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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Aus Berliner Bauakten
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0017
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Paul Baumgarten, Tor- und Maschinenhaus für das
Berlin Gut Hombusch. (Vergl. Tafel 12)


ungeheuchelter Gleichgültigkeit gegenüber, und was
die Fachleute betrifft, so haben sie sich nach einigen
erfolglosen Widerständen mit der Erkenntnis ab-
gefunden, daß hier das öffentliche Interesse mit
Prinzipien, nicht mit Argumenten wahrgenommen
wird. Es ist in der Behandlung dieses monumen-
talen Bauprojektes in jedem Stadium eine solche
Summe von Kompromißvorschlägen hervorgebracht
worden, daß auch dem sachlich Interessierten schließ-
lich die Lust zu freiwilliger Mitarbeit gründlich ver-
gehen mußte.
Ludwig Hoffmann hat sich, wie es heißt, zur
Übernahme dieser großen Bauaufgabe bereitfinden
lassen. Mit dieser Entscheidung kann man sich
unter den gegebenen Voraussetzungen durchaus
einverstanden erklären. Es wäre schwer zu sagen,
wer in Anbetracht der schwierigen diplomatischen
Fragen, die eine solche offizielle Aufgabe mit sich
bringt, besser zu ihrer Lösung berufen wäre, als
Ludwig Hoffmann. Er besitzt die Gunst und das Ver-
trauen des kaiserlichen Bauherrn, er darf sich der
unbeschränkten Sympathie der öffentlichen Meinung
rühmen und er ist, durch eine Reihe angeborener
Fähigkeiten sowohl als durch die praktischen Er-
fahrungen, die er im Berliner Stadtparlament ge-
sammelt hat, zu erfolgreicher Behandlung aller
diplomatischen Fragen vorherbestimmt. Und wo, wie
bei dieser Aufgabe, der guten Sache auf dem Wege
geschickt geführter Verhandlungen wesentlich ge-
dient werden kann, ist Hoffmann durchaus an
seinem Platze. Es ließe sich höchstens einwenden,
daß die Kunst dieses Baumeisters nachgerade
Monopolwert zu gewinnen scheint und daß die
menschlich beschränkte Kraft eines einzelnen zu
einer gleichmäßig qualitätvollen Durcharbeitung so
zahlreicher und umfassender Bauaufgaben, wie sie
Hoffmann jetzt beschäftigen, nicht ausreichen könnte.

Indessen ist Hoffmann durch seine bevorzugte, von
jeder Kostenfrage unabhängigen Stellung in die
günstige Lage versetzt, seine Entwürfe ausreifen zu
lassen und ihnen alle Nachteile überhasteter Arbeit
und vorschneller Entschließungen fernzuhalten. So
ist denn auch der Presse bereits mit rühmenswerter
Schnelligkeit die erfreuliche Mitteilung gemacht
worden, daß Hoffmanns neuer Entwurf gegenüber
dem ursprünglichen Regierungsentwurf* eine Reihe
wesentlicher Verbesserungen aufweise. Es sei der
fünfte Rang, wie er in dem Entwurf der Regierung
vorgesehen und gegen dessen Anlegung aus Sicher-
heits- und feuerpolizeilichen Gründen Einsprache
erhoben war, fortgefallen. Das neue Opernhaus
wird also nur vier Ränge enthalten, und es hat
sich erwiesen, daß auch bei vier Rängen alle Plätze
und Repräsentationsräume vorteilhaft untergebracht
werden können. Eine weitere wesentliche Ver-
besserung soll in dem Hoffmannschen Projekt auch
die Anlage der Garderoben und der Ausgänge er-
fahren haben, die jetzt erst den feuerpolizeilichen
Vorschriften entsprechen. Mit dem Bau, der auf
etwa zehn Jahre berechnet ist, soll im Laufe des
nächsten Jahres begonnen werden. Vorher werden
übrigens die verwickelten städtebaulichen Fragen,
die die Lage des Neubaues auf dem weiträumigen
Königsplatz in sich birgt, nochmals einer gründ-
lichen Durcharbeitung unterzogen werden. Denn
ohne eine zweifelsfreie Klärung der städtebaulichen
Bedingungen ist eine künstlerische Förderung dieses
schwierigen Projektes nicht zu denken; ja eine
glückliche architektonische Lösung der Bauaufgabe
setzt eine hellseherische Erkenntnis dieser Bedin-
gungen geradezu voraus. Es besteht die Absicht,
die städtebauliche Frage des Opernhausbaues zum
Gegenstand eines allgemeinen Wettbewerbs zu
machen, dessen Ausschreibung für den Herbst

Architektonische Rundschau 1914
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