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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 21.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.48816#0313
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Hlls Eoggbuch Les Kapitains Eisenfinger.
Roman
von
Balduin Möllhausen.
lFvrtsetzung.) . .
(Nachdruck verboten.)
rst als die kleine Gesellschaft um eine
kurze Windung herumbog und ein hell
loderndes Feuer den Nahenden entgegen-
leuchtete , vermochten sie ihre Schritte
ein wenig zu beschleunigen. Vor dem
ausn,k<^ Feuer eingetroffen, wagte Demetrius kaum
welche Zunächst erkannte er die Kahuillas,
waren Engpaß zurückgeblieben
sch»»/' Theilnahmlos, beinahe stumpf
da l " die braunen Physiognomien
ein»"'" Sw wären die Letzten gewesen,
dernrtheilten Verbrecher zu bemit-
en. Sein Blick streifte eine Stätte,
^?^8mscheinlich längere Zeit als Lager
wnt hatte. Moosanhäufungen, Weiche
ff "iwuzweige und eine Decke lagen durch
» mit Lebensmittelvorräthen und
cm Wasserschlauch. An dem nächsten
lehnte eine Büchse. Neben der-
nn? ^kif der Erde lagen zwei Dreh-
b stolen. Als Demetrius, durch eine
llde Verwünschung aufgeschreckt, nach
cr anderen Seite hinübersah, fühlte er
us Haar auf feinem Haupte sich sträu-
Aufrecht an einen Tannenstamm
Zefeffelt stand der Mann, dessen Bild
! ch auf der Insel seinem Gedächtniß
luanslöschlich eingeprägt hatte. Das
war dasselbe verwitterte bärtige Gesicht
dem höhnischen, todverachtenden
Ausdruck; das waren dieselben tückischen
^ffLcn, deren unheimliches Funkeln
Giftpfeilen vergleichbar. Nur die Farbe
^cr Haut war eine andere geworden;
das rvthliche Braun hatte sich in häß-
^ches Fahl verwandelt. Um die krampf-
haft zusammengepreßten Lippen aber
Unkte die Wuth, von verachteten Ein-
geborenen mittelst der Wnrfleinen wie
V schädliches Thier in einer einzigen
Minute der Unachtsamkeit eingefangen
Worden zu sein. Noch lagen die Schlin-
gen um Arme und Oberkörper. Die
kosen Enden waren bis zu den Füßen
huiunter immer wieder um seine Glieder
ffud den Baumstamm gewunden worden,
'M fest mit diesem vereinigend,
s. Indem Demetrius des Elenden an-
Nchtig wurde, trat der alte Mateo vor
dwsen hin.
„Bartlett," redete er ihn kaltblütig
an, „ich erweise Dir wohl zu viel Ehre

damit, allein es widerstrebt mir, Dich ohne das Be-
wußtsein aus der Welt gehen zu lassen, von recht-
schaffenen, eingeschworenen Männern abgeurtheilt wor-
den zu sein."
„Also auch Du gehörst zu der verfluchten Vigilance-
Bande?", fragte Bartlett, und die Farbe seines Ge-
sichtes schien um eine Schattirung bleicher zu werden,
„das hätte Dir der Henker angesehen, oder Du möchtest
das alte Frauenzimmer nicht so oft nach der Insel
hinüber gerudert haben."
„Das gehört nicht hieher," fuhr Mateo mit Unheil
verkündender Ruhe fort, „wessen Du angeklagt bist,
brauche ich nicht zu wiederholen. Dein Sündenregister
ist zu lang, und wir wollen es kurz mit Dir machen.
Die ausgehende Sonne wirst Du nicht mehr sehen.
Es genügt, daß Du aus dem Hinterhalt die Frau

Maria Christine, Königin von Spanien.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. 31!))

Gertrudis hinterrücks niedergeschossen hast, um Dich
für einen Baumast reif zu machen. Hast Du darauf
etwas zu erwiedern?"
„Weiter nichts," antwortete Bartlett ruhig, „als
daß ich Euch als Richter nicht anerkenne. Ich ver-
lange, vor einen gesetzlichen Gerichtshof gestellt zu
werden. Wenn ich aber der Gertrudis eine Kugel zu-
schickte," fügte er in dem Bewußtsein der Unabwend-
barkeit seines Looses höhnisch hinzu, „so ist's mir bis
jetzt nicht leid geworden. Sie hat's um mich hundert-
fach verdient."
„Das kümmert uns wenig," nahm Mateo wieder
gleichmüthig das Wort; „Mord ist Mord. Es ist be-
schlossen worden, Dich noch in dieser Nacht vom Leben
zum Tode zu bringen. Hast Du sonst noch etwas zu
sagen?"
„Ja, daß Ihr Alle verdammt sein
möget, ich selber dagegen einen zehn-
fachen Tod erleiden wollte, stände ich
frei vor Euch mit einer guten Waffe in
der Hand."
„Erhebt Jemand Einwendungen?"
kehrte Mateo sich seinen Begleitern zu.
„Nein," antwortete Josö fest.
„Nein," wiederholte John Hovel
weniger zuversichtlich.
Demetrius schwieg, da eine unmit-
telbare Frage nicht an ihn gedichtet
wurde. Er erkannte an, daß man seine
Empfindungen zu schonen wünschte.
„Wohlan, Bartlett," hob Mateo wie-
der an, „wenn hier einige Unregelmäßig-
keiten stattfinden, so will ich's an be-
treffender Stelle verantworten. Wirst
selber einsehen, daß so lange Du lebst,
und hielten Dich zehn Ankerketten, Nie-
mand vor Dir sicher ist. Mögest Du
in der anderen Welt einen gnädigen
Richter finden."
Er gab den augenscheinlich vorher-
genau unterrichteten Kahuillas einen
Wink. Diese lösten den Räuber von
dem Stamm und schoben ihn einige
Schritte abwärts neben einen aus dem
dunklen Gezweig nieder-fallenden Lasso
hin.
Bis dahin hatte Demetrius seine
Fassung nothdürftig bewahrt. Gleichsam
krampfhaft klammerte er sich an die
Ueberzeugung an, daß der Mörder die
über ihn verhängte Strafe wohl verdiene.
Allein zu beobachten, daß mau mit
ihm verfuhr, wie mit einem in die Fall-
grube gerathenen Raubthier, das über-
stieg seine Kräfte. Wohl schwebte ihm
die Aufforderung auf den Lippen, den
Gefangenen mitzunehmen und den be-
treffenden Behörden auszuliefern, ober-
em Blick in die entschlossenen, finsteren
Physiognomien belehrte ihn, daß seine
Vorstellungen tauben Ohren begegnen
 
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