100
FRECKENHORST.
gänzlich, den Kundplatz nur theilweise mehr
umfassen. Diesen, anscheinend die alte Haupt-
burg, gürtet’ nur mehr ein Aussengrahen und
Wall. Das Haus Hengemann soll vordem als
Viehhaus gleichfalls in Wall und Graben gele-
gen haben. Zur Verschmelzung mit dem Alt-
hofe erstand Stift Freckenhorst 1751 28/8 Borg-
hengen als schatzpflichtiges Gut für 14,500 Thlr.
von den Erben der Anna Sophia von Börner,
und jetzt füllt auch die Innengräben des Recht-
ecks der Schutt der alten Bauten.
Ivöbbing war Freckenliorster Lehen, In-
haber die Familie von Langen. Als Diderich
von Langen, der 1596 belehnt war, ohne Leibes-
erben starb, erscheint Heinrich Vos 1615 als In-
haber; doch strengten die Kinder von Diderichs
Schwester Anna, Ehefrau des KotgerVos, einen
Process um den Nachlass an, und erst 1706
ward das Dominium directum dem Freiherrn
von Börner (?) überlassen. Dann folgten, wie es
scheint, nach einander in dem Besitztume die
von Galen, Amelunxen und Twickel.
Zu Köbbing steht noch ein alter Langbau,
zu Langen dagegen ein massives Pächter-
haus mit Wappen und theilweise gewölbten
Kellern, und die Bodensenkungen umher lassen
noch die Stätten der Vorburg im WTesten und
der Hauptburg im Osten erkennen. Ein hier
gefundenes Fusseisen ist nach Darfeld gebracht,
und ein neueres Oelbild der Kreuzigung von
Nölken zu Telgte hat nichts Anziehendes.
Zu Langen erblickte 1438 Rudolf von Lan-
gen das Licht der Welt, jener Münsterische
Domherr, welcher durch Dichtungen, Schriften
und noch mehr durch die Unterstützung von
Gelehrten und die Umgestaltung der Domschule
einen Grundstein der humanistischen Bewegung
für das engere und weitere Vaterland gelegt
hat. Er verschied in hohem Alter 1519 und
ruht zu Münster im Kreuzgange des Doms.
Jahrhunderte später, 1783, begab sich von
hier auf den Ruf des Landes-Ministers Fürsten-
berg ein Kaplan, der edle Bernard Overberg
nach Münster, der grosse Freund der Jugend und
Organisator der Elementarschulen, der glück-
liche Verfasser von Schulbüchern und kateche-
tischen Schriften.
Freckenhorst.
In der Nähe von Freckenhorst traten uns
schon allerlei Spuren des germanischen und
römischen Altertums unverkennbar entgegen.
Als Abzeichen einer freien und gewiss nicht
geringzähligen Ein- und Anwohnerschaft stand
hier im Norden bei der spätem Schäferei, für
Bagatellen noch bis 1621, der Vehmstuhl, und
der in allen Lauten variirende Ortsname deutet
eher auf eine altheimische Cultstätte, als auf
die vermuteten Beziehungen zu den Franken
und den Frankenzügen. Auch der Tradition,
schon Bonifacius habe hier ein reiches Ehepaar
bekehrt, kann man nicht trauen, weil sie erst
im Spätmittelalter Gestalt annimmt, eher noch
der Erzählung von der Kirchenfundation: Ever-
word, ein begüterter Edelmann, dessen Ahnen
schon fromme Werke zugeschrieben werden, be-
sass mit seiner Gattin Geva zu Freckenhorst
einen umwehrten Hof, und als das Paar ver-
gebens um den Kindersegen bat, widmete es,
durch Wunderzeichen ermuntert, seine Besitzun-
gen guten Zwecken; es wurde nun ein Gottes-
haus, ein Kanoniker- und Kanonessenstift ge-
gründet, das Gotteshaus 861 vom Bischöfe mit
des li. Bonifacius’ und andern Reliquien ausge-
stattet. Everword trat ins Kloster zu Fulda
und beschenkte dies mit Gütern im Süden der
Lippe; die erste Leiterin des hiesigen Frauen-
stifts ist angeblich Geva, wahrscheinlicher Tliia-
thildis, nach der Sage eine Anverwandte des
Stifters. Die Haus- und Hofstätte Everwords
ging sicher ganz in dem Bezirk der Kirche
und des Stiftes auf.
Die Stiftung war belangreich, das Gottes-
haus ohne Zweifel von Anfang Kirche des
Stifts und der Pfarre, zu deren Arrondirung die
alten Nachbarkirchspiele beigetragen hatten. Gen
Norden schnitt die Pfarrgrenze die Höfe Walgern
FRECKENHORST.
gänzlich, den Kundplatz nur theilweise mehr
umfassen. Diesen, anscheinend die alte Haupt-
burg, gürtet’ nur mehr ein Aussengrahen und
Wall. Das Haus Hengemann soll vordem als
Viehhaus gleichfalls in Wall und Graben gele-
gen haben. Zur Verschmelzung mit dem Alt-
hofe erstand Stift Freckenhorst 1751 28/8 Borg-
hengen als schatzpflichtiges Gut für 14,500 Thlr.
von den Erben der Anna Sophia von Börner,
und jetzt füllt auch die Innengräben des Recht-
ecks der Schutt der alten Bauten.
Ivöbbing war Freckenliorster Lehen, In-
haber die Familie von Langen. Als Diderich
von Langen, der 1596 belehnt war, ohne Leibes-
erben starb, erscheint Heinrich Vos 1615 als In-
haber; doch strengten die Kinder von Diderichs
Schwester Anna, Ehefrau des KotgerVos, einen
Process um den Nachlass an, und erst 1706
ward das Dominium directum dem Freiherrn
von Börner (?) überlassen. Dann folgten, wie es
scheint, nach einander in dem Besitztume die
von Galen, Amelunxen und Twickel.
Zu Köbbing steht noch ein alter Langbau,
zu Langen dagegen ein massives Pächter-
haus mit Wappen und theilweise gewölbten
Kellern, und die Bodensenkungen umher lassen
noch die Stätten der Vorburg im WTesten und
der Hauptburg im Osten erkennen. Ein hier
gefundenes Fusseisen ist nach Darfeld gebracht,
und ein neueres Oelbild der Kreuzigung von
Nölken zu Telgte hat nichts Anziehendes.
Zu Langen erblickte 1438 Rudolf von Lan-
gen das Licht der Welt, jener Münsterische
Domherr, welcher durch Dichtungen, Schriften
und noch mehr durch die Unterstützung von
Gelehrten und die Umgestaltung der Domschule
einen Grundstein der humanistischen Bewegung
für das engere und weitere Vaterland gelegt
hat. Er verschied in hohem Alter 1519 und
ruht zu Münster im Kreuzgange des Doms.
Jahrhunderte später, 1783, begab sich von
hier auf den Ruf des Landes-Ministers Fürsten-
berg ein Kaplan, der edle Bernard Overberg
nach Münster, der grosse Freund der Jugend und
Organisator der Elementarschulen, der glück-
liche Verfasser von Schulbüchern und kateche-
tischen Schriften.
Freckenhorst.
In der Nähe von Freckenhorst traten uns
schon allerlei Spuren des germanischen und
römischen Altertums unverkennbar entgegen.
Als Abzeichen einer freien und gewiss nicht
geringzähligen Ein- und Anwohnerschaft stand
hier im Norden bei der spätem Schäferei, für
Bagatellen noch bis 1621, der Vehmstuhl, und
der in allen Lauten variirende Ortsname deutet
eher auf eine altheimische Cultstätte, als auf
die vermuteten Beziehungen zu den Franken
und den Frankenzügen. Auch der Tradition,
schon Bonifacius habe hier ein reiches Ehepaar
bekehrt, kann man nicht trauen, weil sie erst
im Spätmittelalter Gestalt annimmt, eher noch
der Erzählung von der Kirchenfundation: Ever-
word, ein begüterter Edelmann, dessen Ahnen
schon fromme Werke zugeschrieben werden, be-
sass mit seiner Gattin Geva zu Freckenhorst
einen umwehrten Hof, und als das Paar ver-
gebens um den Kindersegen bat, widmete es,
durch Wunderzeichen ermuntert, seine Besitzun-
gen guten Zwecken; es wurde nun ein Gottes-
haus, ein Kanoniker- und Kanonessenstift ge-
gründet, das Gotteshaus 861 vom Bischöfe mit
des li. Bonifacius’ und andern Reliquien ausge-
stattet. Everword trat ins Kloster zu Fulda
und beschenkte dies mit Gütern im Süden der
Lippe; die erste Leiterin des hiesigen Frauen-
stifts ist angeblich Geva, wahrscheinlicher Tliia-
thildis, nach der Sage eine Anverwandte des
Stifters. Die Haus- und Hofstätte Everwords
ging sicher ganz in dem Bezirk der Kirche
und des Stiftes auf.
Die Stiftung war belangreich, das Gottes-
haus ohne Zweifel von Anfang Kirche des
Stifts und der Pfarre, zu deren Arrondirung die
alten Nachbarkirchspiele beigetragen hatten. Gen
Norden schnitt die Pfarrgrenze die Höfe Walgern