^886
Autorrechte Vorbehalten.
Ter alte Husar. Originalzeichnung von R. I au mann. (S. 247)
ließe. Der
Das Logylmch des Lapiiains Eisenfinger.
Roman
von
Balduin Möllhausen.
Nutzung.) (Nachdruck verboten.)
NN, der .Kraken' wird Wohl nicht viel mehr
fahren," meinte Lenz spöttisch, „hat einen
zu schlechten Ruf, als daß noch Jemand
sich gern für ihn heuern
Henker mag in einer vom
Skorbut verpesteten Koje liegen; und
so viele Seeleute laufen in Kali-
fornien nicht herum, daß man sie
dutzendweise Von der Straße aus-
lesen könnte. Selbst dem Schurken,
dem Wendehals, sollte es schwer-
werden, auch nur eine Lustyacht zu
bemannen."
„Ohne gehangen zu werden," fügte
Martin hinzu. „Hoffentlich begegne
ich ihm noch einmal im Leben, und
kommt bis dahin keine friedlichere
Stimmung über mich, braucht er
nicht lange auf einen zerbrochenen
Schädel zu warten. Verdammt, was
er an mir verbrach, könnte ich ver-
geßen; feitdem ich aber die kranken
Maats im Spital besuchte, hat mich
eine ordentliche Wuth befallen. Die
armen Jungens, die fo frifch und
lustig an Bord gingen, sind zu schreck-
lichen Skeletten abgemagert. Zwei
von ihnen müssen noch sterben; aus
den Anderen wird nie wieder etwas
Gefchcidtes. Rheder und Kapitain,
ans deren Schissen Derartiges ge-
schuht, wie ans dem -Kraken müßten
öffentlich ausgcpeitscht werden. Denn
ihre Schuld ist's mehr oder weniger,
mögen's hundert bezahlte Advokaten
und Doktoren bestreiten. Aber der
Jan Maat findet kein Recht, wird's
nicht auf der Stelle bewiesen. Wer
weiß, wie das Urtheil gegen uns
ausgefallen wäre, hätten wir nicht ge-
meinschaftlich Dampf dahinter gebracht.
Berwünfcht! Noch heute kitzclt's mich,
wenn ich mir vergegenwärtige, wie
das Kratzeisen dem Hader den Schädel
spaltete."
„Wie mag es ihm ergehen?"
fragte Demetrius, dessen tief ^ge-
bräuntes Antlitz einen Ernst offen-
barte, der nicht wenig an die Ver-
schlossenheit seines Batcrs erinnerte.
„Er soll verrückt geworden sein.
Sie erzählten im Spital, er träume
," bemerkte Wilhelm Lenz nach einer
Pause.
„Das geschieht, bei Gott," betheuerte Martin, „die
Pflege der Kranken muß er bei Heller und Pfennig
bezahlen, und verrottet sein Schiff im Hafen, weil
Niemand an Bord will, trifft's ihn ebenfalls. Doch
Was hilft alles Zahlen? Nicht Einen: von Denen, die
durch den schurkischen Starke und den Hader unglück-
lich gemacht wurden, wird dadurch geholfen. Eine
rechte Lust war es mir, als ich hörte, daß auch der
Stuhr nicht weit gekommen ist. Mit seinem schlechten
Gewissen und in der Angst vor Entdeckung verrieth er
sich selber. Glücklicherweise warf er das gestohlene
Geld fort, bevor sie ihn faßten.
_— Kann es jetzt doch Keinem mehr von
der Sippschaft zu Gute kommen."
Eine Minute verlief in Schweigen.
Sorglos beobachteten die vier Gefähr-
ten den nunmehr schneller herbei-
trottenden Reiter, bis Wilhelm Lenz
in die Worte ausbrach: „Der Kapi-
tain Eisenfinger muß ein einflußreicher
Mann sein, daß auf seine Zuschriften
alle Leute in diesem Lande uns zu
Diensten sind."
„Er soll vor vielen Jahren in
Kalifornien gelebt haben," crwiederte
Werkel, „da mußte er sich.Kenntniß
von den hiesigen Verhältnissen ver-
schaffen. Im Uebrigen scheint er mit
dem Gelde nur so zu spielen, und
für Gold ist die ganze Welt zu
Diensten."
„Dabei sind wir heute nicht klüger,
als an dem Tage, an welchem wir
uns von ihm verabschiedeten," nnnnte
Lenz.
„Vielleicht weiß Demetrius mehr,"
versetzte Werkel halb fragend, „das
an ihn gerichtete Packet war wenig-
stens groß genug, um eine ganze
Erdbeschreibung zu bergen."
„Ich weiß nicht mehr, als Einer
von Euch," erklärte Demetrius ruhig.
„Wir sollen bestimmte Leute aufsuchen,
das ist Alles. Das Weitere ergibt
sich in: näheren Verkehr mit diesen.
Kapitain Eisenfinger ist vorsichtig.
Sind unsere Bemühungen erfolglos,
so bleibt ihn: wenigstens die Genug-
thuung, sein Geheimniß nicht preis-
gegeben zu haben."
Der Reiter war jetzt so nahe, daß
die vier Wanderer seine Gesichtszüge
einigermaßen zu unterscheiden ver-
mochten. Er war noch jung und,
nach dem Schnitt seines hübschen
bräunlichen Antlitzes zu schließen, ein
Amerikaner. Sorglos, sogar trotzig
blickten seine grauen Angen, schlicht
fiel sein braunes Haar bis beinahe
mit offenen Augen und würge sich mit Schiffsjungen j aus erhalten,
und Deckhänden herum.' i
„Verdient hat er sein schreckliches Loos," erklärte
Demetrius düster, „allein lieber hätte ich gesehen, die
Strafe für seine Verbrechen wäre ihn: von Rechtswegen
zuerkannt worden."
Wiederum lachte Martin höhnisch. „Von Rechts-
wegen?" rief er aus, „von Rechtswegen hätte er dann
wohl noch manches Jahr gefahren. Denn eine Krähe hackt
der anderen die Augen nicht aus, und 's Recht ist hier,
wo das meiste Geld klingelt. Wir kennen das; da bleibt's
der beste Ausweg, sich selber zu helfen."
„Der Rheder wird eine gute Rechnung von hier