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DIE GAßTEX- END PARKANLAGEN.

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Goessen, Henricli Morinck und Johan Thor-
borch an den Gallerieen, und seit 1669 wandeln
sich die Sümpfe ringsher in Gärten und Aepfel-
gehöfte; alte Erlen und Birken und darüber
grosse Erdmassen dienen als Füllmaterial, die
neuen Plane steigen höher und höher, nehmen
eine regelmässige Gestalt, Hügel wachsen empor
und das Wasser trägt in Folge der Eegulirung
über eine Stunde weit Schiffe. Die Volieren,
Plätze und Teiche beleben an Geflügel aller-
hand Sorten, namentlich Fasanen, Beiher und
Pfauen, an Laufwild Hasen, Kaninchen und
andere Thiere. Nach Osten und Süden ziehen
sich die Gärten, weithin nach Osten neue Park-
anlagen, Alleen und Wege, welche sie durch-
schneiden. ,In der That grosse Ergötzungen
der Sinne, wie sie niemals vorher auf west-
fälischem Boden gesehen worden1, bis unter
Bernard von Galen Frankreich den Ton angab.
Die Anlagen und Bauten zu mehren, unternahm
der prachtliebende Fürst Plettenberg (1688 —
1706) wie zu Nordkirchen und Ahaus; die Ge-
mächer hat erst Clemens August vollständig
ausgestattet; denn 1721 nahmen Mauermeister
Buschweg und die Zimmermeister Dufhues von
Münster und Jürgen Brockelman mehrfache
Aenderungen vor, und die Decoration vollführten
Pliestermeister Johan Wieteler und Erasmus
Gramm, der Hofschreiner Franz Renoldt (Bej^-
naud), die Schreiner Lehmkuhl zu Sassenherg
und Johan Bernard Wulffers aus Warendorf.

In der Vollendung erstreckte sich der
Wildpark im Ostnordosten des Schlosses auf
dem Südufer der Hessel fast eine Stunde weit
hin, im Südtheile vornehmlich mit Wiesen-
matten und Weiden, im Nordtheile mit klei-
neren Gehegen, als mit dem Entenfang und
Ententeiche, dem Fasanengarten und dessen
Volieren und dem Pfauenhause — im nörd-
lichsten Winkel lag der Kaninchenberg, im
grossen Südostcomplexe der Thiergarten, und
rechtorts die Wohnung des Jägers und Fasanen-
meisters. Lange gerade Eichen-Alleen durch-
zogen den Park, begrenzten Parzellen oder
durchschnitten einander zu sternförmigen Durch-
sichten: drei und darunter die vornehmste

und längste strahlten vom Schneckenberge des
Schlosses aus. Die Hessel theilte sich, sobald

sie den Park berührte, entsandte Arme in den
Park und umschlang, je näher dem Schlosse,
umsomehr Inselchen und Plätzchen. Hier gür-
tete sie mit ihren labyrinthischen Läufen die
vielen Plätze, Inseln und Gärten von mannig-
facher Grösse und Form, vom Drostenhofe und
Klingenhagen mit seinen Häusern im Westen
bis zu den Gärten im Osten, von der Mühle
und dem Dorfe im Süden bis zu den Teichen
des Entengartens im Norden des Schlosses.
Der Weg führte über die Mühleninsel gen
Norden durchs Dorf auf das Schloss und die
Gärten im Osten bereiteten gleichsam auf den
weiten Wildpark vor.

Wo nicht örtliche Verhältnisse hinderten,
herrschte, wie der Plan von 1752 lehrt — Fig. 25 —,
durchgehends die gerade Linie, in den Zügen der
Wassergräben, in den Alleen, in den Garten-
stücken u. s. w.; nur der Schlossplatz mit dem
Amtshause (A) und der Schneckenberg (J), welcher
im Süden auf die Gärten (G, H) und die Pflan-
zungen nahe und fern hinabschauen liess, haben
eine kreisrunde und die äusseren Gräben eine
gewundene oder schlanke Gestalt. Im Fürsten-
garten (A) standen das Ballhaus, die Orangerie,
Figuren aus Taxus, darunter der ,Churhuth‘
und, wie jetzt auf der Drostenburg, zwölf Stein-
büsten von römischen Kaisern.

Jedoch lassen, wie man bald ersieht, die
Neubauten und Plätze die alten Grundformen
noch durchscheinen. Freier als bei anderen
Wasserburgen lagen Mühle (K) und Dorf
(E, Flecken) im Süden des Schlosses; unter den
Fachwerkhäusern steht noch eins von 1636. In-
nerhalb eigener Wassergürtel, deren zweiten der
Fluss bildet, breitet sich der Schlossplatz in zwei
Theilen aus; der vorderste, ohne Frage eine Er-
weiterung der alten Vorburg, nahm den Neubau
(B) Plettenberg’s auf, verlor dafür die Burg-
manns- und andere Bauten bis auf die Kapelle
(0), welche jedenfalls niemals der Hauptburg
zukam. Der Neubau mit dem Nord- und
Süd-Flügel steht noch da in Ziegelsteinen,
dieser zwei Geschosse hoch, mit geraden Fen-
stern unter einfachen Stichhögen, nach aussen
durch Pilaster verstärkt, an dem runden Thor-
bogen mit Ziegelbossen verschönert, und einst
noch an dem langen Aussenflügel belebt mit
 
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