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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Ausbildung und Prüfungen des Architekten, [1]: Eine Umfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0043
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A. Stürzenacker, Karls-
ruhe in Baden

Bahnhof Karlsruhe in Baden. Em-
pfangsgebäude. (Vergl. Tafel 69—72)

Weniger Theorie, mehr Praxis. Dann aber hätte der
künstlerische Unterricht zu beginnen von einfachen
kubischen Gesamtformen ausgehend und erst nach
und nach deren Modellierung und Detaillierung
lehrend. In der Absicht, Sehen, räumlich Vorstellen
(wozu auch darstellende Geometrie, nicht aber In-
tegralrechnung von Nutzen ist) und Wirkungen be-
urteilen zu lernen, ist auch die alte Kunst zu werten.
Eingehende historische Forschungen über sie gehören
an die Universität oder bleiben doch dem Privat-
studium des Dozenten vorbehalten. Der erste Un-
terricht würde sich also in vorwiegend werktech-
nischer und praktisch-ästhetischer Richtung
bewegen. Heute ist es meist so, daß die künstlerische
Durchbildung als letzter Aufguß über den nicht
immer gut gebackenen Kuchen kommt. Im weiteren
Verlauf werden dann die einzelnen Fächer der Archi-
tektur, wie städtische und ländliche Bauweise, Stadt-
bau- und Gartenkunst, aus ihren praktischen und

wirtschaftlichen Bedingungen heraus zu lehren sein,
und zwar in allgemeinen Kursen wie in speziellen,
die Wahlfach sein und ähnlich wie an Universi-
täten zu Prüfungen ausgewählt werden können,
also schon hier ein später meist eintretendes Spe-
zialisieren gestatten.
Was ich Ihnen da schreibe, scheint durchaus
nicht neuartig, wird es aber in dem Moment, wo
der Unterrichtsgang der einzelnen Hochschulen
klarer herausgearbeitet wird und vor allem die
Prüfungsordnungen gründlich reformiert werden.
Die jetzigen Prüfungsordnungen sind es, an denen
sich der alte Ballast festhängt und die das Neue
schlecht aufkommen lassen. Denken Sie, wie ein-
gehend Mathematik, Physik, Geschichte der Kunst
geprüft werden, wichtigere Dinge aber, wie die Ge-
schichte der Kunst, d.h. des künstlerischen Sehens,
z. B. dabei zu kurz kommen. Es scheint aber, als
ob gerade jetzt das Gewissen sich zu regen beginnt.“


A. Stürzenacker, Karlsruhe
in Baden. Planfertiger

Bahnhof Karlsruhe in Baden. Aufgang zu
den Fürstenzimmern. (Vergl. Tafel 69—72)

Architektonische Rundschau 1914
Seite 31
 
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