weise wurde auch Domitian mit hinein ge-
zogen, dem der Vater zwar nicht die Stellung eines Mitregen-
ten aber doch die äusseren Ehren eines solchen verlieh2.
So fügt sich alles aufs beste zusammen, die Form der Wei-
hung, der Name des Statthalters, der Ehrentitel der Stadt, und
endlich spricht auch die Stelle, welche die Inschrift am Thor
einnimmt, dafür,dass dies die ursprüngliche Weihinschrift ist,
das Thor also in vorbadrianische Zeit gehört (s. S. 405). Sehr
merkwürdig ist es freilich, dass man in einer Stadt wie Ni-
kaia in dem friedlichen 1. Jahrhundert nach Chr. monumen-
tale Thore erbaut, während die kleinasiatischen Städte im
Allgemeinen in der Zeit von Augustus bis Gordian auf Mauern
verzichten. Die Stadt selbst hat das Thor nicht erbaut, denn
es ist ihr gewidmet; der Statthalter, der die Weihung voll-
zieht, wird doch schwerlich das Geld für den Bau gegeben
haben, so bleibt nur übrig, dass einzelne reiche Bürger der
Gemeinde dies grossartige Geschenk gemacht haben. Der C.
Cassius Chrestus, der in der Inschrift nur als προστάτης des
Baus genannt wird, hat vermutlich wesentlich zur Aufbrin-
gung der Kosten beigetragen. Wir kennen zwei Glieder der
Familie der Gassier in Nikaia. Im Jahre 66 nach Chr. wurde
* Vgl. Pick S. 228 ff.
2 Vgl. Mommsen, Römisches Staatsrecht3 II S. 823 und 832.
A. KOERTE
sächlich fehlt aber kein Buchstabe am Anfang , es ist also
kein Kaisername genannt, sondern nur die domus Augusta.
Das passt, wie mir Seeck bestätigt, ganz vortrefflich für die
Flavierzeit. Pick hat (Zeitschrift fürNumismatikXl II S.227 ff.)
schlagend bewiesen, dass der Titel imperator gleich nach der
Zerstörung Jerusalems ein Bestandteil von Titus Namen gewor-
den ist; es gab also seit dem Herbst 70 wirklich zwei Αΰτοκράτο-
ρες, und grade die Schwierigkeiten, die der Imperatorenname
des Titus in staatsrechtlicher Hinsicht machte1, waren ein
guter Grund für die Bürger einer asiatischen Stadt, die ge-
fährlichen Klippen der ausführlichen Titulatur zu vermeiden
und an Stelle der beiden Regenten das kaiserliche Haus zu
nennen. Auf diese Weise wurde auch Domitian mit hinein ge-
zogen, dem der Vater zwar nicht die Stellung eines Mitregen-
ten aber doch die äusseren Ehren eines solchen verlieh2.
So fügt sich alles aufs beste zusammen, die Form der Wei-
hung, der Name des Statthalters, der Ehrentitel der Stadt, und
endlich spricht auch die Stelle, welche die Inschrift am Thor
einnimmt, dafür,dass dies die ursprüngliche Weihinschrift ist,
das Thor also in vorbadrianische Zeit gehört (s. S. 405). Sehr
merkwürdig ist es freilich, dass man in einer Stadt wie Ni-
kaia in dem friedlichen 1. Jahrhundert nach Chr. monumen-
tale Thore erbaut, während die kleinasiatischen Städte im
Allgemeinen in der Zeit von Augustus bis Gordian auf Mauern
verzichten. Die Stadt selbst hat das Thor nicht erbaut, denn
es ist ihr gewidmet; der Statthalter, der die Weihung voll-
zieht, wird doch schwerlich das Geld für den Bau gegeben
haben, so bleibt nur übrig, dass einzelne reiche Bürger der
Gemeinde dies grossartige Geschenk gemacht haben. Der C.
Cassius Chrestus, der in der Inschrift nur als προστάτης des
Baus genannt wird, hat vermutlich wesentlich zur Aufbrin-
gung der Kosten beigetragen. Wir kennen zwei Glieder der
Familie der Gassier in Nikaia. Im Jahre 66 nach Chr. wurde
* Vgl. Pick S. 228 ff.
2 Vgl. Mommsen, Römisches Staatsrecht3 II S. 823 und 832.