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DIE GEMÄLDE.

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das Meisterzeichen ist unrichtig oder doch unvoll-
ständig, die Nachbildung älterer Vorlagen nur
ungeschickt verdeckt, die Zeichnung der Federn,
des Bartes, des schwerterdurchbohrten Reichs-
apfels, der Aermel, ferner der Hände und Augen
so mangelhaft oder stümperhaft, die Schrift so
wenig zum Datum passend, dass statt 1534
wohl richtiger 1734 stände. Wir haben also
ebenso ein jüngeres Product vor uns, wie in
dem Bilde der beiden Wiedertäufer auf der
Paulinischen Bibliothek, welches nach Alde-
grevers Vorlagen und zwar laut Inschrift 1733
für den Dompropst von Velen durch den Maler
Kappers angefertigt ist. Der Bing unterhalb
der Hände verfängt nun ebenso wenig mehr,
wie die Sprache und Form der Inschrift.

Die werthvollsten Stücke, behauptet man,
dankt das Haus der Marianne geh. von Galen,
Wittwe des Grafen von Plettenberg - Witten
und seit 1778 Ehefrau des Clemens August
von Bettler.

Mit der Geschichte des Harkotten hangen
noch zusammen zwei Denkmäler, welche auf
halbem Wege nach Füchtorf, einst neben dem
Harkottener Zollbrette, stehen: das Tönis-

häusehen und ein Steinkreuz. Jenes gestaltet
sich auf dem nicht mehr ursprünglichen Sockel
als ein kleiner nach drei Seiten für die Bild-
nisse des h. Antonius und der Gottesmutter
offener Pavillon, dessen Steinhaube rückwärts
auf einer Wand, vorn auf Pfeilern mit vorge-
stellten Säulen ruht, welche ein entwickeltes

Gebälk mit Verkröpfungen haben — ein präch-
tiges und solides Muster decorativer Steinarchi-
tektur aus der Zeit von 1662. Diese Zahl hat
sich noch von den Inschriften erhalten, welche
die Fläche des Architravs bedeckten.

Das Steinkreuz — Fig. 32 — ragt auf brei-
tem 0,40;» ansteigendem Sockel gegliedert in der
Base, au den drei Armen, wovon die queren
1,32m messen, kräftig gekehlt und mit Drei-
blättern geschlossen, 2,65m hoch; sein Werth
beruht nicht minder in der Seltenheit, wie in der
formalen Behandlung und genauem Charakteri-
sirung. Nach Wappen und Inschrift ist es
errichtet: Johan Ivorff genant Smysinck anno
mccccxiv (1414) dem God gnade, wie man
meint, nachdem er in einer Fehde mit dem
Bischöfe von Minden wegen der Burg Blioden
erschlagen und die Leiche des Excommunicirten
der geweihten Erde vorenthalten sei.

Von den Werthsachen des Korf’sehen Hauses
begegnete mir in Warendorf eine zur Reparatur
bestimmte Truhe von 0,29m Länge, 0,14m
Höhe und 0,23m Tiefe, bekleidet mit Boule-
zierden, worin rother Lack um die Messingauf-
lagen den Schildkrot vertritt — sodann ein klei-
ner prismatischer Schmucks ehr ank. Hieran
zeichnen sich auf schwarzem Grunde gepresste
Farbenbilder aus, vertiefte und von Glas be-
hütete Grotten der Füllungen, Welleistchen und
aus Zinndrähten eingelegte Arabesken.


Yinnenberg.

Das Wort, welches im 13. Jahrhunderte un-
erhebliche Lautwandlungen durchmachte,
kam einem Hofe, einem Rittergeschlechte und
dann einem Nonnenkloster zu, welches zeit-
weise auch Marienberg (mons sancte Marie)
hiess. Bernard von Vinnenberg weihte mit sei-
nem Bruder Johan gegen 1256 seinen Hof einer
Kloster Stiftung für Cistercienserinnen, angereizt,
wie es scheint, von der jungen Nachbarstiftung
Rengering oder, wie die Sage geht, von einem
Gesichte, worin er Nachts die Heiligen Maria

und Johannes den Täufer mit einer Schnur
den Platz für einen Klosterbau abmessen sah.
Das Werk gedieh. Bischof Otto verlieh der
Aebtissin im genannten Jahre das Patronat
über die Pfarrkirche zu Milte, in deren Gebiete
es lag, neue Güterschenkungen folgten und
Vinnenberg wurde bald die Zuflucht ritterbürti-
ger Töchter. Im Schutze des Klosters Marien-
feld hob sich auch der Geist der Disciplin,
welche damals noch den Orden beseelte; allein
im Spätmittelaiter zahlte auch dies Stift der

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