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Bergner, Heinrich [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 24): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg — Halle a. d. S., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.25507#0318
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Naumburg. Die Stadtkirche St. Wenzel: Glocken. — St. Othmar.

267

6. 44 cm, 1763 von C. W. Becker in Naumburg, einerseits das Stadtsiegel,
der hl. Wenzel, mit der Überschrift: SECRET CIVITAT NUMBURG: daneben und
darunter das Chronogramm: ANXIo CLaMoRE PERU , PACE REDeO -
1763 , ICH SPRUNG BEY BANGEN KRIEGSGESCHREY , AM FRIEDENS FEST
ERSCHIEN ICH NEU; andrerseits in muschliger Kursiv: GOS MICH C: W:
BECKER IN NAUMBURG. Die Vorgängerin, die Mitzschke 319 irrtümlich
als noch vorhanden ansieht, war 1597 von Moering gegossen.

St. Othmar.

Die Othmarskirche ist fast ohne geschichtliche Überlieferung. Daß sie ins
12. Jahrhundert zurückgehe, ist nicht zu belegen. Vor allem ist es unklar, welche
Stellung sie früher eingenommen hat, ob sie von je Pfarrkirche mit eigenem
Sprengel oder Kapelle der Stadtkirche war. 1540 ist sie jedenfalls dem Pate
zuständig und wird von diesem mit einem Pfarrer besetzt. Zugleich will er die
Kleinodien verkaufen, um damit das Einkommen und die Orgel zu bessern. 1690
wurde der alte Holzbau abgebrochen und 1691—99 der massive Neubau in
äußerst groben und nüchternen Formen errichtet, wozu das Domkapitel Steine
der Marienkirche schenkte.

Die Kirche ist im Grundriß (Fig. 132) ein Rechteck von 15 X 26,50 m mit
einer kleinen, gerade geschlossenen Altarnische von 1,80X5,80 m. Das östliche
Drittel ist in zwei Jochen dreischiffig,
auf Pfeilern gewölbt, der westliche Teil
mit flacher Holzdecke. Der Grund zum
Wechsel des Systems lag gewiß darin,
daß östlich die sicheren Unterlagen für
den eingebauten Turm geschaffen werden
sollten; möglich auch, daß die solide
östliche Konstruktion ursprünglich für
die ganze Kirche geplant und aus Mangel
an Mitteln aufgegeben wurde. Die Pfeiler,
denen gleichgestaltete Wand Vorlagen ent-
sprechen, sind quadratisch, an den Ecken
ganz nach romanischer Art gekehlt. Die
Basen sind als formlose, breitquellende
Pfühle gestaltet, die Kämpfer etwas feiner
in Plättchen und Kehlen profiliert. Die Längsgurte sind spitzbogig, die Quer-
gurte flachbogig, sämtlich breit rechteckig profiliert, die Gewölbe grätig. Der
Altar steht unter dem Chorbogen, der Taufstein am nördlichen, die Kanzel am
südlichen Westpfeiler. Holzemporen ziehen sich auch in die gewölbten Joche
hinein. Das südöstliche Joch ist durch eine Längsmauer geteilt und dadurch
eine Sakristei abgetrennt, deren Eingang eine Tür aus Eisenblech trägt. Sonst
sind Türen und Fenster regelmäßig angeordnet.

Im Aufbau ist eine um jene Zeit in der Luft liegende Idee in rudimen-
tärer Form verfolgt. Wir sehen, wie nach dem großen Kriege bei Wölbungs-
bauten die Streben als Pilaster auftreten, auf welche die Dachsimse als antike

Fig. 132. Grundriß des Chores.
 
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