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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 30.1914

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Goettel, Jakobus: Die Planung gemeinnütziger genossenschaftlicher Siedlungen, sogenannter Gartenvorstädte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42063#0063
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Jakob
Goettel,
Stuttgart

Sechshausgruppe

Gemeinnützige Ansiedlergenossen-
schaft Gronauer Wald bei Bergisch -
Gladbach. (Vergl. Tafel ioi—102)

den höheren geistigen Werten der Menschheit.
Hieraus erklärt sich aber der große heutige Kampf
der Erkenner und Retter dieses edlen Naturgutes
gegen diejenigen Besitzer, welche rücksichtslos
Wucher damit treiben. Dieser Kampf erschwert
natürlich vorerst noch das Wirtschaftliche, jedoch
nicht so sehr, daß alle Bauunternehmungen daran
scheitern müßten.
Im Gegenteil, hie und da erstarken sie sogar
dadurch: Die Leute greifen zu ihren eigenen
Spargroschen, welche sie vordem ihren Wider-
sachern gaben, und gründen zur Abwehr eigene
Bodengesellschaften und Baugenossenschaften, so-
gar schon mit Hilfe der Gemeinden.
Das Gelände sollte 2 M. für den Geviertmeter,
besonders bei Siedelungen für Unbemittelte, nicht
übersteigen, so daß es baureif auf M. 4—4.50 zu
stehen käme. Es muß in der Ausdehnung zusam-
menhängend und gleich reichlich sein, ferner mög-
lichst aus einer Hand oder nur wenigen Händen
käuflich.
Bis jedoch der Bebauungsplan voll genehmigt
ist und der Kulturingenieur das Land unter-
sucht hat, ist einstweilen das Vorkaufsrecht dar-
auf einzutragen und erst nachher der Kauf
zu vollziehen. Bauland muß in sich wenigstens
ziemlich eben sein, weil Siedelungen, zumal für
kleine Leute, in stark unebenem Gelände unwirt-
schaftlich sind.
Die Entfernung von der Stadt und den Arbeits-
betrieben der Bewohner darf nicht über zwanzig
Minuten betragen, solange die Durcharbeitszeit
nicht allgemein eingeführt ist. (Bei der Mietan-

gabe sind die Fahrkosten gleich zu berücksich
tigen.)
Die Lage zur Stadt, den Industriebezirken und
Güterbahnhöfen, ferner zur vorherrschenden Wind-
richtung muß so sein, daß keine Belästigungen
durch Rauch, schlechte Luft, Lärm und unschöne
Umgebung entstehen.
Nie wähle man Gelände, durch welches eine
Hauptverkehrsdurchgangsstraße führt, oder welches
später starken Verkehr aufzunehmen hätte. In
einer Siedelung muß wohnliche Ruhe herrschen,
sie muß unbedingt ganz abgeschieden liegen. Die
Leute stecken tagsüber lange genug in Lärm, Kampf
und Staub.
Wenn besonders schnell und früh gebaut werden
soll, ist darauf zu achten, daß gleich eine einiger-
maßen bequeme und gute Anfahrmöglichkeit durch
einen Kommunalweg vorhanden ist und die An-
schlußkosten an eine bestehende Kanalisation und
Wasserleitung gering sind. Das Gelände muß
ohne Störung und Hemmung erweiterungsfähig
sein; d. h. es sollte kein anderes, dem freien Spiel
der Kräfte überlassenes Bauland (welches nur zu
oft verschandelt ist oder wird) hinein- oder es
gar abschneiden und die Großzügigkeit und Ge-
schlossenheit einer Siedelung unterbinden. Eher
kann eine Waldzunge hineinragen (ist aber mit
zu kaufen!) oder ein sanft ansteigender Hügel,
welcher städtebaukünstlerisch wirkungsvoll aus-
genützt, d. h. in seiner Wirkung durch größere Häu-
ser oder auch ein öffentliches Gebäude gesteigert
werden kann. Oft schützt solche Umgebung gerade
gegen scharfen und kalten Wind, ohne daß die

Architektonische Rundschau 1914
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