DER
BLÄSIBAUER.
Von MAX BITTRICH.
er Bläsibauer stand missmutig vor dem Bett: das Schrättele
hatte ihm in der Nacht abermals auf der Brust gesessen. Er
prüfte behutsam den Säbel. Die Waffe war haarscharf und
hatte noch bei seinem Erwachen mit nach oben gekehrter
Schneide auf dem Bett gelegen. Und trotzdem hatte es der Quälgeist
fertig bekommen, auf das Lager zu hüpfen und die Brust des Bauern
zusammen zu drücken, während ihm allerhand Leute, die er todt oder weit
fort gewähnt hatte, in sein unreines Gewissen guckten. Er fühlte sich
noch wie zerschlagen und gähnte, wenn auch seine Gedanken munter
genug waren, um ihm das letzte Mittel zu nennen, das Duckele oder
Schrättele unschädlich zu machen was mit Sprüchen und Waffen nicht
zu erreichen gewesen war, konnte vielleicht noch durch Güte ermöglicht
werden. Auch der Kreuzbauer hatte jahrelang gegen das Schrättele
gekämpft. Vergebens! Dann hatte er die Teufelsbrut zu einem feinen
Mittagmahl eingeladen. Von da an war das Schrättele in der Nacht
ausgeblieben und hatte sich nur noch am hellen Tage öfter eingefunden,
um nach guter Speise zu langen. Wer in der Nacht nicht bluten wollte,
musste am Tage die Habgier lassen.
Der Bläsibauer aber mochte „unnütze Fresser“ nicht gern, und jedes
andere Geschöpf war ihm einer. Das Dasein verdiente nur, wer ihm
etwas eintrug.
Das Schrättele verlangte nach seiner Erfahrung sogar feines Essen.
Eine Einladung hatte er ja schon ergehen lassen, in der vorigen Ernte-
zeit, in Tagen schlimmer nächtlicher Bedrängnisse nach des Lebens
Mühen und Sorgen. In der Erntezeit pflegte doch in keinem Bauern-
hause mehr auf den Tisch zu kommen als weicher Käse und allenfalls
ein Kirchwässerle. Wer kann um ein Schrättele gleich alle Sitten und
Gebräuche der Welt verlassen! Dem Schrättele aber hatte dieses Essen
offenbar nicht gepasst; wie sie am Morgen an den Bettpfosten gestellt
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BLÄSIBAUER.
Von MAX BITTRICH.
er Bläsibauer stand missmutig vor dem Bett: das Schrättele
hatte ihm in der Nacht abermals auf der Brust gesessen. Er
prüfte behutsam den Säbel. Die Waffe war haarscharf und
hatte noch bei seinem Erwachen mit nach oben gekehrter
Schneide auf dem Bett gelegen. Und trotzdem hatte es der Quälgeist
fertig bekommen, auf das Lager zu hüpfen und die Brust des Bauern
zusammen zu drücken, während ihm allerhand Leute, die er todt oder weit
fort gewähnt hatte, in sein unreines Gewissen guckten. Er fühlte sich
noch wie zerschlagen und gähnte, wenn auch seine Gedanken munter
genug waren, um ihm das letzte Mittel zu nennen, das Duckele oder
Schrättele unschädlich zu machen was mit Sprüchen und Waffen nicht
zu erreichen gewesen war, konnte vielleicht noch durch Güte ermöglicht
werden. Auch der Kreuzbauer hatte jahrelang gegen das Schrättele
gekämpft. Vergebens! Dann hatte er die Teufelsbrut zu einem feinen
Mittagmahl eingeladen. Von da an war das Schrättele in der Nacht
ausgeblieben und hatte sich nur noch am hellen Tage öfter eingefunden,
um nach guter Speise zu langen. Wer in der Nacht nicht bluten wollte,
musste am Tage die Habgier lassen.
Der Bläsibauer aber mochte „unnütze Fresser“ nicht gern, und jedes
andere Geschöpf war ihm einer. Das Dasein verdiente nur, wer ihm
etwas eintrug.
Das Schrättele verlangte nach seiner Erfahrung sogar feines Essen.
Eine Einladung hatte er ja schon ergehen lassen, in der vorigen Ernte-
zeit, in Tagen schlimmer nächtlicher Bedrängnisse nach des Lebens
Mühen und Sorgen. In der Erntezeit pflegte doch in keinem Bauern-
hause mehr auf den Tisch zu kommen als weicher Käse und allenfalls
ein Kirchwässerle. Wer kann um ein Schrättele gleich alle Sitten und
Gebräuche der Welt verlassen! Dem Schrättele aber hatte dieses Essen
offenbar nicht gepasst; wie sie am Morgen an den Bettpfosten gestellt
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