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251 -

absicht, von denen manche die Schaffensart bestimmen,
andere aber die Wahl freilassen.

Kategorien von Schaffensarten lassen sich in mancherlei
Richtungen aufstellen. Vielleicht am zweckmäßigsten ist
es, mit Max Dessoir solche Künstler zu unterscheiden, die
,,die Fähigkeit haben, sich selbst zum Objekt zu machen“,
die sich und ihre reaktiven Eindrücke seitens der Außenwelt
gestalten, die ,,Ich-Künstler“, bei denen also die Persön-
lichkeit größeres Interesse hervorruft und zu eingehenderem
Verständnis der Werke die Kenntnis der Lebensschicksale
mehr oder minder notwendig ist 1, und solche, die die Außen-
welt vermittels der Einfühlung gestalten, die „einfühlenden
Sachkünstler“. Über diese bemerkt Dessoir sehr richtig,
daß der Dichter keineswegs Held sein inüsse, um den Helden
zu gestalten, daß im Gegenteil dem Helden sein Heldentum
ganz natürlich sei. Diese Überlegung, daß eine Abhebung
notwendig ist, wäre noch durch die Erwägung zu ergänzen,
daß der Held, da er die Welt gestaltet, gar nicht —• soweit
es auf Gestaltungsschaffen ankommt — das Bedürfnis hat,
auch die Kunst zu gestalten — wenigstens in der Regel.
Es sind überhaupt diese beiden Arten — das Schaffen der
Ich-Künstler und das der einfühlenden Sachkünstler —, die
vorzugsweise aus Gestaltungsabsichten entspringen, keines-

1 Nur bei Ich-Künstlern fördert daher eine sich auch auf den
„Menschen“ erstreckende biographische Forschung, während sie bei
andersgearteten Künstlern ziemlich müßige Spielerei bedeutet. Die
Art des Schaffens des Ichkünstlers und die ihr zugeordnete Betrach-
tungs- und Wertungsweise wird heute übrigens oft stark überschätzt.
Es ist vor Jahren das Recht der „Individualität“ verkündet worden,
und es beginnt in letzter Zeit die Meinung wieder aufzuleben, daß es
nur darauf ankomme, daß der Künstler sich ausdrücke; und je nachdem
dieses Ausdrücken besser oder schlechter gelinge, sei das Werk gut
oder schlecht. Demgegenüber muß betont werden: Wert ist der Grenz-
nutzen der Wirkung. Und es ist ja möglich — aber auch nicht mehr
als eine unter anderen Möglichkeiten —, daß man das Werk als Ex-
pression seines Schöpfers betrachtet; aber selbst dann gibt es verschie-
den interessante Schöpferpersönlichkeiten.
 
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