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GREFFEN.

erscheinen die gräflichen Wappen von Schwarz-
burg, von Mansfeld und die ritterlichen von Reede
und von Goer. Der Nachweis ist gelungen, welche
Glieder dieser Familien sie anzeigen, weniger
wie das herrliche Stück hierher kommen konnte.
Heinrich von Reede zu Brandlecht, Domherr
zu Münster (f 1602), heiratete 1574 die Elisa-
beth Gräfin von Mansfeldt-Arnstein; seine Mut-
ter war Lucia von Goer, die der Frau Magdelena
von Schwarzburg. Hiernach wäre also Heinrich
oder sein Sohn Friedrich Wilhelm der Donator
des Prachtwerks.

Von der früheren Kirche — Fig. 85, 86 —
waren Chor und Untertheil des Westthurmes
— dieser fast quadratisch, jener an-
geblich von einem Capitel benutzt und
länglich —• aus ungewerkten Steinen
aufgeführt, mit Kreuzgewölben über-
deckt und noch von einigen romanischen
Fenstern erhellt, also Zeitgenossen aus
dem 12. Jahrhundert. Am Chore lagen
unregelmässig im Norden und Osten Anbauten,
der letztere als gewölbte Sakristei auf halber
Breite des Chores mit Wappen und der Inschrift:
Ego Johan Rulle decanus posui 1697.

Das romanische Langhaus war alten Kalk-
leisten des Thurmes zufolge einschiffig, nicht
viel breiter als der Chor. Gegen 1350 folgte die

87'.

Hallenkirche - Fig. 87 -, deren beide qua-
dratischen Mittelgewölbe, sowie die vier sehr
schmalen Seitenge wölbe — sämtlich mit Kreuz-
rippen — sich an den Aussenwänden auf Simse,
nach dem Chore und Thurme hin auf Halb-
säulen, in der Mitte auf zwei starke Rundpfeiler
legten. Die Rundsäulen waren ohne Simse, die
Strebepfeiler an den Ecken schräg gestellt und
kräftig, das Südportal und die Fenster spitz-
bogig.' Wohl nach Vollendung des Langhauses
vervollständigte sich auch der alte Thurm um
Strebepfeiler und ein etwa 25 Fuss hohes Ober-
geschoss, welches in der seltenen Form eines
Achtecks mit hohen Spitzbogen-Fenstern und
einer achtseitigen Pyramidenspitze von
60 Fuss Länge so hoch aufragte, dass
der Harsewinkeler Thurm weithin die
Umgegend überschaute. Er sollte auch,
als die Kirche 1857 abgebrochen wurde,
stehen bleiben; nachdem diese bis zur
Plinthe im Baue fortgeschritten war,
bekam er indess bedenkliche Risse und statt den
beschlossenen Abbruch abzuwarten, stürzte er,
der Vereinsamung müde, eines Tages fast ge-
räuschlos in sich zusammen. Das neue Lang-
haus wurde nun um 25 Fuss nach Westen
verlängert, und der Thurmbau steht bis heute
noch aus.


Grreffen.

Ein Haupthof Grevene, Greveneh wurde vom
Bischöfe Ruodbert (1042—1063) dem Dom-
capitel als Obedienz vermacht und von diesem
1287 für 330 Mark mitsamt dem Patronats-
rechte der Kirche an das Kloster Marienfeld
veräussert. Es handelt sich also um Greffen,
nicht um Greven, wo Marienfeld keiner beson-
dern Rechte genoss. Die Kirche, der noch lange
vom ersten Gotteshause der Name ,Kapelle1
forterbte, war nach den Stilcharakteren des
Thurmes zu urtheilen, wie viele andere des
Bistums um 1200, sicher 1229 mit Pfarrechten
begabt und dem h. Johannes dem Täufer ge-
weiht, die kleine Pfarre derzeit von Harsewinkel
abgesondert; mit Harsewinkel nicht mit Sassen-

berg theilt sie den Dialect und die ununter-
brochene Beziehung zu Marienfeld. Dort wie
hier war der Abt Archidiacon und Patron, und
geraume Zeit ein Marienfelder Mönch der Pfarrer.
Begriff einst die Gemeinde noch Mattenheim,
so hat sich letzteres wohl erst durch den dreissig-
jährigen Krieg, worin manche Pfarren verwaisten,
wieder der Urpfarre angeschmiegt.

Für das Domcapitel wie für das Kloster
verwalteten Erb-Amtmänner den Haupthof und
einer, Cracht von ,Greven1, überliess 1336 dem
Kloster, während die Erbschulten des Haupt-
hofes entschädigt wurden, die Hofdienste der
Hörigen. Wie man bereits hört, reichte der
Hof in graue Vorzeit zurück als Mittelpunkt
 
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