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großartigste Bewirthung fand. Dem schönen Bei-
spiele des Präfekten folgte auch der Maire auf die
splendideste Weise. Heute findet der jährliche Ar-
menball statt, der den Bedürftigen zu Gute kommt
und eine reiche Ernte verspricht. Bald hoffen wir
Friedensfeste zu feiern und Frankreich wird sich
glücklich schätzen, der Entwicklung der Zivilisation,
der Wissenschaft und Kunst, wie der Industrie
seine Kräfte zu widmen.
Paris, 1. Februar. Man schreibt aus Toulon :
Vorigen Samstag Nachmittag kam ein mit Galee-
rensträflingen bemanntes Boot, welches den Dienst
im Nazareth versieht, dortselbft an. Während der
Patron des Boots und mehrere Sträflinge an's
Land gestiegen waren, machten sechs der Verur-
theilten das Boot los, richteten die Segel und
gewannen, von einer heftigen Brise begünstigt,
die hohe See. Die Flucht geschah weder mit solcher
Uebereilung, noch in einer Richtung, das dies bei
den auf der Rhede ankernden Schiffen hätte Ver-
dacht erwecken können. Die Sträflinge hatten im
Gegentheil Alles wohl überlegt. So z. B. zog
sogleich einer derselben den Nock des Patrons an,
Len dieser im Boot gelassen hatte und setzte sich
an's Steuerruder. Sobald die Behörde von diesem
Vorfälle Kunde bekam, wurde die Seegendarmerie
beauftragt, die Küsten — wo man vcrmuthcte,
daß die Flüchtlinge Nachts landen würden — zu
durchstreifen. Das Einzige jedoch, was sie bis
jetzt erfahren konnte, ist die Aussage eines Fischers,
der Samstag Nachmittag ein Boot, welches dem
Segelwcrk nach dem Staate gehörte, mit vollen
Segeln, Wind von hinten, in offener See gesehen
haben will.
Paris, Samstag, 2. Februar. Der "Mo-
niteur// meldet: Gestern Mittag ist zu Wien das
Protokoll unterzeichnet worden, welches die An-
nahme der österreichischen Vorschläge von allen
Parteien konstatirt. Die Bevollmächtigten werden
in Paris vor dein 20. Februar zusammenkommen.
Hier wirb die Unterzeichnung ter Friedensprälimi-
narien, der Abschluß eines Waffenstillstandes und
dann die Eröffnung der allgemeinen Friedensver-
handlungen folgen.
Großbritannien.
London, 30. Januar. Die französische sowohl
wie die englische Negierung haben, wie wir mit
Bestimmtheit melden können, die Kontrakte mit
den Armeelieferanten wieder auf ein halbes Jahr
erneuert, nachdem sie dieselben, unmittelbar nach
dem Eintreffen der Petersburger Fricdensoepesche,
gekündigt hatten.

London, 31. Januar. Wir geben im Nach-
folgenden denjenigen Theil der Thronrede, der sich
auf die orientalische Angelegenheit bezieht:
'/Seit dem Schluß der letzten Session des Par-
laments haben die Alliirten einen ausgezeichneten
und bedeutenden Erfolg errungen: Sebaftopol, das
große Bollwerk Rußlands im Schwarzen Meere,
ist der beharrlichen Ausdauer und der unerschrocke-
nen Tapferkeit der alliirten Streitkräfte erlegen.
Die Vorbereitungen für den See- und Landkrieg
haben nothwendiger Weise meine ernstlichfte Auf-
merksamkeit beschäftigt.
Aber wie sehr ich entschlossen war, keine An-
strengung zu vernachlässigen, die geeignet wäre,
den Kriegsoperationen Kraft zu geben, habe ich
es doch für meine Pflicht gehalten, keiner Eröff-
nung auszuweichen, welche vernünftiger Weise die
Aussicht zu hinein dauerhaften und ehrenvollen Frie-
den bieten konnte. Als in Folge Dessen der Kaiser
von Oesterreich mir gleichwie meinem erlauchten
Alliirten, dem Kaiser der Franzosen, kürzlich ange-
boten hat, seine guten Dienste bei dem Kaiser von
Rußland anzuwenden, um eine freundschaftliche
Ausgleichung der Streitfragen unter den streitenden
Parteien zu versuchen, habe ich das also gemachte
Anerbieten in Übereinstimmung mit meinen Alliirten
angenommen und ich habe die Genugthuung, Ihnen
anzuzeigen, daß man sich über gewisse Bedingungen
vereinbart hat, die als Grundlage eines allgemeinen
Fricdensvertrags dienen können.
Bezügliche Verhandlungen werden in Kürze zu
Paris eröffnet werden. In der Leitung dieser Ver-
handlungen werde ich Sorge tragen, diejenigen
Punkte, für welche der Krieg unternommen worden
ist, nicht aus den Augen zu verlieren und es
scheint mir billig, die militärischen und maritimen
Rüstungen in keiner Weise zu vermindern, bis ein
befriedigender Friedensvertrag abgeschlossen sein
wird." (Folgt nun die Ankündigung des Abschlusses
des Vertrags mit Schweden und eines Handels-
und Schifffahrtsvertrags mit Chili.)
Polen.
Nack einer Meldung der "N. Pr. Ztg.„ aus
Warschau vom 30. Januar hatte sich die Ansicht,
welche Or. Schönlein in Betreff der Krankheit des
Fürsten Paskewitsch gleich Anfangs ausgesprochen,
bestätigt, und I)r. Oppolzer, der zuerst ein bloßes
Magengeschwür zu erkennen glaubte, hatte dieselbe
später ebenfalls für Magenkrebs erklärt. (Eine
telegraphische Depesche meldete bekanntlich den Tod
des Fürsten.)

Verantwortlicher H.rausgeber N. Adlon. -- Druck und Verlag von N. Adlon in Heidelberg.
 
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