Naumburg. Dom. Das Langhaus.
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in ihrer mutmaßlichen Urgestalt erneuert, wobei die Rückwand ganz neu auf-
geführt und die Felder nach erhaltenen Resten ausgemalt wurden. Danach
füllen die Vorderseite eine Mandorla in Rechteckrahmen mit dem segnenden
Christus (Unterschrift ego sum alpha, et o), daneben je sechs Blendbögen auf
kurzen, stämmigen Halbsäulen mit den zwölf Aposteln, an der Südseite drei
Bögen mit den Figuren von Dorothea, Ursula und Margareta, sämtlich mit
Unterschriften. Die Malereien sollen noch leidlich erhalten gewesen sein, haben
aber bei der Übermalung, teilweise mit den schreiendsten Farben, allen archäo-
logischen Wert eingebüßt. Die Figuren der Süd- und Rückseite sind ganz neue
Erfindungen. Gehen die Malereien nur annähernd in die Bauzeit zurück, so
würden sie eine seltsame Verwerfung der künstlerischen Kräfte anzeigen. Während
es nämlich die Regel des 13. Jahrhunderts bildet, daß derartige Bogenfelder der
Plastik überlassen werden, würden wir in Naumburg die Malerei als bevorzugte
Monumentalkunst erkennen, dieselbe, welche nachher durch alle Jahrhunderte
neben der glänzenden Blüte der Plastik so gut wie tot war.
Die Chorschranken werden durch eine 2,71 m hohe, 77 cm dicke Wand
mit Fuß- und Randgesims gebildet und durch Blendarkaden von je sieben ganzen
und zwei halben Rundbögen auf schlanken Säulchen gegliedert. Die Profilierung
der Einzelglieder ist aus Fig. 17 genügend ersichtlich. Im Ornament wechseln
die drei üblichen Motive, das breite Schilfblatt in Reihung oder Durchschlingung,
die gefesselte Laubranke und das Bäumchen zwischen Eck blättern, wobei einige
neue gefällige Varianten zum Vorschein kommen. Der erste östliche Bogen ist
mit einer Tür durchbrochen, zu welcher jederseits eine Treppe aus den Kreuz-
armen hinaufführt. Nach der Zeichnung bei Puttrich (Bl. 10) waren deren
Unterlagen Voilmauern mit besonderem Fuß- und Randgesims und Eisengeländer.
Bei der Restauration sind sie abgebrochen und auf Bögen und Säulen gelegt
worden. Hierbei kam auch die interessante Erscheinung zu Tage, daß das Fuß-
gesims der Kryptenmauern bis zum östlichen Vierungspfeiler durchgeht. Man
hat demnach von Anfang nicht an eine Treppenanlage an diesen Stellen gedacht.
9. Das Langhaus.
A. Das Innere.
Das Langhaus ist im strengen Quadratismus des gebundenen Systems ent-
worfen. Den drei Jochen des Mittelschiffes entsprechen je sechs der Seitenschiffe,
sämtlich mit grätigen Kreuzgewölben bedeckt. Der Aufbau ist noch ganz vom
Geist der Ostteile beherrscht und einige Abweichungen im ersten und letzten
Joch abgerechnet, durchaus einheitlich. Die Hauptpfeiler sind kreuzförmig mit
Dreiviertelsäulen an den Armen und Volisäulen in den Ecken. Bei den Zwischen-
pfeilern fehlt der innere Arm nebst Vorlage. Die Wandstützen der Seitenschiffe
sind dagegen wie Arme der Kreuzpfeiler mit den Ecksäulchen gebildet. Sämt-
liche Stützen ruhen auf dem hohen Fußgesims, das in den Ostteilen auftrat. Es
ist samt der attischen Base der oberen Gliederung entsprechend gebrochen, die
Basen unter den Säulen jedoch rund und mit Eckblättern versehen. In gleicher
Weise sind die Kapitäle, deren Kern die Würfelkelchform bewahrt, einheitlich
gleich Friesen behandelt und das Ornament wie die Kämpfersimse im steten
Fluß um die Ecken und Rundungen herumgezogen. Nur an den Zwischen-
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in ihrer mutmaßlichen Urgestalt erneuert, wobei die Rückwand ganz neu auf-
geführt und die Felder nach erhaltenen Resten ausgemalt wurden. Danach
füllen die Vorderseite eine Mandorla in Rechteckrahmen mit dem segnenden
Christus (Unterschrift ego sum alpha, et o), daneben je sechs Blendbögen auf
kurzen, stämmigen Halbsäulen mit den zwölf Aposteln, an der Südseite drei
Bögen mit den Figuren von Dorothea, Ursula und Margareta, sämtlich mit
Unterschriften. Die Malereien sollen noch leidlich erhalten gewesen sein, haben
aber bei der Übermalung, teilweise mit den schreiendsten Farben, allen archäo-
logischen Wert eingebüßt. Die Figuren der Süd- und Rückseite sind ganz neue
Erfindungen. Gehen die Malereien nur annähernd in die Bauzeit zurück, so
würden sie eine seltsame Verwerfung der künstlerischen Kräfte anzeigen. Während
es nämlich die Regel des 13. Jahrhunderts bildet, daß derartige Bogenfelder der
Plastik überlassen werden, würden wir in Naumburg die Malerei als bevorzugte
Monumentalkunst erkennen, dieselbe, welche nachher durch alle Jahrhunderte
neben der glänzenden Blüte der Plastik so gut wie tot war.
Die Chorschranken werden durch eine 2,71 m hohe, 77 cm dicke Wand
mit Fuß- und Randgesims gebildet und durch Blendarkaden von je sieben ganzen
und zwei halben Rundbögen auf schlanken Säulchen gegliedert. Die Profilierung
der Einzelglieder ist aus Fig. 17 genügend ersichtlich. Im Ornament wechseln
die drei üblichen Motive, das breite Schilfblatt in Reihung oder Durchschlingung,
die gefesselte Laubranke und das Bäumchen zwischen Eck blättern, wobei einige
neue gefällige Varianten zum Vorschein kommen. Der erste östliche Bogen ist
mit einer Tür durchbrochen, zu welcher jederseits eine Treppe aus den Kreuz-
armen hinaufführt. Nach der Zeichnung bei Puttrich (Bl. 10) waren deren
Unterlagen Voilmauern mit besonderem Fuß- und Randgesims und Eisengeländer.
Bei der Restauration sind sie abgebrochen und auf Bögen und Säulen gelegt
worden. Hierbei kam auch die interessante Erscheinung zu Tage, daß das Fuß-
gesims der Kryptenmauern bis zum östlichen Vierungspfeiler durchgeht. Man
hat demnach von Anfang nicht an eine Treppenanlage an diesen Stellen gedacht.
9. Das Langhaus.
A. Das Innere.
Das Langhaus ist im strengen Quadratismus des gebundenen Systems ent-
worfen. Den drei Jochen des Mittelschiffes entsprechen je sechs der Seitenschiffe,
sämtlich mit grätigen Kreuzgewölben bedeckt. Der Aufbau ist noch ganz vom
Geist der Ostteile beherrscht und einige Abweichungen im ersten und letzten
Joch abgerechnet, durchaus einheitlich. Die Hauptpfeiler sind kreuzförmig mit
Dreiviertelsäulen an den Armen und Volisäulen in den Ecken. Bei den Zwischen-
pfeilern fehlt der innere Arm nebst Vorlage. Die Wandstützen der Seitenschiffe
sind dagegen wie Arme der Kreuzpfeiler mit den Ecksäulchen gebildet. Sämt-
liche Stützen ruhen auf dem hohen Fußgesims, das in den Ostteilen auftrat. Es
ist samt der attischen Base der oberen Gliederung entsprechend gebrochen, die
Basen unter den Säulen jedoch rund und mit Eckblättern versehen. In gleicher
Weise sind die Kapitäle, deren Kern die Würfelkelchform bewahrt, einheitlich
gleich Friesen behandelt und das Ornament wie die Kämpfersimse im steten
Fluß um die Ecken und Rundungen herumgezogen. Nur an den Zwischen-