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Jahrg. 1904. -

Die junge Witwe,

Kriminalroman von Auguſte Groner.
(FortfeBung.) -

7 Machdruck verboten)

urch die Frage des Staatsanwalts war
Raͤnk einen Augenblick lang betreten
und nachdenklich geworden Dann hob
er den Kopf hoch. Es war der ganz
Ec— natürliche Ausdruck dafür, daß er nicht
in Schrecken zu ſetzen fei. „Die ſchreibt nicht,“ ſagte
er, ſeiner Sache ganz ſicher.

Iſt das ſchon

So ſchreibt ſie aD WE
zwiſchen Ihnen verabredet worden?“

„Ja, das haben wir ſo verabredet. Sie ſchreibt
erſt, nachdem ich ihr geſchrieben habe.“

War dieſe Ruhe nur bodenloſe Frechheit? Rohn
wurde ärgerlich, und er war verwundert, als der
Schauſpieler plötzlich dicht vor ihm ſtehen blieb.


„Wenn Sie mich ſchon für einen Gauner halten,
warum halten Sie mich denn auch für einen Mör-
der?“ fragte er höhniſch. „Ich — oder da wir
ſchon einmal unſer zwei waren — wir hätten es
doch bei der Betäubung unſeres Opfers bewenden
laſſen können Sagen Sie mir doch, Herr Staats-
anwalt, warum wir Lansky getötet und warum wir
ihn zum Wagen hinausgeworfen haben ſollen?“

Funkelnden Auges und mit hochgerötetem Geſicht
ſtand Rank dicht vor Herrn v. Rohn.

Dieſer ſah ihn mit ſeinen klaren Augen aufmerk-
ſam an. „Man könnte wirklich glauben, daß nicht
ein Gramm Schuld auf Ihrer Seele laſtet,“ ſagte
„Ich begreife die Theaterdirektoren nicht.
Sie ſind ja eine erſte ſchauſpieleriſche Kraft.“

Rank ballte die Hände und lief wieder durchs
Zimmer.

Eeien Sie geſcheit und ſetzen Sie ſich wieder.
Wir wollen doch in aller Ruhe miteinander reden,“
ſagte Rohn gemütlich. „Schauen Sie, ich begreife
es ja, daß Sie Ihr ganzes Talent aufbieten, um
aus dieſer grauslichen Situation zu kommen. Aber

es nützt Ihnen alles nichts. Es liegen zu viele
Beweife für Ihre Schuld vor. Und dieſe Beweiſe
konnten Sie, bis jetzt wenigſtens, durch nichts ent-
kräften. Denn Ihre ja ſehr intereſſanten, aber auch
dunklen Andeutungen darüber, daß Sie ein Opfer
ſich verkettender unſeliger Umſtände ſeien — welche
Andeutungen Sie geſchmackvollerweiſe ſpäter ja doch
wieder zurückgenommen haben — die ſind eine ſchon
zu oft gemachte Erfindung, als daß ſie noch ziehen
würden Sie fragen mich, warum ihr es nicht bei
der Betäubung bewenden ließet? Ja, war denn
ich dabei? Wie kann denn ich alfo den Hergang
wiſſen? Ich weiß nur eines: zwiſchen Böhmiſch-
Trübau und Brünn iſt ein Paſſagier aus dem
Schnellzug verſchwunden, und zwar aus demſelben
Wagen verſchwunden, in welchem auch Sie und
ein uns Unbekannter gefahren iſt. Iſt er hinaus-
gefallen? Höchſt unwahrſcheinlich, da er weder be-
krunken noch ſonſtwie anormal war, oder iſt er ab-
geſprungen? Ganz ſicher nicht Denn er hätte es
wiſſen müſſen, daß das ſein Tod wäre. Einer aber,
der ſoeben die ſchwer erkämpfte Braut und deren


Na 1902
 
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