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Bergner, Heinrich [Editor]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0060
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Naumburg. Dom. Ostlettner und Chorschranken.

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säulchen an den gotischen Streben ersetzt sind, wohl ein Zeichen späterer
Erbauung.

e) Die Apsiden sind durch Eck- und je zwei Mittellisenen gegliedert,
zwischen denen unten der letzte Wulst des Sockels, oben ein Rundbogenfries
auftritt, dessen Bögen gekehlt sind und auf Konsolen aufsetzen, welche großen-
teils das Kämpferplättchen ausgeschaltet haben. Die Anfänger beginnen demnach
teils mit einer geraden Linie, teils in Schwalbenschwanzformen über dem Laub
der Konsole. Die Fenster sind wie üblich mit Rundstab umsäumt, welcher bei
der südlichen Apsis nicht auf einer Basis, sondern auf zwei auseinandergeneigten
und durch Kugelband gefesselten Blättern ruht. Also auch hier die Auflösung
des strengen Formenkanons. Die Kegeldächer, mit Quadern gedeckt, werden
durch Leisten — Rundstäbe auf Plättchen — in je fünf Abschnitte gegliedert.
Die Leisten laufen oben in Rundbogen zusammen, unten springen sie konsolartig
auf den ersten Rundstab des Dachsimses herab. Zwischen der Nordapsis und
der Chormauer ist 1877 ein Treppenaufgang ausgebrochen, welcher von außen
durch das ebenfalls durchbrochene Türmchen am gotischen Chor und eine neue
Tür zugänglich gemacht worden ist.

f) Ein eigenes Studium bilden die Konsolchen der verschiedenen Rund-
bogenfriese. Wenn auch hierbei manche Zufälligkeiten mitspielen mögen, so ist
doch ein gewisser Fortschritt der Formen nicht zu verkennen. Am einfachsten
sind die des Nordkreuzes, meist geometrische Formen, getreppte, gekehlte, kelch-
förmige Vorkragungen, davon nur zwei mit Laub. An den Türmen überwiegen
schon die zierlichen Kelchformen mit unterem Knöpfchen, mit Hörnern oder
Blättern bezeichnet. Die reichste Musterkarte bietet das Südkreuz dar, wo neben
den schlichtesten Formen zarte Laubknospen und -Sträuße, Kelchblumen mit
Staubgefäßen, aber auch geschnürte Ranken und unorganische Häufungen von
Blattmotiven erscheinen. An den Apsiden treten barocke Bildungen, andrerseits
Naturformen wie Lilie, Eiche, Epheu und Distel stärker hervor, doch ist gerade
daran vieles erneuert, anderes unkenntlich und zerstoßen.

8. Ostlettner und Chorschranken.

Daß Lettner und Chorschranken erst nachträglich zwischen die hohen Sockel
der Yierungspfeiler eingebaut sind, wird durch den mangelnden Verband sofort
klar. War einmal die erhöhte Vierung zum Chor gezogen, so war ihre äußere
Umfriedigung nur eine natürliche Konsequenz. Daß aber hierbei jeder freie
Verkehr, ja selbst die Einsicht in den Chor aufgehoben wurde, wird uns heute
nicht ganz verständlich. Und doch scheint dieser Effekt geradezu gesucht zu
sein. Denn die Lettnerbühne ist gegen den Chor noch um sieben Stufen erhöht
und hierdurch wieder die umfängliche Stufenanlage unter dem Lettner veranlaßt,
welche das erste Halbjoch des Mittelschiffs einnimmt und den Verkehr nicht
wenig hindert. Abgesehen von diesen Bedenken modernen Empfindens kann
die Anlage als musterhaft gelten.

Auf einem Unterbau von drei Stufen tragen vier Säulenbündel und ebenso-
viele doppelte Wandsäulchen, die auf der nächst höheren Stufe aufsetzen, ein
dreijochiges Kreuzgewölbe. Auf diesem ruht die vorspringende, mit Balustrade
eingefaßte Bühne. Die Rückwand ist durch zwei seitliche Türen durchbrochen,
 
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