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as Kreisgebiet schloss sich
bis zur Gegenwart als Nord-
flanke des Münsterlandes in
allen Culturdingen so sehr
an dasselbe an, als es sich
von dem Auslande schied.
Nur auf dem von Heide begrenzten Ostzipfel zu
Harsewinkel und Greffen erklingt auch, wie
oben angedeutet ist, ein Dialekt, welcher mit
eigenartigen Ausdrücken, reichen und gedehnten
Doppellauten merklich von der Sprache des
Münsterlandes, geschweige den Dialekten der Um-
wohner, abweicht und seine höchste Reinheit und
Fülle in der Bauerschaft Batenhorst zu Wieden-
brück erreicht. Damit bekunden beide Gemeinden
ohne Frage einen näheren ethnographischen
Verband mit dem Wiedenbrückischen und den
Südostgemeinden des Münsterlandes oder viel-
mehr mit deren Urbewohnern, wahrscheinlich
den Klein-Bructerern. Da diese anfangs gen
Norden die Ems berührten, so wäre Harsewinkel
eine Colonie des südlichen Sprachgebietes, wie
Greffen es von Harsewinkel ist. Mit dem Ost-
zipfel sperrte den ganzen Kreis gen Norden und
Osten meistentheils die ,grosse Heide4(sinethi):
sie nahm im Süden auf dem Nordufer der Lippe
etwa Hörste gegenüber als ,Lipperbruch‘ ihren
Anfang, schweifte über Westenholz, Mastholte
und Bietberg, schwenkte östlich um Wiedenbrück
auf Isselhorst, wo sie die Kreisgrenze trifft, dann
ebenso in der Westrichtung wie die ,Hessel4 um
Greffen, dann wieder mehr nördlich zwischen
Füchtorf und Versmold hindurch und verendet
in nordwestlicher Neigung. Einst öde und men-
schenleer, hier breiter, dort schmaler, hier von
Oasen, dort von Faulgründen gehemmt, strich
sie gleichsam als eine neutrale Landzone hin,
deren Zuständigkeit erst in Frage kam, seitdem

sie Ansiedler und Cultur annahm. Die Be-
siedelung erfolgte von beiden Seiten, von Osten
und Westen, schnürte die Sandzone mehr und
mehr ein und verwandelte sie langsam aber
sicher, bis auf gewisse unbezwingliche Striche,
in ein Culturland nicht nach einem Plane,
sondern wie die Verhältnisse es an die Hand
gaben. Je nachdem die ,Neuländer4, die ,Nie-
hörster4, die ,Neuwirthe4 von dieser oder jener
Seite Fuss gefasst hatten, hielten sie an der
Muttergemeinde, deren Kirche und Landeshoheit
fest; die Folge davon war, dass die beiderseitigen
Grenzen am Ende hin- und herliefen, und wenn
die Regelung stattfand, die politischen und kirch-
lichen an jenen Punkten verworren oder doch
streitig wurden, wo die beiderseitigen Zuzügler
sich durch einander schoben.

An Austauschen zum Behufe einer gemes-
senen Abgrenzung, wie heute auf der Ostseite
von Füchtorf, war kein Gedanke, als noch natür-
liche Grenzen, das Herkommen, höchstens Steine
und Bäume die Land- und Flurkarten vertraten;
man empfand erst das Bedürfnis bestimmterer
Grenzregulirung, wenn die Verwickelungen dazu
nöthigten. In der That kam es auf den ver-
schwommenen Contouren der Grenzheide zu
widerwärtigen Händeln und Plackereien, dann
wegen des ,Plaggenmat’s4, dann wegen der Jagd-
und Zollgerechtigkeit; dass z. B. von den Ravens-
bergern eine halbe Stunde von Sassenberg ein
Kreuz aufgestellt und von den Münsterländern
fortgenommen wurde, war Nichts gegen die
Dinge, welche sich auf der Scheide der Herr-
schaft Rheda begaben —■ genug, die Neuzeit
betrieb eine genauere Grenzbestimmung durch
,Schnatzeichen4, Hecken und Wallaufwürfe, 1645
wurden die Schnatsteine gegen Ravensberg er-
neuert und gegen Rheda errichtet.
 
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